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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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und das ist das Beste an ihm. Er war einer von den langweiligen Wimseys, und Habgier war seine hervorstechendste Eigenschaft. Diese alte Vettel hier war seine Schwester, Lady Stavesacre, die einmal Fancis Bacon eine Ohrfeige verpaßt hat. Sie gehört eigentlich nicht hierher, aber die Stavesacres sind knapp bei Kasse, und da haben wir sie aufgekauft …«
    Die Nachmittagssonne fiel schräg durch die hohen Galeriefenster und beleuchtete hier einen blauen Hosenbandorden, da eine scharlachrote Uniform, ließ ein Paar schlanke, von van Dyck gemalte Hände aufleuchten, spielte in den gepuderten Locken eines Gainsborough oder überzog irgendein hartes weißes, von einer feierlichen schwarzen Perücke umrahmtes Gesicht mit plötzlichem, unerwartetem Glanz.
    »Dieses schrecklich bösartig dreinblickende Ungeheuer ist der – ich weiß nicht mehr welcher Herzog, aber sein Name wahr Thomas, und er ist etwa 1775 gestorben – sein Sohn ist eine bedauerlich unkluge Ehe mit einer Strumpfmacherswitwe eingegangen – hier ist sie; sieht aus, als ob sie ziemlich die Nase voll hätte. Und das ist der verlorene Sohn – hat ziemliche Ähnlichkeit mit Jerry, findest du nicht?«
    »Doch, er sieht ihm sehr ähnlich. Und wer ist das? Er hat so ein eigenartiges, seherisches Gesicht, aber recht nett.«
    »Das ist ihr jüngerer Sohn Mortimer; er war total verrückt und hat eine neue Religion gegründet, deren einziger Anhänger er war. Das ist Dr. Gervase Wimsey, Dekan von St. Paul; er wurde unter Königin Maria zum Märtyrer. Hier ist sein Bruder Henry – er hat in Norfolk bei der Thronbesteigung Königin Marias ihre Fahne hochgehalten. Unsere Familie hat es schon immer gut verstanden, einen Fuß in beiden Lagern zu haben. Das ist mein Vater, genau wie Gerald, nur daß er viel besser aussieht … Das hier ist ein Sargent, und das ist auch schon seine einzige Daseinsberechtigung.«
    »Wie alt warst du damals, Peter?«
    »Einundzwanzig; voller Illusionen und stets bemüht, ein kluges Gesicht zu machen. Sargent hat das aber durchschaut, der Kuckuck soll ihn holen! Hier ist Gerald mit einem Pferd, gemalt von Furse; und unten in dem schrecklichen Zimmer, das er sein Arbeitszimmer nennt, hängt ein Bild von Munnings – Pferd mit Gerald. Hier ist meine Mutter, gemalt von Laszlo – ein erstklassiges Porträt von ihr, natürlich schon etliche Jahre alt. Allerdings könnte nur ein Bild, das sich sehr schnell bewegt, ihre Persönlichkeit wirklich ganz einfangen.«
    »Ich bin von ihr restlos begeistert. Als ich kurz vor dem Mittagessen herunterkam, traf ich sie in der Halle dabei an, wie sie Bunter Jod auf die Nase tat, weil Ahasverus ihn gekratzt hatte.«
    »Dieses Vieh kratzt jeden. Ich habe Bunter gesehen – es war ihm sehr peinlich. ›Ich bin dankbar, sagen zu dürfen, Mylord, daß die Farbe dieses Mittels außerordentlich schnell vergeht.‹ Meine Mutter ist in so einem kleinen Haushalt regelrecht verschwendet. Ihre besten Tage hatte sie drüben im Haupthaus mit den vielen Dienstboten, die alle eine Heidenangst vor ihr hatten. Es geht die Mär, daß sie einmal unserm alten Butler, als er einen Hexenschuß hatte, eigenhändig den Rücken gebügelt habe; sie sagt aber, es sei kein Bügeleisen gewesen, sondern ein Senfpflaster. Hast du jetzt genug von diesem Gruselkabinett gesehen?«
    »Ich schaue mir die Bilder gern an, obwohl ich mit der Zeit die Strumpfmacherswitwe ganz gut verstehen kann. Und ich würde gern noch etwas mehr über ihre Geschichte hören.«
    »Dann mußt du dich einmal an Mrs. Sweetapple wenden. Sie ist hier die Haushälterin und kennt ihre Lebensläufe alle auswendig. Ich zeige dir jetzt lieber die Bibliothek, obwohl die nicht ist, was sie sein sollte. Vollgestopft mit dem fürchterlichsten Schund, und die guten Sachen sind nicht anständig katalogisiert. Weder mein Vater noch mein Großvater haben etwas daran getan, und bei Gerald ist Hopfen und Malz verloren. Wir lassen jetzt so einen alten komischen Kauz darin herumwerkeln – er ist ein Vetter dritten Grades von mir, aber nicht der in Nizza, der meschugge ist, sondern sein jüngerer Bruder. Er ist arm wie eine Kirchenmaus und ganz froh, daß er sich hier ein bißchen nützlich machen kann; er tut sein Bestes und versteht eigentlich eine ganze Menge von antiquarischen Sachen, nur daß er sehr kurzsichtig und kein bißchen methodisch ist und nie längere Zeit bei der Sache bleiben kann. Das hier ist der große Ballsaal – eigentlich recht schön, wenn du nicht aus

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