Hochzeit kommt vor dem Fall
bin ich Ihnen sehr dankbar für die Warnung. Ich verspreche, daß ich nicht die besorgte Ehefrau spielen werde – das wäre wahrscheinlich das Letzte, was noch fehlte.«
»Übrigens«, sagte Peter am nächsten Morgen, »es tut mir ja entsetzlich leid, aber könntest du es möglicherweise ertragen, dich in die Kirche schleppen zu lassen? … Ich meine, es würde gewissermaßen gut ankommen, wenn wir uns auf der Familienbank blicken ließen … das gibt den Leuten etwas, worüber sie reden können und so weiter. Natürlich nicht, wenn du dich dabei absolut wie der heilige Dingsda auf dem Scheiterhaufen fühlst – ganz heiß, und die Ränder fangen an, sich langsam zu kräuseln – nein, nur wenn es eine halbwegs erträgliche Marter ist, wie der Pranger oder Stock.«
»Natürlich komme ich mit in die Kirche.«
Es war trotzdem ein eigenartiges Gefühl, so sittsam mit Peter unten in der Halle zu stehen und darauf zu warten, daß einen die Schwiegermutter in die Kirche führte. Es machte einen vor allem so viele Jahre jünger. Die Herzogin zog sich im Herunterkommen die Handschuhe an, genau wie früher die eigene Mutter, und sagte: »Vergeßt nicht, Kinder, daß heute Kollekte ist«, während sie ihrem Sohn die Gebetbücher zum Tragen gab.
»Ach ja!« sagte die Herzogin. »Und der Herr Pfarrer hat ausrichten lassen, daß sein Asthma wieder recht schlimm und der Substitut nicht da ist; und da Gerald auch nicht hier ist, wäre er dir sehr dankbar, wenn du die Lesung übernähmst.«
Peter antwortete liebenswürdig, das wolle er tun, nur hoffe er, daß es nichts mit Jakob zu tun habe, dessen Persönlichkeit er irritierend finde.
»Nein, Lieber; ein hübsch trübsinniges Stückchen aus Jeremia. Du machst das soviel besser als Mr. Jones, denn auf Polypen habe ich immer gut geachtet und dafür gesorgt, daß du durch die Nase atmetest. Wir nehmen unterwegs noch Vetter Matthew mit.«
Die kleine Kirche war überfüllt. »Gutes Haus«, sagte Peter, während er vom Portal aus die Gemeinde überblickte. »Und ich stelle fest, daß die Pfefferminzsaison begonnen hat.« Er nahm seinen Hut ab und folgte seinem weiblichen Anhang mit unnatürlicher Schicklichkeit das Kirchenschiff hinauf.
»… Welt ohne Ende, Amen.«
Die Gemeinde nahm unter Bänkeknarren und Füßescharren Platz, um beifällig Seiner Lordschaft Vortrag jüdischer Weissagung zu lauschen. Peter hantierte mit den rotseidenen Lesezeichen, sah sich im Kirchenschiff um, wartete, bis er die Aufmerksamkeit auch der hinteren Bänke besaß, faßte den bronzenen Adler fest an beiden Schwingen, öffnete den Mund und hielt inne, um sein Monokel drohend auf einen kleinen Jungen zu richten, der unmittelbar unterhalb des Chorpults saß.
»Ist das Willy Blodgett?«
Willy Blodgett erstarrte zu Stein.
»Kneif mir nur ja nicht noch einmal deine Schwester. Das ist keine Art.«
»Da, siehst du«, flüsterte Willy Blodgetts Mutter vernehmlich. »Sitz still! Ich muß sagen, daß ich mich für dich schäme.«
»Hier beginnet das fünfte Kapitel im Buche des Propheten Jeremia.
Gehet durch die Gassen zu Jerusalem, und schauet, und erfahret, und sucht auf ihrer Straße, ob ihr jemand findet, der recht thue …«
(O ja! Frank Crutchley im Ortsgefängnis – ob er sich jetzt auch diese Frage stellte? Oder brauchte man dem Gottesdienst nicht beizuwohnen, solange man nicht abgeurteilt war?)
»Darum wird sie auch der Löwe, der aus dem Walde kommt, zerreißen, und der Wolf aus der Wüste wird sie verderben, und der Pardel wird um ihre Städte lauern …«
(Peter schien an diesem Zoo so recht seinen Spaß zu haben. Harriet bemerkte, daß zum Sprung geduckte Katzen statt der gewohnten Mohnkapseln die Familienbank zierten, zweifellos zu Ehren des Wimseyschen Wappens. Am Ostende des Südschiffs befand sich eine Votivkapelle mit Grabstätten unter Baldachinen. Sicher auch wieder Wimseys … )
»Höret zu, ihr tolles Volk, das keinen Verstand hat, die da Augen haben, und nicht sehen …«
(Sich vorzustellen, wie sie alle zugeschaut hatten, als diese Kaktusschale abgewaschen wurde! … Der Leser, von solchen Gedankenverbindungen unbeirrt, war schon unbekümmert zum nächsten Vers übergegangen, dem aufregenden von den tobenden Wellen.)
»Denn man findet unter meinem Volk Gottlose, die den Leuten nachstellen, und Fallen zurichten, sie zu fahen …«
(Harriet sah auf. Hatte sie sich dieses kurze Stocken nur eingebildet? Peters Blick war fest auf das Buch geheftet.)
»… und mein
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