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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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verkauft hatte – ein vernichtender Zeuge.
    Dann der Angeklagte selbst als Zeuge zu seiner eigenen Verteidigung: wahrhaftig ein sehr schlechter Zeuge, abwechselnd mürrisch und unverschämt.
     
    Sir Impey Biggs, ein wortgewaltiger Fürsprecher des Angeklagten – »dieser fleißige und strebsame junge Mann«; Anspielungen auf Vorurteile – »eine Dame, die einen gewissen Grund haben mag, sich schlecht behandelt zu fühlen«; nachsichtige Skepsis hinsichtlich des Tötungsinstruments, so »malerisch konstruiert von einem Herrn, der für seinen Erfindungsreichtum bekannt ist«; aufrichtig empört ob der Schlußfolgerungen aus den »unüberlegt geäußerten Worten eines zu Tode geängstigten Menschen«; sehr verwundert darüber, in den Beweisanträgen der Anklage »nicht den Hauch eines eindeutigen Beweises« zu finden; eindringlich beschwörend in seinem Appell an die Geschworenen, ein so junges und kostbares Leben nicht aufgrund von Indizien zu opfern, die auf so tönernen Füßen ständen.
    Dann der Anklagevertreter, der die von Sir Impey so gekonnt durcheinandergebrachten Fäden der Beweisführung wieder zusammenklaubte und einen Strick so dick wie ein Ankertau daraus drehte.
    Der Richter, der das Seil wieder aufknotete, um den Geschworenen genau zu zeigen, wo die Stärke einer jeden einzelnen Faser lag, und ihnen das Material säuberlich sortiert zu übergeben.
    Die Geschworenen, eine Stunde abwesend.
     
    Sir Impey Biggs kam herüber. »Wenn die so lange brauchen, sprechen sie ihn womöglich trotz seines Benehmens noch frei.«
    »Sie hätten ihn nicht als Zeugen auftreten lassen sollen.«
    »Wir haben ihm auch davon abgeraten. Er kam sich wohl ganz groß vor.«
    »Da kommen sie.«
     
    »Meine Damen und Herren Geschworenen, sind Sie zu einem Spruch gekommen?«
    »Ja.«
    »Finden Sie den Angeklagten schuldig oder nicht schuldig des Mordes an William Noakes?«
    »Schuldig.«
    »Sie nennen den Angeklagten schuldig. Sind Sie einmütig zu diesem Schluß gelangt?«
    »Ja.«
    »Angeklagter, Sie wurden des Mordes angeklagt und haben sich der Gerichtsbarkeit dieses Landes unterstellt. Das Land spricht Sie schuldig. Haben Sie Umstände vorzubringen, die einem dem Gesetz entsprechenden Todesurteil gegen Sie im Wege stehen?«
    »Ich sage nur, daß ich auf euch alle pfeife! Ihr könnt mir überhaupt nichts beweisen. Seine Lordschaft ist ein reicher Mann und hat was gegen mich – er und Aggie Twitterton.«
    »Angeklagter, die Geschworenen haben Sie nach sorgfältiger und geduldiger Anhörung des Mordes schuldig befunden. Ich schließe mich diesem Spruch voll an. Das Urteil des Gerichts gegen Sie lautet, daß Sie von hier zu dem Ort zurückgebracht werden, von dem Sie gekommen sind, und von dort zu einer Hinrichtungsstätte, und dort sollen Sie am Halse aufgehängt werden, bis daß Sie tot sind, und Ihr Leichnam soll auf dem Gelände desjenigen Gefängnisses beigesetzt werden, wo Sie zuletzt in Haft gehalten wurden, und möge der Herr Ihrer Seele gnädig sein.«
    »Amen.«
     
    Einer der bewunderswertesten Züge der englischen Justiz soll ihre Schnelligkeit sein. Man wird so bald als möglich nach seiner Verhaftung vor Gericht gestellt, der Prozeß dauert höchstens drei bis vier Tage, und nach seiner Aburteilung wird man (sofern man nicht Berufung einlegt) binnen drei Wochen hingerichtet.
    Crutchley weigerte sich, Berufung einzulegen, und zog es statt dessen vor, zu sagen, daß er es getan habe, daß er es auch wieder tun würde, und nun sollten die Dinge ihren Lauf nehmen, ihm sei es sowieso egal.
    Harriet durfte infolgedessen zu dem Schluß gelangen, daß drei Wochen des Wartens die schlimmste Zeit im Leben waren. Ein Verurteilter sollte unmittelbar am Morgen nach seiner Verurteilung hingerichtet werden, wie nach einem Kriegsgerichtsverfahren, so daß man das ganze Elend auf einen Sitz hinter sich bringen könne. Oder die Geschichte sollte sich über Monate oder Jahre hinziehen können, wie in Amerika, bis man ihrer so müde war, daß alle Gefühle in einem erstarben.
    Das Schlimmste an diesen drei Wochen, fand sie, war Peters entschiedene Freundlichkeit und Fröhlichkeit. Wann immer er sich nicht gerade im Grafschaftsgefängnis befand, um sich geduldig zu erkundigen, ob er irgend etwas für den Gefangenen tun könne, war er in Talboys, die Rücksichtnahme in Person, bewunderte Hauseinrichtung und Möbel oder stellte sich seiner Frau zu Fahrten durch die Gegend auf der Suche nach vermißten Schornsteinaufsätzen oder

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