Hochzeit kommt vor dem Fall
er es nicht acht Uhr schlagen hörte.
Jetzt, wie in Tullias Grab ein helles Licht
In fünfzehnhundert Jahren nicht erlischt,
So soll das Liebeslicht in diesem Schrein
Gleich sein dem Gotteslicht an Glanz und Schein.
Feuer drängt ungeheuer,
Und macht sich alles gleich, aus allem Feuer,
Und wird zu Asche doch; das gilt von diesen nicht,
Da sie nicht brennbar sind, und dennoch Licht.
Das ist ein Freudenfeuer, wenn der Liebe Kraft
Vier Augenpaare voller Leidenschaft,
Zwei Herzen auch, zu einer Flamme schafft.
JOHN DONNE:
HOCHZEITSGEDICHT FÜR DEN EARL OF SOMERSET
NACH(!)WORT
Busmans Honeymoon (1937) macht das Dutzend der Detektivgeschichten voll, die aus der Feder von Dorothy L. Sayers stammen. Es ist der letzte, in den Augen vieler Liebhaber der Gattung der vollkommenste der Romane, die mit Whose Body (1923) begannen und Lord Peter Wimsey als glanzvollen, aber keineswegs heroischen Helden präsentieren. Wenn er in Gaudy Night (1937) endlich das Jawort von Harriet Vane erhält, die er schon in Strong Poison (1930) vor dem Galgen gerettet hatte, so ist Busman’s Honeymoon mit Hochzeit und Heimführung gleichsam der Schlußgesang des Wimsey-Epos: nach vielen Prüfungen wird der Held mit der Geliebten vereint, und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie heute noch. Lord Peters Ruhm jedenfalls lebt fort und hat die Probe bestanden, die ihm seine Erzeugerin selbst auferlegt hat – sie wollte erst daran glauben, wenn fünfzig Jahre vergangen seien und er sich noch bewähre. Der Sproß einer englischen Herzogsfamilie ist immer noch so lebensvoll wie bei seinem ersten Auftritt, und weder die Unwahrscheinlichkeit seiner Erscheinung noch die mäkelnde Kritik vor allem britischer Literaten haben ihn beeinträchtigen können. In Busman’s Honeymoon löst er zum letzten Mal ein detektivisches Rätsel, ohne über mehr Hilfsmittel zu verfügen als der Leser, der ihm mit wachsender Teilnahme folgt. Aber es wäre ungenügend, die Vorzüge des Buches allein in dieser Anwendung der klassischen Regeln der detective story zu sehen – es will mehr und vermag mehr, als von diesem Genuß gewöhnlich erwartet wird. Nicht ohne Ironie, aber auch nicht ohne Ernst hat die Autorin einen Untertitel hinzugesetzt: Eine Liebesgeschichte mit detektivischen Unterbrechungen.
Der Liebesgeschichte also kommt besondere Aufmerksamkeit zu und der Anspruch, daß der Leser einen Roman in Händen halte, nicht »nur« einen »Krimi«, wird unüberhörbar angemeldet. Er hatte sich bereits in Gaudy Night angekündigt, wo eine humane Seelenkunde nicht geringeren Raum einnahm als die Wiederherstellung der gestörten Ordnung im College. In Busman’s Honeymoon hat diese Seelenkunde ihre ganze Reife erlangt, wie überhaupt das Werk noch einmal alles zusammenfaßt, was seine Vorgänger an Fragen und Kunstverstand entwickelt hatten. Es mag tunlich sein, einen Blick zurückzuwerfen jedenfalls auf die Geschichten, die in dieser Ausgabe einer näheren Betrachtung unterworfen worden sind. Er wird zeigen, daß der letzte Roman eine Summe aller voraufgegangenen darstellt, und es spricht für das selbstkritische Bewußtsein seiner Autorin, daß sie mit ihm nicht nur von Lord Peter Abschied nahm, sondern von der Gattung überhaupt. Sie hatte zuviel Kunstverstand, um sich zu wiederholen, und es waren gewiß nicht nur und nicht vorwiegend religiöse Skrupel, die sie zu diesem Abschied nötigten. Sie hatte die Bedingungen ihres Handwerks und seine Grenzen bedacht.
Wie sehr, das wurde erstmals ganz deutlich in Murder Must Advertise. Zwar verfuhr das Buch wie seine Vorgänger durchaus nach den Regeln der klassischen Detektiv-Geschichte, die darauf besteht, dem Leser jede Information zukommen zu lassen, die der Detektiv selbst zur Lösung des Rätsels, zur Antwort auf die Frage whodunnit benötigt. Aber die ganze Veranstaltung geschah in dem Bewußtsein, daß die Bedingungen der Gattung künstliche Bedingungen seien, von denen des Lebens durchaus unterschieden und eben deshalb befriedigend für den Leser. Er konnte wenigstens im Buche das schlimmste, niemals aufgehende Lebensrätsel, den Tod, für einmal gelöst sehen und zwar so, als ob er’s auch selber, unter Aufbietung von einigem Scharfsinn, hätte lösen können. Damit folgte Miss Sayers der von ihr selbst formulierten Maxime: Das Detektivproblem ist stets lösbar. Es ist tatsächlich zu dem ausdrücklichen Zweck konstruiert, gelöst zu werden, und wenn die Lösung gefunden ist, existiert das Problem nicht mehr.
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