Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
Vom Netzwerk:
seufzend hinzu. »Stellt man Fragen, schon verrät man dem Zeugen, worauf man hinauswill; stellt man keine, so erfährt man auch nichts. Und kaum glaubt man, auf eine Spur gestoßen zu sein, da kommen einem die Dienstvorschriften in die Quere.«
    »Ja, Sir«, antwortete Sellon respektvoll. Er stand auf, als Harriet mit Miss Twitterton hereinkam, und brachte noch einen Stuhl.
    »O bitte!« flehte Miss Twitterton mit matter Stimme.
    »Bitte, lassen Sie mich nicht allein, Lady Peter.«
    »Nein, nein«, sagte Harriet. Mr. Kirk beeilte sich, die Zeugin zu beruhigen.
    »Setzen Sie sich, Miss Twitterton; es gibt gar keinen Grund zur Unruhe. Zunächst also: Ich gehe davon aus, daß Sie nichts von den Vereinbarungen Ihres Onkels mit Lord Peter Wimsey wußten – ich meine, daß er das Haus verkaufen wollte und so weiter. Nein? Eben. Also, wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?«
    »Oh! Seit –« Miss Twitterton überlegte und zählte gewissenhaft an den Fingern beider Hände ab – »seit ungefähr zehn Tagen nicht mehr. Ich habe vorigen Sonntag nach der Morgenmesse mal reingeschaut. Sonntag vor einer Woche, meine ich natürlich. Ich komme nämlich immer her, um für den lieben Herrn Pfarrer die Orgel zu spielen. Es ist natürlich nur ein ganz kleines Kirchlein, und nicht viele Leute darin – in Paggleham spielt niemand Orgel, und ich helfe natürlich gern in jeder Weise aus – und da habe ich also Onkel besucht, und er kam mir ganz wie sonst vor – na ja, und da habe ich ihn eben zum letztenmal gesehen. Ach Gott!«
    »War Ihnen bekannt, daß er seit vorigem Mittwoch nicht mehr zu Hause war?«
    »Aber er war doch gar nicht fort!« rief Miss Twitterton.
    »Er war die ganze Zeit hier.«
    »Richtig«, sagte der Polizeidirektor. »Wußten Sie denn, daß er gar nicht fort war, sondern hier?«
    »Natürlich nicht. Er ist ja oft fort. Meist sagt er es mir – ich meine, hat es mir gesagt. Aber es war nichts Besonderes dabei, wenn er in Broxford war. Ich meine, wenn ich es gewußt hätte, dann hätte ich mir auch nichts dabei gedacht. Aber ich wußte ja überhaupt nichts davon.«
    »Wovon?«
    »Von allem. Ich meine, mir hat keiner gesagt, daß er nicht hier ist, und da habe ich gedacht, er ist hier – das war er ja auch.«
    »Wenn Ihnen jemand gesagt hätte, daß das Haus abgeschlossen war und Mrs. Ruddle nicht hinein konnte, hätte Sie das weder gewundert noch beunruhigt?«
    »O nein. Das kam doch oft vor. Ich hätte nur gedacht, daß er in Broxford ist.«
    »Sie haben einen Schlüssel für die Vordertür, nicht wahr?«
    »Ja. Und für die Hintertür auch.« Miss Twitterton kramte in einer geräumigen Handtasche von der altmodischen Art. »Aber den Schlüssel für die Hintertür benutze ich nie, denn da ist ja immer der Riegel vor – an der Tür, meine ich.« Sie holte einen großen Schlüsselbund hervor.
    »Gestern abend habe ich sie alle beide Lord Peter gegeben – von diesem Bund. Ich habe sie immer mit meinen eigenen Schlüsseln zusammen an diesem Ring. Sie kommen mir nie aus der Hand. Außer gestern abend natürlich, da hat Lord Peter sie bekommen.«
    »Hm«, machte Kirk. Er brachte Peters zwei Schlüssel zum Vorschein. »Sind sie das?«
    »Ja, das müssen sie wohl sein, denke ich, wenn Lord Peter sie Ihnen gegeben hat.«
    »Sie haben den Schlüssel zur Vordertür noch nie jemand anderem gegeben?«
    »Um Gottes willen, nein!« begehrte Miss Twitterton auf. »Niemandem. Wenn Onkel fort war und Frank Crutchley mittwochs morgens ins Haus wollte, ist er immer zu mir gekommen, und ich bin mit ihm hergekommen und habe ihm aufgeschlossen. Onkel war darin ja so eigen. Und außerdem wollte ich ja auch selbst nachsehen kommen, ob die Zimmer in Ordnung waren. Überhaupt, wenn Onkel in Broxford war, bin ich fast jeden Tag hiergewesen.«
    »Aber diesmal wußten Sie nicht, daß er fort war?«
    »Nein. Das sage ich Ihnen doch immerzu. Ich wußte es nicht. Da bin ich natürlich nicht hergekommen. Und er war ja gar nicht fort.«
    »Genau. Und sind Sie sicher, daß Sie diese Schlüssel nie irgendwo haben liegen lassen, wo jemand sie entwenden oder sich ausleihen konnte?«
    »Niemals«, antwortete Miss Twitterton entschieden – als ob sie keinen sehnlicheren Wunsch hätte, dachte Harriet, als sich selbst einen Strick zu knüpfen. Sie mußte doch sehen, daß der Schlüssel zum Haus der Schlüssel zum Problem war; konnte denn ein Unschuldiger so unschuldig sein? Der Polizeidirektor setzte seine Befragung ungerührt fort.
    »Wo haben Sie die

Weitere Kostenlose Bücher