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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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abgefangen.
    »Wie kommen Sie zurück?«
    »Weiß der Himmel«, antwortete Mr. MacBride ehrlich.
    »Ich bin mit dem Zug nach Great Pagford gekommen und von dort mit dem Bus weitergefahren. Wenn jetzt kein Bus fährt, werde ich jemanden finden müssen, der mich mitnimmt. Ich hätte nie gedacht, daß es im Umkreis von fünfzig Meilen um London noch solche Nester gibt.
    Wie jemand hier leben kann, ist mir unerfindlich. Aber das ist wohl Geschmacksache, wie?«
    »Bunter kann Sie mit dem Wagen nach Pagford bringen«, sagte Peter. »Hier wird er vorerst wohl nicht mehr gebraucht. Tut mir leid für Sie, daß Sie hier so gestrandet sind.«
    Mr. MacBride nahm dankbar an. »Das gehört zum Geschäft«, fügte er hinzu. »Am schlimmsten kommen ja Sie und Ihre Ladyschaft weg. Mich selbst haben solche Nester noch nie begeistert. Ich glaube, es war die kleine Frau, meinen Sie nicht? Na ja, man kann nie wissen; aber in unserm Beruf muß man schon die Augen aufsperren, wenn’s um die liebe Verwandtschaft geht, besonders wenn Geld im Spiel ist. Es gibt so manche Leute, die nie ein Testament machen, weil sie sagen, damit würden sie ihr eigenes Todesurteil unterschreiben. Und so verkehrt ist das nicht. Aber sehen Sie, dieser Noakes war ja irgendwann mal dran, nicht? Vielleicht hat er nebenher noch so ein paar komische Sachen angestellt. Ich habe schon von Leuten gehört, die wegen was anderem als Geld abgemurkst wurden. Also, leben Sie wohl. Meine Empfehlung an die Frau Gemahlin, und vielen Dank noch mal.«
    Bunter brachte den Wagen vors Haus, und MacBride stieg ein und winkte noch einmal freundlich zurück. Peter fand Harriet und erklärte ihr, was gewünscht wurde.
    »Arme kleine Twitters«, sagte Harriet. »Wirst du dabeisein?«
    »Nein. Ich gehe ein bißchen frische Luft schnappen. Bin gleich wieder da.«
    »Was ist los? Kirk war doch hoffentlich nicht ungezogen zu dir?«
    »O nein. Er hat mich mit Glacéhandschuhen angefaßt. Stets die gebührende Rücksichtnahme gegenüber meiner Stellung, meiner Vornehmheit und sonstigen Gebrechen. Selber schuld. Ich hab’s ja so gewollt. O Gott, da kommt der Pfarrer! Was will denn der hier?«
    »Man hat ihn gebeten, noch einmal herzukommen. Geh hinten hinaus, Peter. Ich nehme mich schon seiner an.«
     
    Kirk und Sellon hatten Mr. MacBrides Abreise durchs Fenster beobachtet.
    »Sollte ich Aggie Twitterton nicht lieber selbst runterholen?« fragte Sellon. »Seine Lordschaft wird seiner Frau vielleicht sagen, sie soll sie warnen.«
    »Joe«, antwortete der Polizeidirektor, »Ihr Fehler ist, daß Sie nichts von Psychologie verstehen, wie man das heute nennt. So was täten sie nicht, alle beide. Sie würden nie ein Verbrechen begehen oder der Gerechtigkeit in den Arm fallen. Es ist nur so, daß er einer Frau nicht weh tun mag, und sie mag ihm nicht weh tun. Aber beide würden sie keinen Finger rühren, um so etwas zu verhindern, denn das tut man nicht. Und was man nicht tut, das tun sie eben nicht – das ist das ganze Geheimnis.«
    Nach diesem erleuchtenden Vortrag über den Verhaltenskodex des höheren und niederen Adels schneuzte Mr. Kirk sich und nahm wieder Platz; woraufhin die Tür aufging und Harriet und Mr. Goodacre eintraten.

9
Tag und Stunde
    Wißt Ihr, was Reputation ist?
Ich sag’s Euch – zu geringem Nutzen, da die
Unterweisung jetzt zu spät kommt …
Ihr habt der Reputation die Hand gedrückt
Und sie unsichtbar gemacht.
    JOHN WEBSTER: THE DUCHESS OF MALFI
     
    Hochwürden Simon Goodacre zwinkerte nervös mit den Augenlidern, als er sich den beiden Polizeibeamten gegenübersah, die gewissermaßen in Schlachtordnung angetreten waren, und Harriets kurze Ankündigung auf dem Weg nach oben, er habe »Ihnen etwas mitzuteilen, Herr Polizeidirektor, tat wenig zu seiner Beruhigung.«
    »Du lieber Gott! Ach ja. Ich bin noch einmal wiedergekommen, um zu fragen, ob Sie mich noch für etwas brauchen. Auf Ihren Wunsch, wohlgemerkt, auf Ihren Wunsch. Und um Miss Twitterton zu sagen – aber ich sehe, daß sie nicht hier ist. – Na ja, nur daß ich mit Lugg gesprochen habe, wegen – mein Gott, ja – wegen des Sarges. Es muß natürlich ein Sarg her – ich kenne die amtlichen Vorschriften in solchen Fällen nicht, aber ein Sarg wird doch sicherlich gestellt werden müssen, nicht?«
    »Gewiß«, sagte Kirk.
    »O ja, danke. Ich hatte das schon vermutet. Ich habe Lugg an Sie verwiesen, weil ich annehme, daß – daß die Leiche nicht mehr im Haus ist.«
    »Sie ist drüben in der Krone«,

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