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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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noch eine Tasse? Ich kann’s nicht ändern, daß ich die Untertasse volltropfe. Das ist ein Zeichen für eine großzügige Natur oder ein überfließendes Herz oder sonst etwas.«
    Peter nahm die Tasse Tee und trank sie schweigend. Er war noch immer recht unzufrieden mit sich. Ihm war, als hätte er die Frau seiner Wahl dazu eingeladen, sich mit ihm zum Festmahl des Lebens hinzusetzen, um dann festzustellen, daß der Tisch nicht für ihn reserviert worden war. Männer finden unter solch demütigenden Umständen meist etwas am Kellner auszusetzen, nörgeln am Essen herum und wehren sich gereizt gegen alle Bemühungen, die Situation doch noch zu retten. Von den schlimmsten Erscheinungsformen gekränkter Eitelkeit konnte ihn gerade noch seine gute Erziehung abhalten, aber die bloße Tatsache, daß er sich seines Unrechts bewußt war, erschwerte es ihm um so mehr, seine Unbefangenheit wiederzufinden. Harnet beobachtete mitfühlend seinen inneren Kampf. Wenn sie beide zehn Jahre jünger gewesen wären, hätte die Situation sich in Streit, Tränen und versöhnlicher Umarmung entspannt; für sie aber standen über diesem Ausweg deutlich die Worte: KEIN DURCHGANG. Da half nichts; er mußte über diese Mißstimmung hinwegkommen, so gut er konnte. Da sie gute fünf Jahre lang ihre eigenen Launen an ihm ausgelassen hatte, war es nicht an ihr, gekränkt zu sein; im Vergleich zu ihr hielt er sich ja sogar noch bemerkenswert gut.
    Er schob das Teegeschirr fort und zündete Zigaretten für beide an. Dann rieb er auch noch Salz in die alte Wunde, indem er verdrießlich sagte:
    »Du legst eine lobenswerte Geduld mit meiner schlechten Laune an den Tag.«
    » Das nennst du Laune? Ich habe schon Launen gesehen, dagegen ist das hier geradezu ein Ausbruch himmlischer Harmonie.«
    »Sei’s drum, du versuchst mir jedenfalls darüber hinweg zu schmeicheln.«
    »Ganz und gar nicht.« (Na schön, er wollte es so haben; dann lieber gleich zur Schockstrategie greifen und die Festung im Sturm erobern.) »Ich versuche dir nur auf möglichst nette Art beizubringen, daß es mir, solange ich nur bei dir bin, nicht allzuviel ausmachen würde, taub, stumm, lahm, blind und schwachsinnig zu sein, an Gürtelrose und Keuchhusten zu leiden und in einem offenen Boot ohne Essen und Kleidung in einen Sturm zu geraten. Du bist nur furchtbar begriffsstutzig.«
    »Ach Gott!« rief er verzweifelt, hochrot im Gesicht.
    »Was soll ich denn darauf in drei Teufels Namen erwidern? Außer daß mir das alles ebensowenig ausmachen würde. Ich kann mich nur nicht des Gefühls erwehren, daß ich selbst der Trottel war, der irgendwie dieses vermaledeite Boot zu Wasser gelassen, den Sturm heraufbeschworen, dich nackt ausgezogen, die Verpflegung über Bord geworfen, dich lahm und dumm geprügelt und mit Keuchhusten und – was war denn das andere noch? – angesteckt hat.«
    »Gürtelrose«, sagte Harriet trocken, »und die ist nicht ansteckend.«
    »Wieder eins drauf.« Seine Augen blitzten, und auf einmal war ihr, als ob ihr Herz sich geradewegs umdrehte.
    »O ihr Götter! Macht mich dieser edlen Frau würdig! Trotzdem habe ich das dumme Gefühl, um den Finger gewickelt zu werden. Das würde ich ausgesprochen übelnehmen, wenn ich nicht so voll von Buttertoast und Rührseligkeit wäre – wie du vielleicht schon bemerkt haben wirst, gehen diese beiden Dinge ja gern Hand in Hand. Bei der Gelegenheit – sollten wir vielleicht doch lieber den Wagen nehmen und zum Abendessen nach Broxford fahren? Dort gibt es doch sicher irgendein Gasthaus, und so ein bißchen frische Luft würde vielleicht die Fledermäuse aus meiner Glockenstube verjagen.«
    »Das ist eigentlich eine gute Idee. Aber könnten wir nicht Bunter mitnehmen? Ich glaube, er hat seit Jahren nichts mehr gegessen.«
    »Immerzu hast du’s mit meinem Bunter! Ich habe selbst schon viel durch Liebe gelitten, und das war so ähnlich. Du sollst Bunter haben, aber ich ziehe die Grenze bei einer partie carrée. Mrs. Ruddle kommt heute abend nicht mit. Ich befolge das Gesetz der Tafelrunde – nur eine zu lieben und ihr anzugehören. Jeweils nur eine, meine ich natürlich. Ich will nicht so tun, als ob ich nicht schon früher einmal gebunden gewesen wäre, aber ich weigere mich entschieden, im Doppelgespann zu gehen.«
    »Mrs. Ruddle kann nach Hause gehen und ihren Eintopf kochen. Ich schreibe nur noch meinen Brief fertig, dann können wir ihn in Broxford einwerfen.«
    Bunter bat jedoch höflich um Freistellung – sofern

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