Hochzeit kommt vor dem Fall
behandelt«, meldete sich der Einäugige, »benimmt er sich auch so. Dick Twitterton war ein ganz ordentlicher Kerl, bis er sich in den Kopf setzte, die Schulmeisterin mit ihrem vornehmen Getue zu heiraten. ›Putz dir die Stiefel auf der Matte ab, bevor du ins Wohnzimmer kommst‹, sagt sie zu ihm. Was hat ein Mann von so einer Frau, wenn er schmutzig aus dem Stall kommt und sein Abendessen haben will?«
»Ein hübscher Bursche war er ja auch«, meinte Katie.
»Na, na, Katie!« sagte der mit der Leidensmiene tadelnd. »Ja, gut sah er schon aus, unser Dick Twitterton. Darauf ist die Schulmeisterin ja auch hereingefallen. Gib du mal gut acht, du mit deinem weichen Herz, sonst bringt es dich noch mal in Schwierigkeiten.«
Darauf folgten weitere Hänseleien, bis der Leichenbestatter sagte:
»Aber trotz und alledem tut Aggie Twitterton mir leid.«
»Pah!« machte der Weinerliche. »Die hat ihr Auskommen. Mit ihren Hühnern und der Orgel geht es ihr gar nicht so schlecht. Sie ist zwar nicht mehr die Frischste, aber ein Mann könnte weit suchen und schlechter fahren.«
»Aber, aber, Mr. Puddock!« rief Mrs. Hodges. »Sie werden ihr doch keinen Heiratsantrag machen wollen?«
»Im Reden ist er groß, wie?« rief Katie, erfreut über die Gelegenheit, sich zu revanchieren. Der Alte stimmte feierlich ein:
»Sieh dich vor, was du tust, Ted Puddock. Aggie Twitterton hat schlechtes Blut von beiden Seiten. Ihre Mutter war William Noakes’ Schwester, vergiß das nicht; und Dick Twitterton war ein brutaler, gottvergessener Mensch, ein Lästerer und Sabbatschänder –«
Die Tür ging auf, und Frank Crutchley kam herein. Er hatte ein Mädchen bei sich. Bunter, der vergessen in seiner Ecke saß, ordnete sie als ein lebenslustiges junges Ding mit kokettem Blick ein. Das Pärchen schien auf vertrautem, um nicht zu sagen intimem Fuß zu stehen, und Bunter konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, daß Crutchley Trost für seinen Verlust in Bacchus’ und Aphrodites Armen gleichzeitig suchte. Er spendierte der jungen Dame ein großes Glas Portwein (Bunter schüttelte sich diskret) und ließ gutmütig einen Regen Spötteleien über sich ergehen, als er eine Runde für alle ausgab.
»Du hast wohl eine Erbschaft gemacht, Frank?«
»Mr. Noakes hat ihm seine Schulden vermacht, so ist das.«
»Ich dachte, du hättest gesagt, daß du dich verspekuliert hast.«
»Ja, so ist das mit diesen Kapitalisten. Jedesmal, wenn sie eine Million verlieren, bestellen sie eine Kiste Sekt.«
»He, Polly, weißt du nichts Besseres, als mit einem herumzuziehen, der spekuliert?«
»Sie denkt wohl, sie wird’s ihm schon abgewöhnen, wenn er erst sein Geld bei ihr abliefern muß.«
»Das würde ich auch«, erklärte Polly energisch.
»Ah! Denkt ihr zwei vielleicht ans Heiraten?«
»Die Gedanken sind frei«, versetzte Crutchley.
»Was ist denn mit der jungen Dame in London, Frank?«
»Mit welcher?« fragte Crutchley.
»Hört euch den an! Er hat so viele, daß er mit dem Zählen nicht mehr nachkommt.«
»Paß auf, was du tust, Polly. Vielleicht ist er schon dreimal verheiratet.«
»Na und?« meinte Polly wegwerfend.
»Na ja, nach jedem Begräbnis kommt eine Hochzeit. Sag uns, wann es soweit ist, Frank.«
»Da muß ich zuerst das Geld für den Pfarrer zusammensparen, nachdem meine vierzig Pfund futsch sind«, antwortete Crutchley gutmütig. »Aber Aggie Twittertons Gesicht zu sehen war mir das Geld fast wert. ›Oh! Onkel ist tot und das Geld ist weg!‹ sagt sie. ›Oh, und er war doch so reich – wer hätte das gedacht?‹ Blöde alte Kuh!«
Crutchley lachte verächtlich. »Beeil dich mit deinem Portwein, Polly, sonst hat der Hauptfilm angefangen, bis wir drüben sind.«
»Aha, das habt ihr vor! Ihr wollt wohl keine Trauerzeit für den alten Mr. Noakes einlegen, wie ihr ausseht, wie?«
»Für den?« meinte Crutchley. »Hab nur keine Bange, für diesen alten Halunken nicht. Und aus dem Lord werde ich mehr herauskitzeln, als bei ihm je zu holen war. Die Tasche voll Geld und eine Nase wie’n bleichsüchtiges Karnickel –«
»He!« sagte Mr. Gudgeon mit warnendem Blick.
»Seine Lordschaft wird Ihnen sehr verbunden sein, Mr. Crutchley«, sagte Bunter, indem er aus seiner Nische herauskam.
»Entschuldigung«, sagte Crutchley. »Hab nicht gesehen, daß Sie da waren. Nichts für ungut. War nur ein Witz. Was trinken Sie, Bunter?«
»Bitte keine Vertraulichkeiten«, antwortete der Angesprochene würdevoll. »Für Sie immer noch
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