Hochzeit zu verschenken
durch die Mongolei gewandert?
Da fällt mir ein, einmal wollte ich nach Thailand fliegen. Aber letztendlich bin ich dann doch lieber nach Frankreich gefahren und habe das gesparte Geld in eine Handtasche von Lulu Guinness investiert.
»Ich bin eigentlich noch gar nicht besonders viel gereist«, räume ich nur widerstrebend ein.
»Das solltest du aber unbedingt tun, mein Kind!«, rät Caroline mir mit dröhnender Stimme. »Es gibt nichts Besseres, um seinen Horizont zu erweitern. Und man lernt dabei so unglaublich viel über das Leben - gerade von den einfachen Leuten. Eine meiner besten Freundinnen ist eine bolivianische Bäuerin. Wir haben zusammen Mais gemahlen.«
»Wow.«
Eine kleine Uhr auf dem Kaminsims schlägt die halbe Stunde, und mir wird auf einmal bewusst, dass wir nicht richtig weiterkommen.
»Na ja, aber wie war das doch gleich... Hatten Sie sich Gedanken darüber gemacht, was Sie zur Hochzeit anziehen?«
»Irgendetwas Warmes und Buntes«, sagt Caroline und streckt die Hand nach einem dicken, rot-gelben Poncho aus.
»Ähmmm... Ich bin mir nicht sicher, ob das dem Anlass so angemessen wäre...« Ich wühle ein bisschen zwischen den vielen Jacken und Kleidern, bis ich apricotfarbene Seide aufblitzen sehe. »Hey! Das ist ja schön!« Ich ziehe es aus dem Schrank - und kann es kaum glauben. Das ist von Balenciaga.
»In dem Kostüm bin ich durchgebrannt«, sagt Caroline, die sofort wieder voller Erinnerungen steckt. »Wir sind mit dem Orient-Express nach Venedig gefahren und haben dann die Höhle von Postojna besichtigt. Kennst du die Gegend?«
»Das müssen Sie anziehen!« Meine Stimme wird vor Aufregung ganz quietschig. »Damit sehen Sie fantastisch aus! Und außerdem ist das wahnsinnig romantisch, wenn Sie zur Hochzeit Ihrer Tochter das Kostüm tragen, in dem Sie damals durchgebrannt sind!«
»Ja, stimmt, das wäre wohl ganz lustig.« Sie nimmt es mir mit ihren roten, wettergegerbten Händen, bei deren Anblick es mich jedes Mal schüttelt, ab und hält es sich an. »Müsste mir noch passen, oder? Ich hatte auch mal einen passenden Hut dazu...« Sie legt das Kostüm ab und fängt an, in einem Regal herumzuwühlen.
»Sie müssen sich ja wahnsinnig für Suze freuen«, sage ich, nehme einen emaillierten Handspiegel an mich und betrachte ihn eingehend.
»Tarquin ist ein sehr lieber Junge.« Sie dreht sich zu mir um und tippt sich vertraulich an die große Nase. »Sehr gut ausgestattet.«
Das stimmt allerdings. Tarquin ist ungefähr der fünfzehntreichste Mann Großbritanniens. Wundert mich nur, dass Suzes Mutter das erwähnt.
»Ja, schon...«, sage ich. »Aber es ist doch wohl nicht so, dass Suze sein Geld so dringend braucht...«
»Wer redet denn von Geld!« Sie lächelt mich wissend an, bis mir endlich aufgeht, was sie meint.
»Ach!« Ich laufe an wie eine Tomate. »Klar! Verstehe!«
»Das haben alle Männer der Familie Cleath-Stuart gemeinsam. Sie sind regelrecht berühmt dafür. Und bis jetzt ist noch kein einziger von ihnen geschieden«, fügt sie noch hinzu, bevor sie sich einen grünen Filzhut aufsetzt.
Wow. Das verleiht meinem Bild von Tarquin natürlich eine ganz neue Dimension.
Es dauert eine Weile, bis ich Caroline davon überzeugen kann, den grünen Filzhut gegen einen schicken schwarzen Topfhut einzutauschen. Als ich über den Flur zurück zu Suzes Zimmer gehe, höre ich unten in der Eingangshalle bekannte Stimmen.
»Das ist doch allgemein bekannt. Die Maul-und-Klauen-Seuche wurde von Brieftauben eingeschleppt.«
»Von Tauben? Du willst mir allen Ernstes weismachen, dass diese entsetzliche Epidemie, die ganze Tierbestände quer durch Europa ausgelöscht hat, von ein paar süßen, harmlosen Tauben verursacht wurde?«
»Harmlos? Graham, Tauben sind Ungeziefer!«
Mum und Dad! In Windeseile bin ich am Treppengeländer - und da sind sie, stehen direkt neben dem Kamin. Dad im Cut, mit Zylinder unter dem Arm, und Mum in einem dunkelblauen Blazer, geblümtem Rock und knallroten Schuhen, die vom Farbton nicht ganz exakt zu ihrem roten Hut passen.
»Mum?«
»Becky!«
»Mum! Dad!« Ich fliege förmlich die Treppe hinunter falle meinen Eltern in die Arme und inhaliere den vertrauten Duft nach Yardley-Puder und Tweed.
Dieser Heimaturlaub wird von Minute zu Minute gefühlsgeladener. Ich habe meine Eltern zum letzten Mal vor vier Monaten gesehen, als sie in New York zu Besuch waren. Da blieben sie aber nur drei Tage, dann sind sie gleich weitergeflogen nach Florida, um sich die
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