Hochzeit zu verschenken
sich, und ich glaube, ihr mangelt es zurzeit an Selbstvertrauen. Ich habe ihr gesagt, ich wüsste jemanden, der ihr auf die Beine helfen könnte.«
»Ja, klar«, sage ich gerührt. »Ich helfe ihr gerne.«
»Du darfst sie aber nicht in den Ruin treiben. Sie bezieht das bescheidene Gehalt einer Rechtsanwältin.«
»Ich tue mein Bestes«, lache ich. »Und was ist mit dir?«
»Meinst du, ich brauche etwas Nachhilfe?«
»Nein. Ehrlich gesagt, siehst du schon ziemlich gut aus.« Ich zeige auf seinen erstklassigen dunkelgrauen Anzug, für den er sicher dreitausend Dollar hingelegt und nicht viel Wechselgeld wiederbekommen hat.
»Ich werfe mich immer in Schale, wenn ich weiß, dass ich mit schönen Menschen zusammenkommen werde«, sagt Michael. Er sieht sich amüsiert unter den Anwesenden um, und ich folge seinem Blick. Ganz in der Nähe steht eine Gruppe von Frauen mittleren Alters, die sich sehr angeregt miteinander unterhalten. So angeregt, dass sie anscheinend kein einziges Mal Luft holen. »Sind das deine Freunde?«
»Eigentlich nicht«, gebe ich zu. »Ich kenne hier nicht besonders viele Leute.«
»Dachte ich mir schon.« Er lächelt mich undurchschaubar an und trinkt einen Schluck Champagner. »Und... Wie verträgst du dich mit deiner zukünftigen Schwiegermutter?« Er macht ein so unschuldiges Gesicht, dass ich fast lachen muss.
»Gut«, sage ich. »Weißt du...«
»Worüber redet ihr?«, fragt Luke, der plötzlich neben mir steht. Er reicht mir ein volles Sektglas, und ich werfe Michael einen viel sagenden Blick zu.
»Wir haben über die Hochzeitspläne gesprochen«, behauptet Michael ganz entspannt. »Wisst ihr schon, wo ihr eure Flitterwochen verbringen werdet?«
»Darüber haben wir eigentlich noch gar nicht richtig geredet.« Ich sehe Luke an. »Aber ich hätte da schon so ein paar Ideen. Ich möchte irgendwohin, wo es heiß und schön ist. Und jetsettig. Und wo ich noch nie war.«
»Ich weiß gar nicht, ob ich Zeit für lange Flitterwochen habe«, merkt Luke mit gerunzelter Stirn an. »Jetzt, wo wir North West bekommen haben, sollten wir wahrscheinlich weiter expandieren. Könnte sein, dass wir uns mit einem verlängerten Wochenende begnügen müssen.«
»Ein verlängertes Wochenende?« Entsetzt starre ich ihn an. »Das sind doch keine Flitterwochen!«
»Luke«, schaltet Michael sich in tadelndem Ton ein. »Das geht doch nicht. Du musst mit deiner Frau richtig in die Flitterwochen fahren. Darauf bestehe ich als dein Trauzeuge. Wo bist du denn noch nie gewesen, Becky? Venedig? Rom? Indien? Afrika?«
»Viermal Bingo.«
»Verstehe.« Michael zieht die Augenbrauen hoch. »Das könnte teuer werden.«
»Alle anderen haben schon die ganze Welt bereist, nur ich nicht. Ich habe nie ein Jahr Pause gemacht. Ich war noch nie in Australien, oder in Thailand...«
»Ich auch nicht«, sagt Luke schulterzuckend. »Und?«
»Nichts und! Ich habe noch gar nichts erlebt! Wusstest du, dass die beste Freundin von Suzes Mutter eine bolivianische Bäuerin ist?« Ich sehe Luke mit einem Blick an, der ihm vermitteln soll, dass ihn das zu beeindrucken hat. »Sie haben zusammen Mais gemahlen!«
»Na, da macht Bolivien wohl das Rennen«, sagt Michael zu Luke.
»Du willst in unseren Flitterwochen Mais mahlen?«
»Ich will nur, dass wir unseren Horizont mal ein wenig erweitern. Wir könnten zum Beispiel... so eine Rucksacktour machen.«
»Becky, ist dir eigentlich klar, worum es bei einer Rucksacktour im Wesentlichen geht?«, fragt Luke sanft nach. »Da packt man alle seine Habseligkeiten in einen Rucksack. Den man dann selber trägt. Nicht der FedEx-Mann.«
»Kein Problem für mich!«, sage ich trotzig. »Überhaupt kein Problem! Und dann würden wir auf unserer Reise massenweise interessante Leute kennen lernen -«
»Ich kenne so schon genug interessante Leute.«
»Du kennst nur Banker und PR-Leute! Kennst du irgendwelche bolivianischen Bauern? Kennst du auch nur einen einzigen Obdachlosen?«
»Nein, das kann ich nicht behaupten«, antwortet Luke. „Du?“
»Na ja... nein«, räume ich zögernd ein. »Aber darum geht es doch gar nicht. Ich finde, wir sollten solche Leute kennen!“
»Gut, Becky.« Luke hebt die Hand. »Ich habe schon eine Lösung gefunden. Du organisierst unsere Flitterwochen. Wir fahren hin, wo du willst - aber nicht länger als zwei Wochen.«
»Im Ernst?« Ich glotze ihn an. »Ist das dein Ernst?«
»Das ist mein Ernst. Du hast ja Recht, wir können nicht heiraten und dann nicht
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