Hochzeitsfieber bei den MacGregors
schnellen Schritten und flatterndem Kittel von Raum zu Raum, und die Leute werden auf Sie aufmerksam. Sie merken es gar nicht, weil Sie daran gewöhnt sind. Sie erwarten es. So will ich sie auch, dieses Erwarten von absolutem Respekt und Gehorsam, dieses maßlose Selbstvertrauen. Während sie andererseits innerlich vor Wut und Frustration kocht. Haben Sie denn auch viel Wut und Frustration in sich, Gwendolyn?«
Du lieber Himmel, er legte ja ein ganz schönes Tempo vor. »Im Moment oder überhaupt?«
Er strahlte sie an. »Ich mag Ihre Stimme. Oberschichtakzent, kühler Sex. Na egal. Was ich von Ihnen wissen möchte, ist, wie man als Frau in dieser Welt, in der Sie sich bewegen, zurechtkommt. Wie man mit den unterschwelligen und offenen sexuellen Belästigungen und Angeboten fertig wird. Ich kann mir vorstellen, dass sie bei Mondschein Männer zerstückelt, weil sie diese als minderwertig, einengend und abscheulich empfindet.«
Ihr Lächeln blühte wieder auf, kühl amüsiert. »Ich fange an, sie zu mögen.«
»Gut, genau das will ich erreichen. Ich möchte, dass die Leser sie mögen, auch wenn sie sich innerlich krümmen.« Er legte sich noch einige Pastetchen auf den Teller, während er sprach. »Sie ist intelligent, sie ist ehrgeizig, sie kennt keine Reue. Zwei der Typen, die sie am Anfang um die Ecke bringt, sind Schurken, was sie sympathisch macht. Dann aber lässt sie sich gehen, findet ein bisschen zu viel Spaß an der Sache. Das ist die Wendung. Mich interessieren die Anforderungen, die an sie gestellt werden, der Druck, dem sie ausgesetzt ist, die immense psychische Belastung, ständig praktisch Herrin über Leben und Tod zu sein … Ich stelle mir vor, dass sie alldem nicht gewachsen ist und dass das schließlich ihre Menschlichkeit zerstört.«
Gwen beschloss, dass es produktiver war, sich amüsiert und fasziniert zu geben, als verärgert zu sein. Sie suchte sich aus dem Allerlei, das er ihr vorgesetzt hatte, ein mit Brunnenkresse bestreutes Sandwich heraus. »Nun, der Druck ist schlimm. Eine Menge Ärzte werfen das Handtuch, weil sie dem Klinikalltag einfach nicht gewachsen sind, die schlimmen Arbeitszeiten, die erbärmliche Bürokratie. Notfälle, Einsparungen, ein wegen der unmöglichen Arbeitszeiten beschädigtes Privatleben. Sie wird nicht viel Zeit haben, sich zu amüsieren, es sei denn, sie ist sehr flexibel. Ich nehme an, sie arbeitet in einem der großen Bostoner Krankenhäuser.«
»Richtig.« Er zog sich ein Notizbuch heran und fing an, etwas zu schreiben. »Wie viele Stunden pro Woche muss sie arbeiten?«
»Oh, zwischen vierzig und einer Million.«
Er lächelte sie an und legte ihr ein köstliches, mit glänzender Schokolade überzogenes Eclair auf ihren Teller, wo eben noch das Sandwich gewesen war. »Reden Sie weiter.«
Aus der Stunde waren neunzig Minuten geworden, bevor Gwen auf die Idee kam, einen Blick auf ihre Uhr zu werfen. »Ich bin spät dran. Ich muss gehen, wenn ich noch meine letzten Weihnachtsgeschenke einkaufen will, bevor meine Schicht anfängt.«
»Die letzten? Wir haben doch erst November.«
»Ich mag es nicht, etwas in letzter Minute zu tun.« Sie stand auf und holte ihren Mantel.
»Hören Sie, ich komme mit Ihnen.«
»Einkaufen?«
Er war schon aufgestanden und half ihr, ehe sie es sich versah, in den Mantel. Und dass er dabei die günstige Gelegenheit ergriff, an ihrem Haar zu schnuppern, und anerkennend die Augen verdrehte, merkte sie nicht. »Ich habe einen exzellenten Geschmack, was Geschenke betrifft. Und ich kann währenddessen Ihr Hirn noch ein bisschen anzapfen. Anschließend kann ich gleich mit Ihnen in die Klinik fahren.«
»Ein Perfektionist.«
»Richtig. Ich liebe meine Arbeit.« Er schnappte sich seinen Mantel und nahm wieder Gwens Arm. »Wissen Sie, ich habe mir überlegt, ob Scully sich nicht in sie verlieben könnte. Sie könnten tollen Sex miteinander haben, sich gegenseitig das Leben schwer machen und einander das Herz brechen.«
Er legte eine Pause ein und nahm sich einen Moment Zeit, um Gwens Gesicht zu studieren, um sich daran zu erfreuen. »Glauben Sie, er ist ihr Typ?«
Gwen legte den Kopf auf die Seite. »Ein Raubein, zäh und zynisch, mit einem Hang zur Poesie? Er könnte zu ihr passen … und sie wird zweifellos mit dem größten Vergnügen versuchen, ihn umzubringen.«
»Genau das dachte ich auch.« Er nahm unauffällig ihre Hand, verschränkte ihre Finger mit seinen und zog Gwen aus der Tür.
13. K APITEL
»Und wann lerne ich ihn
Weitere Kostenlose Bücher