Hochzeitsfieber bei den MacGregors
kennen?«
Weil sie gerade mit chirurgischer Präzision Geschenkpapier zerschnitt, blickte Gwen nicht auf. »Wen?«
Julia nahm eine silberne Schleife von einem der nach Farben geordneten Stapel, die Gwen auf dem Tisch im Esszimmer aufgehäuft hatte. »Den Kerl, der gut ist für dich.« Sie überlegte flüchtig, ob sie ein paar ihrer eigenen Geschenke holen sollte, um sie einzupacken. Aber es war erst der Sonntag nach Thanksgiving. Und sie fühlte sich faul.
»Gut für mich.« Gwen legte die Hemdschachtel auf das zurechtgeschnittene Papier, dann schlug sie das Einwickelpapier erst von der einen und dann von der anderen Seite fein säuberlich so darüber, dass sich die Ränder exakt um zwei Zentimeter überlappten.
»Den Blumenjungen.« Julia gähnte und nahm einen Schluck von ihrem Kaffee.
»Branson?« Nachdem sie die beiden Teile mit Tesafilm zusammengeklebt hatte, wandte Gwen ihre Aufmerksamkeit dem oberen Ende zu. »Du möchtest ihn kennenlernen?«
»Na ja, immerhin triffst du dich jetzt schon fast drei Wochen mit ihm, und ich habe noch keinen einzigen Blick auf ihn geworfen.«
»Ich treffe mich nicht mit ihm.« Gwen drehte die Schachtel um und nahm sich das andere Ende vor. »Ich helfe ihm nur bei ein paar Recherchen.«
Julia lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. Sie vergötterte Gwen, ihre Ordnungsliebe, ihre Großzügigkeit, ihren feinsinnigen Humor, ihre unerschütterliche Loyalität – und ihren verblüffenden Mangel an Selbsterkenntnis. »Er ist sehr attraktiv.«
»Hm.«
»Das war keine Frage. Ich habe sein Foto auf dem Umschlag seiner Bücher und zwei Interviews mit ihm im Fernsehen gesehen. Er ist sehr attraktiv.«
»Ich habe nicht widersprochen.« Nach einem kurzen inneren Kampf entschied Gwen sich für das rote Band und begann die genaue Länge zu kalkulieren.
»Dann bist du also an ihm als Mann nicht interessiert?«
»Ich habe noch nicht darüber nachgedacht.«
»Gwen.«
Mit einem ungeduldigen Aufseufzen legte Gwen das Band aus der Hand. »Ich bin nicht interessiert daran, interessiert zu sein. Und du fängst langsam an, wie der Große MacGregor zu klingen.«
Julia grinste, ihre Augen funkelten belustigt. »Ist das ein Kompliment oder eine Beleidigung?«
»Du weißt sehr gut, dass Grandpa nichts lieber sähe, als wenn wir alle verheiratet wären und ein Dutzend Kinder großzögen. Er hat sich an Thanksgiving wahrscheinlich für besonders schlau gehalten, uns all diese Fragen über die Jungs, mit denen wir ausgehen, zu stellen. Jungs! Wie er das schon immer sagt!« Sie verdrehte die Augen, dann gab sie auf und lachte. »Er wird sich nie ändern.«
»Wer würde das auch wollen? Aber bei dir hat er noch ein bisschen mehr nachgebohrt. ›Na Gwennie, Schätzchen, wie kommst du denn mit meinem jungen Schriftstellerfreund zurecht? Ein feiner Bursche, dieser Branson, ein kluger Kopf. Und die Iren wissen wenigstens noch, was Familienwerte sind.‹«
Gwen schüttelte den Kopf und wickelte das Band ordentlich um die Schachtel. »Er mag Branson offensichtlich.«
»Er heckt wieder etwas aus, und diesmal bist du an der Reihe.«
»Nein, das dachte ich zuerst auch, aber dann wurde mir klar, dass ich mich getäuscht habe. Es ist harmlos.«
Julia machte den Mund auf, dann machte sie ihn so fest wieder zu, dass ihre Zähne klapperten. »Na schön, wenn du es so sehen willst. Ich bin mir sicher, er hätte dich festgenagelt, wenn nicht Laura und Royce mit der Neuigkeit herausgekommen wären, dass sie Nachwuchs erwarten. Dann hatte er zu viel damit zu tun, sich die Augen zu wischen, Trinksprüche auszubringen, Royce auf die Schulter zu klopfen und in Erinnerung an seine Machenschaften zu strahlen.«
Gwen griff nach einer riesigen roten Schleife und seufzte. »Wir werden bald Tanten sein. Laura sah so glücklich aus, findest du nicht?«
»Ja.« Julia, deren Sicht plötzlich auch ein wenig verschwommen war, schniefte. »Und noch vor einem Jahr redete sie sich – und uns – ein, dass sie kein bisschen an einer Beziehung interessiert wäre. Genau wie du es jetzt machst.«
»Um Himmels willen …«
»Es hat geklingelt.« Julia sprang auf. »Verarzten Sie diesen Patienten fertig, Doc. Ich mache auf.«
Sie hat keinen Schimmer, was los ist, entschied Julia, während sie durchs Haus ging. Die Frau konnte von morgens bis abends Menschen aufschneiden und wieder zunähen, jeden Knochen im Körper in alphabetischer Reihenfolge nennen und eine Unmenge Krankheiten diagnostizieren, aber sie merkte es nicht, wenn
Weitere Kostenlose Bücher