HOCHZEITSGLOCKEN AUF MALLORCA
gestürzt, um sich vor ihrer Liebe zu Marcus zu retten â und vor dem Wissen, dass er diese Liebe niemals erwidern würde. Trotz aller Versuche, ihn sich aus dem Kopf zu schlagen, liebte sie ihn jedoch noch immer und behandelte ihn deshalb mit Feindseligkeit und Groll. Das war ihr einziger Schutz gegen die Demütigung, die sie erwartete, wenn Marcus â oder jemand anders â jemals herausfinden würde, was sie für ihn empfand.
2. KAPITEL
âDu meine Güte. Es ist tatsächlich ein Mal warm hier drin!â Sobald sie die Wohnung ihrer GroÃtante betrat, zog Lucy die Kaschmirjacke aus, die sie über ihrem zarten Seidenchiffonkleid trug.
âJa, ich habe Johnson bestochen, damit er die Heizung einschaltet.â Ihr Bruder Piers lächelte breit.
âDu hättest mich ruhig vorwarnen könnenâ, beschwerte sich Lucy liebevoll, während sie sich mit der Hand Luft zufächelte. âAuf welche Raumtemperatur sollte er den Thermostat denn stellen? Hier drin ist es ja wie in einer Sauna. Die Blumen, die ich gekauft habe, werden verwelkt sein, bevor ich sie Tante Alice gebe.â
âDeine Blumen? Und was ist mit meinen Pralinen?â, erwiderte Piers.
âPiers hat geglaubt, dass Johnson noch in Fahrenheit rechnetâ, warf Lucys Vater ein. âDeshalb hat er ihn gebeten, den Thermostat auf achtundsechzig zu stellen. Keiner von uns hat begriffen, was passiert war, bis Johnson gesagt hat, der Regler gehe nur bis dreiÃig Grad.â
Auch Lucy fiel in das gutmütige Gelächter ein, doch dann erstarrte sie: Marcus trat ein. Bildete sie sich das nur ein, oder folgte wirklich ein kurzes Schweigen, als wären sich die anderen ebenfalls bewusst, wie eindrucksvoll und dominierend dieser Mann war?
Sicher lag es nicht nur daran, dass er über einen Meter achtzig groÃ, breitschultrig und muskulös war, dichtes dunkles Haar und eisgraue Augen hatte.
Also was veranlasste Frauen wie Männer dann, sich nach ihm umzudrehen? Sich nach ihm umzudrehen und zu ihm aufzublicken. Hatte es damit zu tun, dass er die Handelsbank leitete, die seit so vielen Generationen im Besitz seiner Familie war? Damit, dass er nicht nur für die Gegenwart und Zukunft seiner Kunden verantwortlich war, sondern in vielen Fällen auch die Geheimnisse ihrer Vorfahren kannte?
Aber selbst ohne all das, selbst wenn er als Fremder von der StraÃe hereinkäme, würden die Frauen ihn ansehen. Und immer weiter ansehen. Weil Marcus sexy war. Sehr sexy. Hastig trank Lucy einen Schluck aus dem Glas Champagner, das Piers ihr gegeben hatte. Damit sie etwas zu tun hatte â und einen Grund, Marcus nicht anzustarren, und um sich Mut anzutrinken.
Marcus trug einen seiner typischen, maÃgeschneiderten dunklen Anzüge, ein weiÃes Hemd und eine dunkelgraue Krawatte.
Sie trank noch einen groÃen Schluck.
âMöchtest du noch ein Glas?â, fragte Piers.
âNein, danke.â Sie machte sich nicht viel aus Alkohol, und in ihrem Job, bei den Events, musste sie immer einen klaren Kopf behalten. Deshalb hatte sie schnell gelernt, nur an ihrem Drink zu nippen und ihn dann diskret irgendwo stehen zu lassen. Der Nachteil war, dass sie nicht mehr als ein kleines Glas vertrug. Aber heute brauchte sie wahrscheinlich einige Gläser, um mit Marcusâ Gegenwart fertig zu werden. Einschüchternd nahe stand er neben ihr, wenn auch nicht so dicht, wie es sich ihr törichtes Herz ersehnte.
âOh, wie schön. Marcus hat es noch geschafftâ, hörte Lucy ihre Mutter sagen. âCharles, bitte ihn doch herüber.â
âDu lieber Himmel, es ist wirklich heià hier. Ich sollte besser zusehen, dass die armen Blumen ins Wasser kommen.â Lucy stellte ihr Glas ab und flüchtete in das Labyrinth aus Fluren und kleinen Räumen an der Rückseite der Wohnung, die ihre GroÃtante noch immer die âDienstbotenunterkunftâ nannte. Wie, in aller Welt, schaffen es Johnson und Mrs. Johnson bloÃ, sich nur mit Hilfe einer Putzfrau um eine so groÃe Wohnung zu kümmern, dachte Lucy mitfühlend, während sie einen der Flure entlang ins âBlumenzimmerâ eilte. Auf der groÃen Arbeitsfläche standen schon mehrere, mit Wasser gefüllte Vasen bereit, und Lucy wickelte ihren Strauà aus und suchte sich eine passende aus.
Hatte sie tatsächlich solche Angst davor, mit Marcus zu sprechen? Sie war neunundzwanzig. Und wie lange war es
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