Hochzeitsglocken zum Fest der Liebe
Schmerz wahrnahm, der das erste Mal begleitete. Liebe zu geben und zu nehmen, erkannte sie, war erfüllender, als sie es sich je erträumt hätte.
Hal schlief noch an ihrer Seite, als Jo erwachte. Sie schlüpfte aus dem Bett und huschte in ihr Ankleidezimmer. Es war kalt, denn das Kaminfeuer war niedergebrannt, und so griff sie nach ihrem blauen Umhang und legte ihn sich um die Schultern. Sofort umwehte sie ein Hauch von Rosen- und Lavendelduft, und sie glaubte ein Raunen zu hören. So bist du endlich glücklich …
Tief einatmend wandte Jo sich um, doch natürlich war sie allein. Doch ein Gefühl, als werde sie von Liebe eingehüllt, blieb zurück, als sie rasch wieder zum Bett lief und sich, den Umhang abwerfend, in die warmen Arme ihres Gatten schmiegte.
„Jo, Liebste?“ Hal regte sich träge. „Ist etwas, mein Herz?“
„Nein.“ Sie küsste seine nackte Schulter. „Ich bin sehr glücklich. Ich liebe dich, Hal.“
„Ich dich auch, Geliebte“, flüsterte er und zog sie an sich. „Wie gut du duftest … köstlich …“
„Es ist das Parfüm, das du mir geschenkt hast“, hauchte Jo geheimnisvoll lächelnd.
EPILOG
Lucy schaute der davonfahrenden Kutsche hinterher. Als sie ihrer Schwester und Hal Lebwohl gesagt und ihnen Glück und Segen gewünscht hatte, war wie durch Zauberei ein Päckchen in ihrer Hand gelandet, ein weiteres Geschenk von Hal.
„Mach es noch nicht auf“, hatte er gesagt. „Ich will Jo damit überraschen, doch ich weiß, dass du auch eines bekommen solltest.“
Lucy hatte erfreut geschwiegen; sie mochte Überraschungen, ahnte jedoch schon, um was es sich handeln mochte. Sie wartete noch, bis die Kutsche nicht mehr zu sehen war, dann löste sie die Umhüllung und fand einen schmalen Band darin, auf dem in großen goldenen Lettern stand: „Ein Märchenbuch von Miss Josephine Horne.“
Wenn man ihr die Kronjuwelen überreicht hätte, wäre Lucy nicht entzückter gewesen, denn der Einband aus feinem Leder stand dem Inhalt in nichts nach. Wie schade, dachte Lucy, dass Jo nun vielleicht keine Zeit mehr zum Schreiben haben wird, sie ist wirklich talentiert.
Aber nun, Jo hatte viele Talente, wie auch Marianne; nur ihr selbst, Lucy, mangelte es an Fähigkeiten, was möglicherweise daher rührte, dass sie immer nur ihren Träumen nachhing und ums Lernen nie viel gegeben hatte. Natürlich ermahnte Mama sie ständig, ihre Fertigkeiten zu vervollkommnen, nur leider wollte ihr Kopf nicht so wie sie; immer wieder schweiften ihre Gedanken ab und verloren sich in Tagträumereien.
Marianne – und nun auch Jo – hatten die Liebe gefunden. Wie sehr sie sich wünschte, dass sie auch ihr begegnen würde. Sie war nicht so schön wie Marianne oder so klug wie Jo … doch sie hoffte, dass auch sie sich eines Tages verlieben würde. Genau genommen war sie schon einem Herrn begegnet, an dem sie großen Gefallen fand, doch er war viel älter als sie, und sie wusste nicht, ob er sie überhaupt bemerkt hatte.
Bei der Erinnerung daran stahl sich ein Lächeln auf ihr Gesicht. Er war auf Mariannes Hochzeit zu Gast gewesen, und sie hatte sehr gehofft, er werde auch zu Jos kommen … aber leider war er nicht erschienen, obwohl sein Name auf der Gästeliste stand.
Sie merkte, dass sie schon wieder vor sich hin träumte. Rasch verscheuchte sie den Gedanken an ihren heimlichen Schwarm aus ihrem Kopf und lief ins Haus, um ihrer Mutter dieses wunderbare Geschenk zu zeigen.
Wie entzückt Jo sein würde, wenn sie ihren Namen auf dem Einband eines Buches sah! Vielleicht würde sie ja eines Tages doch neue Geschichten schreiben.
– ENDE –
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