Hochzeitsstrudel und Zwetschgenglück: Roman (German Edition)
er und grinste schief. War das jetzt als Spaß gemeint?
»Soll ich wieder gehen?« Ich wollte mich ja nicht aufdrängen.
»Schmarrn. Setz dich. Ich bin gleich fertig hier.« Er zwinkerte.
»Ich habe uns Rumtopf mitgebracht.«
Ich stellte den Topf auf dem Tisch ab und holte zwei Gläser, einen Schöpfer und zwei kleine Löffel aus dem Küchenschrank.
Während er noch etwas unsicher im Zwei-Finger-System auf dem Tablet herumtippte, schenkte ich uns ein.
»Was machst du denn da?«, fragte ich neugierig und löffelte bereits die mit Alkohol vollgesogenen Früchte.
»Ich chatte.«
»Du chattest?«
»Habe ich doch eben gesagt.«
»Mit wem?« Wahrscheinlich mit einem seiner Motorradfreunde. Sicher war er in so einem Forum, in dem sich die Biker austauschten. Ohne mir was dabei zu denken, rutschte ich zu Willy auf das Sofa und schaute auf den Bildschirm.
Rasch nahm er ihn weg, und seine Wangen überzogen sich mit einem zarten Rot. Ich konnte es kaum glauben! Der sechzigjährige Willy errötete wie ein Schuljunge!
»Du chattest mit einer Frau!«, stellte ich amüsiert fest.
»Das ist ja nicht verboten, oder?«, brummte er.
Nein. Das war es ganz und gar nicht. Ich hätte damit nur nicht gerechnet.
»Und hast du vor, die Frau auch zu treffen?« Ich war ja wirklich kaum neugierig.
Er schüttelte den Kopf. »Nein!«
»Warum denn nicht?«
Er sah mich verschmitzt grinsend an. »Weil sie denkt, dass ich gerade mal achtunddreißig bin.«
»Willy!«
Dieser alte Schwerenöter! Ich schüttelte lachend den Kopf und schob ihm das Glas mit Rumtopf hin. Mir selbst schenkte ich auch nach, und wir stießen an. Willy verabschiedete sich von seiner Chatpartnerin und erzählte mir, wie es – völlig unabsichtlich natürlich – zu dem Missverständnis mit seinem Alter gekommen war.
»Und wie alt ist sie?«
»Fünfunddreißig.«
Wir lachten beide. Willy, der oft wie ein Lonesome Rider wirkte, war ein sehr unterhaltsamer Mann. Und eigentlich sah er auch gar nicht schlecht aus für sein Alter, wenn einem Männer der Marke sympathisches Raubein gefielen. Ich nahm einen weiteren Schluck. Der Rumtopf wirkte wohl schneller, als ich dachte, und ich ließ meine Gedanken schweifen. Plötzlich kam mir eine geniale Idee.
»Willy, hör mal zu!«, rief ich aufgeregt. »Was hältst du davon, wenn wir beide heiraten … Also, nur so pro forma«, schob ich sicherheitshalber ein, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen. »Wir machen einen Vertrag, und wenn ich den Hof habe, lassen wir uns wieder scheiden, und du kriegst … sagen wir mal zwanzigtausend Euro Abfindung … Oder besser fünfzigtausend!« Geld war ja genügend da.
Die Idee hatte ich von Pit geklaut. Doch im Gegensatz zu ihm spielte ich gleich mit offenen Karten. Das war doch wirklich die beste Lösung, oder nicht?
Willy schaute etwas erschrocken. Kein Wunder. Mit einem Heiratsantrag hatte er heute sicher nicht mehr gerechnet. Er nahm einen kräftigen Schluck.
»Nun, was sagst du?«, fragte ich ihn lächelnd.
»Ich würde dich wirklich gerne heiraten, Hannerl, glaub mir. Aber es geht nicht«, sagte er bedauernd.
»Warum geht es denn nicht? Meinst du wegen dem Altersunterschied? Da mach dir mal keine Sorgen. Die Ehe würde nur auf dem Papier stattfinden.« Es fiel mir schon ein wenig schwer, die Sätze zu formulieren.
Er schüttelte den Kopf. »Das ist es nicht.«
»Was denn dann? Wegen Max brauchst du dir keine Gedanken zu machen. Der verdient es nicht anders.«
»Es ist auch nicht wegen Max.«
Plötzlich kam mir ein unschöner Gedanke. Er fand mich nicht attraktiv genug.
»Findest du mich so hässlich?«, fragte ich kleinlaut. Ich wusste ja selbst, dass ich nicht zu den Frauen gehörte, bei deren Anblick die Männer zu sabbern begannen. Ich schätzte mein Aussehen eher als durchschnittlich ein.
»Nein.« Er lachte. »Ganz im Gegenteil. Du bist eine fesche Frau. Aber Hannerl, hör zu. Ich kann dich nicht heiraten. Weil … weil ich nämlich schon verheiratet bin.«
Hatte er eben gesagt, dass er schon verheiratet war?
»Du bist was?«, fragte ich verwirrt.
»Verheiratet. Seit fünfunddreißig Jahren!«
Jetzt schlug es aber dreizehn! Ich kannte Willy schon, seit ich denken konnte. Das hätte ich doch mitbekommen müssen!
»Willy, bitte verarsch mich nicht!«
»Tu ich nicht.« Und dann erzählte er mir seine Geschichte.
Als junger Mann hatte er sich Hals über Kopf in eine junge vietnamesische Studentin verliebt, die er in Passau kennengelernt hatte.
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