Hocking, A: Tochter der Tryll - Entzweit: Band 2
sie schon immer regiert.
»K urz nach deiner Geburt.« Elora drehte sich zu mir um. »I ch bin wirklich froh, dass du wieder da bist.«
»I ch hätte es beinahe nicht geschafft«, sagte ich in der Hoffnung auf ein bisschen Mitgefühl. »D ie Vittra-Trackerin Kyra hat mich übel zusammengeschlagen. Ich wäre gestorben, wenn Oren nicht mit einer Heilerin verheiratet wäre.«
»D u wärst nicht gestorben«, winkte Elora ab. Das sagten mir irgendwie alle, wenn ich von Kyras Attacke berichtete.
»I ch habe Blut gehustet! Ich glaube, eine gebrochene Rippe hat meine Lunge punktiert.« Mein Brustkorb schmerzte immer noch und ich hatte in diesem Kerker wirklich Todesangst gehabt.
»O ren würde dich niemals sterben lassen«, sagte Elora müde. Sie entfernte sich vom Fenster und setzte sich auf die Récamiere. Ich blieb stehen.
»K ann sein«, räumte ich ein. »A ber er hätte Matt und Rhys töten können.«
»M att?« Elora wirkte einen Augenblick lang verwirrt, ein sehr außergewöhnlicher Anblick.
»M ein Bruder. Äh, mein Gastbruder. Wie auch immer.« Ich hatte allmählich keine Lust mehr, seinen Status immer wieder erklären zu müssen, und beschloss, ihn von nun an einfach als meinen Bruder zu bezeichnen. Was mich anging, war er das nämlich noch.
»S ind beide jetzt hier?« Aus Verwirrung wurde Ärger.
»J a. Ich wollte sie nicht bei Oren lassen. Er hätte sie aus reiner Boshaftigkeit umgebracht, nur um mich zu ärgern.« Ich wusste nicht, ob das stimmte, aber ich traute es ihm durchaus zu.
»I hr habt es also alle geschafft?« Einen Augenblick lang wirkte es so, als habe sie sich tatsächlich Sorgen um uns gemacht. Es war zwar kein Vergleich zu Matts Sorge um mich, aber zumindest glich es menschlicher Wärme.
»J a, das haben wir. Finn und Tove haben uns problemlos da rausgeholt.« Ich runzelte die Stirn, als ich daran dachte, wie einfach die Flucht gewesen war.
»I st etwas passiert?«, fragte Elora, die meine Unsicherheit spürte.
»N ein.« Ich schüttelte den Kopf. »D as ist es ja gerade. Es ist nichts passiert. Wir sind völlig unbehelligt aus dem Palast geflohen.«
»T ja, so ist Oren eben.« Sie verdrehte die Augen. »E r ist zu arrogant, das war schon immer seine Achillesferse.«
»W ie meinst du das?«
»E r ist mächtig. Sehr mächtig.« In Eloras Stimme lag eine Ehrfurcht, die ich noch nie an ihr erlebt hatte. »A ber er hat schon immer geglaubt, dass er sich nehmen kann, was er will, und niemand ihn aufhalten wird. Und die meisten Trolle haben tatsächlich viel zu viel Angst vor ihm, um ihn zu ärgern. Er hat fälschlicherweise angenommen, dass auch ich in diese Kategorie gehöre.«
»A ber ich bin deine Tochter. Er hat nicht damit gerechnet, dass du zumindest versuchen würdest, mich zu befreien?«, fragte ich zweifelnd.
»E r ist zu arrogant, wie gesagt.« Sie rieb sich die Schläfe und legte sich wieder auf die Récamiere.
Elora konnte die Zukunft in Bildern festhalten und hatte noch weitere Fähigkeiten, die ich noch nicht alle kannte. Ich hoffte, dass sich das bald ändern würde.
Ich betrachtete die Bilder, mit denen sie die Zukunft vorhersagte. Es standen zwei vollendete im Zimmer und eines, das sie vor Kurzem begonnen hatte. Auf dem neuen Bild war nur eine Ecke blauer Himmel zu sehen, es verriet mir also nichts.
Eines der beiden anderen Gemälde zeigte den Garten hinterm Haus, der unter dem Balkon begann und sich von Ziegelmauern gesäumt den Abhang hinunter erstreckte. Ich war erst einmal dort gewesen, und es war ein idyllisches Plätzchen, dank der Tryll-Magie, die dafür sorgte, dass alle Blumen das ganze Jahr lang blühten.
Auf ihrem Gemälde lag der Garten unter einer dünnen Schicht Neuschnee, die wie Diamantstaub glitzerte und schimmerte. Aber der Bach, der wie ein Wasserfall zu einem Teich im Zentrum des Gartens floss, war nicht zugefroren und trotz der winterlichen Szenerie standen alle Blumen in voller Blüte. Blaue und pinkfarbene Blütenblätter waren mit einer glänzenden Schicht Reif überzogen. Der Garten wirkte wie ein exotisches Märchenland.
Elora war eine großartige Künstlerin. Ich hätte ihr das gerne gesagt, aber ich glaubte nicht, dass meine Meinung ihr etwas bedeutete. Die Schönheit des Gartenbildes fesselte mich so sehr, dass ich erst kurze Zeit später bemerkte, dass eine dunkle Gestalt in ihm herumlungerte.
Ein Mann stand vor der Hecke, dessen Haar viel heller zu sein schien als meines, aber da er im Schatten stand, konnte ich es nicht genau
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