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Höhenrausch (German Edition)

Höhenrausch (German Edition)

Titel: Höhenrausch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildikó von Kürthy
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ich doch bloß gleich beim ersten Mal gesagt, wie abgrundtief eklig ich dieses Wabbelzeugs finde. Es hätte einmal eine ordentliche Verstimmung gegeben, aber danach hätte sie sich ein neues Geschenk überlegt. Jetzt ist es natürlich zu spät, mich zu beschweren. Dann wüsste sie ja, dass meine Freude seit Jahren nur geheuchelt ist. Ehrlich, Linda, wenn wir immer so tun, als würde man uns zufrieden stellen, bekommen wir nie das, was wir wirklich wollen.»
    «Andererseits macht es keinen guten Eindruck, wenn man gleich das Meckern anfängt. Noch dazu, wo die männliche Libido so störanfällig ist.»
    «Es redet ja auch keiner davon, sein Ego in den Grundfesten zu erschüttern. Du sollst ja nicht plötzlich losbrüllen: ‹Mehr nach rechts, du dämlicher Stümper! Hast du seit der Pubertät denn überhaupt nichts mehr dazugelernt!› Ich spreche von liebevollen Hinweisen. Und damit kann man gar nicht früh genug anfangen.
    Leider sieht die Praxis bei mir auch anders aus: ein Keller voller Quittengelee und ein Ehemann, der bis heute glaubt, es macht mich ekstatisch, wenn er mit seiner Zunge meinen Hörkanal ausschleckt. Aber auf dich kommen Probleme von ganz anderem Kaliber zu. Ein verheirateter Mann ist nicht gerade ein Glückstreffer. Wirklich, Linda, red dir diesen Mann nicht schön. Die kleinste Dosis Reinsteigerung reicht hier völlig aus.»
    «Du hast natürlich Recht, aber weißt du, was ich mich seit letzter Nacht sehr beschäftigt? Johann ist mehr als zehn Jahre älter als ich – was mache ich, wenn er vor mir stirbt?»

«DU KANNST EINEN VERHEIRATETEN MANN NICHT OHNE GUTE UNTERWÄSCHE UND OHNE SCHLECHTEN CHARAKTER EROBERN»
    Ich finde den Zettel am nächsten Morgen. Er hat eine Nachricht unter meiner Tür durchgeschoben. Ich lese sie nicht. Ich trage den Zettel in die Küche, lege ihn umgedreht auf den Tisch und finde, dass dieser Moment wie geschaffen ist, wieder mit dem Rauchen anzufangen.
    Den ganzen letzten Tag und mehr als die halbe Nacht hatte ich versucht, nicht zu warten. Ich hatte beispielsweise so getan, als würde ich arbeiten. In einer Dreiviertelstunde schaffte ich fünf Sätze – und die bedurften dringender Nachbearbeitung.
    Dann hatte ich so getan, als würde ich fernsehen. Erst nach zwanzig Minuten merkte ich, dass ich den Theaterkanal eingeschaltet hatte und «Julius Cäsar» in Schwarzweiß lief.
    «Lebe ich denn nur in den Vorstädten deiner Zuneigung?», fragte eine Frau in Tunika einen Mann in Tunika. Sie griff sich bewegt an die Brust. Ich griff mir auch bewegt an die Brust. Mein Zustand schien mir nun selbst bedenklich.
    Ich beschloss, kritisch zu überprüfen, ob ich gewappnet war für das, was da auf mich zukommen mochte, und ob ich die nötige Ausrüstung hatte für das Spiel, das ich spielen wollte.
    Du kannst einen Fünftausender nicht ohne Handschuhe und Schneebrille besteigen. Und du kannst einen verheirateten Mann nicht ohne gute Unterwäsche und ohne schlechten Charakter erobern.
    Was meinen Charakter betraf, fühlte ich mich ausreichend gut ausgestattet, denn moralische Bedenken hatte ich eigentlich nicht. Was kann ich dafür, wenn der Ehemann einer anderen Frau sich für mich interessiert und seine Wahl auf mich fällt? Das ist doch seine Sache! Jeder Mensch kann sich zu jedem Zeitpunkt seines Lebens neu entscheiden. Sogar für mich.
    Mal ziehst du den Kürzeren – und ich hatte ja nun wirklich schon viele Kürzere gezogen! – und mal nicht. Du kannst es dem, den du liebst, nicht vorwerfen, dass er dich nicht mehr liebt. Er will dir nichts Böses antun. Er tut dir nur ungeheuerlich weh.
    Ich habe selbst schon fassungslos neben mir gestanden und meiner Liebe beim Ableben zugeschaut. Sie führt ein Eigenleben und ein Eigensterben.
    Wenn sie sich entschlossen hat zu bleiben, schreckt sie keine Entfernung und kein Ehering.
    Hat sie sich entschlossen zu gehen, nützt keine Therapie, keine künstliche Beatmung und keine Adrenalininjektion mitten ins Herz. Du bleibst neben einem Leichnam zurück, der kalt wird und anfängt zu stinken.
     
    Moralisch beziehungsweise unmoralisch gesehen, war ich die ideale Geliebte. Was mir jedoch Kopfzerbrechen bereitete, war meine Garderobe. Ich denke, dass in den meisten Kleiderschränken von Frauen, die gerade aus einer längeren Beziehung kommen, die Unterhose mit geradem Beinausschnitt und hohem Baumwollanteil zu den dominanten Kleidungsstücken zählt.
    Tatsächlich fand ich bei genauerer Prüfung kein einziges Wäschestück, das die

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