Höhenrausch (German Edition)

Titel: Höhenrausch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildikó von Kürthy

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unangenehme Situation zu ersparen.
    Außerdem, fällt mir wieder ein, muss ich ja in Verhandlungen mit den Müllmännern treten, um meinen Schlüssel wiederzubekommen, ehe er in den Untiefen des Müllwagens verschwindet. Schön, wenn man seine Feigheit mit einer Notwendigkeit tarnen kann.
    Wenn Johann Berger mich wieder sehen will, weiß er ja, wo ich wohne. Ich schließe leise die Tür und ziehe meine Schuhe erst im Treppenhaus an. Und ich bin noch nicht im Erdgeschoss, als ich bereits anfange zu leiden.
    Meine Güte, wie ich das hasse, warten zu müssen!

    « Dann lass es doch einfach.»
    «Wie meinst du das?»
    «Mach doch was anderes.»
    «Ich will dich ja nicht beleidigen, Silke, aber seit deinem zweiten Kind bist du irgendwie so pragmatisch geworden.»
    «Weil ich Pullover lieber gleich in der Farbe der Kotze meiner Kinder kaufe und keine Zeit mehr habe, auf die Anrufe von Männern zu warten? Welcher Männer im Übrigen? Der letzte, den ich kennen gelernt habe, hatte sich für Leos Kindergarten als Osterhase verkleidet. Als ich hinten auf seiner Hose den aufgeklebten Puschelschwanz sah, fand ich, dass ich eigentlich doch recht gut verheiratet bin.»
    «Du hast auch wirklich Glück mit Markus. Der liebt und verehrt dich und würde dich niemals betrügen. Anders als Draco, das fiese Schwein.»
    «Entschuldige, aber ist dein Mann von letzter Nacht dann nicht auch ein fieses Schwein? Der hat wahrscheinlich auch eine Frau zu Hause sitzen, die glaubt, ihr Mann sei die treueste Seele der Welt. Haben die beiden Kinder?»
    «Nein. Also fast keine. Nur eins. Und das ist schon groß.»
    «Was exakt meinst du mit ‹schon groß›?»
    «Sein Sohn geht bereits in den Kindergarten.»
    «Na, da ist er ja schon so gut wie aus dem Haus. Und hat er dir erzählt, seine Ehe sei sowieso schon so gut wie beendet? Das war bestimmt gelogen. Glaub mir, Männer beenden ihre Ehen fast nie von sich aus – dafür sind sie zu faul. Und wenn doch, wollen sie schön bequem gleich in die nächste Beziehung rutschen.»
    «Das könnte er ja jetzt.»
    «Spinnst du? Du hast gerade mal eine Nacht mit diesem Mann verbracht und weißt noch nicht mal, ob er dich überhaupt wieder sehen will – und da stellst du schon seine Ehe infrage? Findest du nicht, du solltest die Sache etwas langsamer angehen lassen?»
    «Die Diskussion hatte ich erst neulich. Dafür bin ich einfach nicht der Typ.»
    «Du weißt, dass ich dir als Freundin sagen muss, dass du höchstwahrscheinlich gerade in dein Unglück rennst. Also, ich appelliere an deine Vernunft und Lebenserfahrung und gebe dir den dringenden Rat: Finger weg! Dass in Liebesangelegenheiten der gute Rat nie der ist, der befolgt wird, weiß ich allerdings selbst. Hätte ich sonst ein halbes Jahr an den Volltrottel Lars verschwendet?»
    «Wir haben dich alle gewarnt.»
    «Das hat nichts genützt. Sag ich ja. Ich war eben verliebt. Und das bist du anscheinend auch.»
    «Mmmmh.»
    «Und wie war die Nacht? Eine ehrliche Antwort, bitte. Wir wissen beide, dass erste Nächte nur deswegen so schön sind, weil man sie schön finden will und deshalb mehr als großzügig über diverse Mängel hinwegsieht.»
    «Es war schon toll und absolut einzigartig, aber ich hätte gedacht, dass ein Mann in seinem Alter etwas mehr Erfahrung mitbringen würde.»
    «O Gott, ein Stümper? Oder wie unser Freund Paul zu sagen pflegt: eine Niete am Laken?»
    «Nein, so schlimm ist es nicht. Aber man merkt, dass er sich nie viel Mühe geben musste. Wenn einer ansonsten erfolgreich, wohlhabend, klug und gut aussehend ist, reicht am Laken wahrscheinlich Standard. Es kann natürlich auch sein, dass ihn seine Ehe phantasielos im Bett gemacht hat. Vielleicht haben die beiden mit den Jahren ein bestimmtes Programm entwickelt, zu dem er die Alternativen vergessen hat.»
    «Verstehe. Ich nehme an, du hast ihm trotzdem das Gefühl gegeben, das sei die überhaupt beste Nacht gewesen, die du jemals erlebt hast?»
    «Logisch.»
    «Wir sind selbst daran schuld, dass es so viele durchschnittliche bis lausige Liebhaber gibt. Irgendwann hat eine blöde Kuh den ersten Orgasmus vorgetäuscht und damit eine Lawine losgetreten. Einen Versager im Bett haben, aber stöhnen, bis die Polizei kommt. Es ist im Grunde genommen wie mit Hannelore und mir.»
    «Du hast deiner Schwiegermutter einen Orgasmus vorgetäuscht?»
    «Quatsch. Aber seit ich mit ihrem Sohn verheiratet bin, schenkt sie mir zu jedem Geburtstag zehn Gläser selbst gemachtes Quittengelee. Hätte