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Höhepunkte

Höhepunkte

Titel: Höhepunkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Bewunderung gehörte Fedor. Intuitiv spürte sie, daß er einen eigenwilligen, ihm allein gehörenden, kompromißlosen Weg ging, der in Neuland führte und neue Horizonte künstlerischer Darstellungsmöglichkeiten aufriß, während Niki als bewunderter, renommierter Bohemekünstler den Zeitgeschmack traf, wenn er auch mit seiner erotischen Freizügigkeit ein bißchen schockierte. Niki blieb im Vordergründigen, im Plakativen. Er redete sehr viel über sich und seine Werke - und Fedor schwieg.
    Für Fedor und seine rücksichtslosen Provokationen war die Welt noch nicht reif.
    Inzwischen begann er sich mystischen Themen zuzuwenden und arbeitete an einem Kreuzgang-Zyklus, obwohl er sich eigentlich zum Atheismus bekannte. Er malte in derben, waghalsigen Linien, verzichtete auf Feinheiten und suchte die Expression. Blau-Schwarz-Farbkombinationen bestimmten diese Phase.
    Lisa sagte einmal: »Es sieht aus, als wären all die Leute, die du malst, einander fremd, obwohl sie in ein Bild gehören. - So stelle ich mir die Erlösung nicht unbedingt vor.«
    Lakonisch erwiderte Fedor: »Ich auch nicht.«
    Sie konnte mit dieser Antwort nichts anfangen, fragte aber nicht nach, da ihr seine gefurchte Stirn verriet, daß er in Ruhe gelassen werden wollte.
    Freilich war Fedor kommerziell absolut nicht erfolgreich. Als Suchender führte er eine typische Hungerleider-Existenz. Zeitweise fütterte ihn Lisa richtiggehend durch. Niki hatte überhaupt keinen Überblick über seine Finanzen, konnte sich aber jeden Luxus leisten. Lisa fand nichts dabei, auch für Fedor einzukaufen. Sie brachte ihm oft einen Korb mit Butter, Brot, kaltem Huhn, Pastete, Würsten, Wein, Bier und Kuchen und gab vor, es für ein gemeinsames Picknick - wenn sie draußen arbeiten wollten - mitgenommen zu haben, obwohl die Mengen für sechs Personen mit Heißhunger gereicht hätten. Fedor schwieg dazu. Er bedankte sich nicht, aber ebensowenig hätte er gefordert oder gebeten.
    Unterdessen kühlte Nikis Eifersucht ab und loderte wieder auf. Es schien ihm in erster Linie um die Szene und nicht um Lisas Liebhaber zu gehen, wenn er zu rasen anfing. Freilich erfuhr er, daß sein Erzfeind der große Rivale war. Zweimal wies er Lisa die Tür, doch sie war noch im Flur, als er sie wieder zurückrief. Niemand in Schwabing verstand, wieso er Lisa, die ihn doch offensichtlich betrog, nicht endlich hinauswarf, zumal er Frauen gegenüber nicht besonders liberal war. Aber das tat Niki nicht.
    Dieser spektakulären Affäre wegen, die in jeder Hinsicht öffentlich stattfand, war Lisas Name plötzlich in aller Munde.
    Lisa kam es so vor, als wären Reitenau und Neuherrenach Orte hinter der Milchstraße. Manchmal zuckte sie bei dem Gedanken, ein Kind zu haben, zusammen. Irgendwann mußte sie davon geträumt haben...
    Eines Nachmittags, als sie für Fedor wieder Modell lag - als nackte Maria Magdalena -, schickte sie ihre Gedanken spazieren. Unvermittelt fragte sie ihn: »Hast du je einen Menschen geliebt, Fedor?«
    Wenn er arbeitete, hörte er immer nur mit halben Ohr hin. Es wunderte sie deshalb nicht, daß er nicht antwortete.
    »Ich schon. Aber das ist wie in einem anderen Leben«, fuhr sie fort. Fedor warf ihr einen prüfenden Blick zu und zog dann eine strenge Gerade übers Papier.
    Lisa lag still. Ein paar unzusammenhängende Bilder zogen durch sie hindurch. Sie wurde dösig und wäre fast eingeschlafen. Dann hörte sie, wie Fedor sich ein Glas Wein einschenkte und von drei Metern Entfernung seine Schöpfung betrachtete. »Stell dir vor«, sagte sie, »dort, wo ich herkomme, habe ich den Pfarrer verführt - den Pfarrer! Unseren Heiligen. Wenn’s nicht so schnell gegangen wäre, hätt’s mir richtig Spaß gemacht. Ob irgend jemand dahintergekommen ist?«
    Sie erwartete keine Erwiderung. Fragen, die ihm nicht paßten oder ihn nicht interessierten, ignorierte er.
    »Du hast dunkle Augen heute«, sagte Fedor plötzlich.
    »Was?«
    »Ja, deine Augen sind heute dunkel. Schwermütig. Zu weich für eine Maria Magdalena.«
    »Ach was. Du malst sowieso nie mich, du benutzt mich. Du schaust mich an, aber was du aus mir machst, bin nicht mehr ich.«
    »Ich male das Bedrohliche in dir.« Und dann sagte er ganz hart: »Du bist verschlingend.«
    Einen Moment war sie betroffen. »Das ist nicht wahr!«
    Fedors Blick, eben noch dunkel und bohrend, Schalen sprengend, hellte sich auf. Er stellte das Weinglas fort. Ein unsichtbares Lächeln des Erkennens huschte durch seine Augen. »Widersprich

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