Höhepunkte
sich an und küßten sich bei jeder Drehung, jeder Beuge, jedem Wiegeschritt.
Die beiden gewannen nicht, obwohl sie gute Tänzer waren. Sieger wurde ein anderes Paar: Der Mann hatte einen Wecker auf seiner Glatze festgebunden und die Kopfhaut mit Zahlen vollgeschrieben. Er hatte Karottenhosen in Übergröße an, dazu rosa Schuhe mit Spikes vorne drauf und ein lavendelfarbenes Hemd und Jackett. Seine Partnerin trug ein enges trägerloses Kleid, mit dem sie sich in die Herzen der Männer im Publikum wabbelte. Der krönende Augenblick kam bei einer wirbelnden Pirouette, bei der sich durch die Fliehkräfte das Oberteil ihres
Kleides löste und zwei füllige Brüste freigelegt wurden, groß, bebend, nackt und bloß wie ihr Kopf.
Später gingen Delores und Ana Maria auf die Damentoilette, die voll war von Frauen mit und ohne Glatze, die sich mit allem gebotenem Ernst daranmachten, ihren Lidstrich, das Mascara und den Lippenstift aufzufrischen. Sie setzte sich vor den Spiegel, um sich auch frisch zu machen, und sah mit Genuß dem Kommen und Gehen dieser jungen, hübschen Frauen zu, die darauf aus waren, junge Männer kennenzulernen und Spaß zu haben.
Wenn die Tür aufging, drang ein Schwall lauter südamerikanischer Bigbandmusik in den Raum, in den Kloboxen machten die Damen Pipi, überall schwer der Duft von Chanel No. 5, von Sen-Sen, Kaugummis, die in Mündern schnalzten. Kubanische und puertorikanische und irische und italienische Mädchen in einer Reihe vor den Schminkspiegeln, Mascara und Rouge auflegend und sich die Lippen nachziehend. Frauen, die sich die Röcke richten und die Strumpfhalter geradeziehen, dicke mondweiße und honigfarbene Schenkel im gleißenden Licht.
Und Stimmen:
»Ich sage dir, Schätzchen, ein paar von den Männern da, wauu! Der Junge geht ran wie der Teufel, grad erst hab ich ihn kennengelernt, und schon klopft er mit seiner Latte bei mir an.«
»Findest du, daß ich gut aussehe, ich meine, wie, glaubst du, würd’s ihm gefallen, wenn ich mir das Haar so hochstecke?«
»Und er will, daß ich mit ihm nach San Juan komme, in ein Hotel da unten... Er zahlt und macht alles.«
»Und dann geht der Mistkerl mit mir spazieren. Ich hab ‘nen kleinen Schwips und möcht mit ihm ein bißchen draußen auf dem Parkplatz im Auto sitzen. Alles, was ich will, ist dasitzen und ein bißchen frische Luft schnappen, und auf einmal macht er sich über mich her, als hätt’ er noch nie ‘ne Frau gehabt. Ich kenn den Kerl gar nicht wirklich, weiß nur, er ist verheiratet, und ich schwör, unglücklich verheiratet, so wie der mich abgegrabscht hat... Wir raufen so eine Weile rum, dagegen hab ich ja noch nichts, aber ins Bett geh ich um keinen Preis mit einem Mann, wenn da nicht wirklich was läuft zwischen ihm und mir, du weißt, was ich meine? Und was macht er? Holt sein Ding aus der Hose und sagt: >Oh bitte, Süße, warum gibst du ihm nicht einen kleinen Kuß?< und >Oh, bitte<, zwinkert mit den Augen und führt sich auf, als hätt’ er die wildesten Schmerzen. Ich hab ihm gesagt, verpiß dich, und ihn im Auto sitzenlassen mit seinem Ding in der Hand, und dann, obwohl ich im Recht bin, ist er zwanzig Minuten später schon wieder auf der Tanzfläche und tanzt Cha-cha-cha mit ‘ner andern, und so, wie die ihn ansah, wett ich, daß sie sein Ding im Mund gehabt hat. Und ich kann allein in die Bronx fahren, den ganzen langen Weg mit der Linie 2 zur Allerton Avenue... «
»Jedenfalls, der Typ ist über eins neunzig und muß an die hundert Kilo haben, arbeitet bei der Stadt, verstehste, und... er hat ein Ding so groß wie mein kleiner Finger, was für ein Beschiß!«
»Man kann so schön sein, wie man will, es gibt immer noch ‘ne schönere.«
»Für ‘nen Ehering würd ich damit aufhören.«
»Ach, du meine Güte! Hat irgendwer ein Extrapaar Strümpfe dabei?«
»... Qué guapo der Sänger ist, was? Mit dem würd ich jederzeit ausgehen.«
»Nun, ich war schon mit ihm aus.«
»Und?«
»Das Herz würd er dir brechen.«
»Sein Bruder ist auch nicht übel.«
»Du sagst es.«
Sie erinnerte sich, daß sie wieder in den Tanzsaal zurückging, vorbei an den Schuhputzern, der dichten Reihe Männer, die wie verrückt ihre Zigaretten rauchten und versuchten, an einem offenen Fenster ein wenig frische Luft zu schnappen. Pärchen, die in Telefonzellen und Korridoren schmusten und fummelten, vo n weit weg kam die Musik wie durch einen langen, langen Tunnel: der Zupfbaß, das Schlagzeug, das Rasseln der Becken,
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