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Höhepunkte

Höhepunkte

Titel: Höhepunkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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über den Tisch zur Platte mit den tostones langte und alles hungrig runterschlang, mit geschlossenem Mund gurgelnd lachte, und nicht nur einmal unfein rülpste, mitten in einem Lachanfall, der ihm die Pupillen weitete und ihm Tränen in die Augen trieb. Ein Mann, der nur an sich selber dachte und sich immer mehr nahm, als ihm zustand: fünf Schweinskoteletts, zwei Teller Reis und Bohnen, ein Teller yuca, alles getränkt in Salz und Zitronensaft und Knoblauch. Eine Bandleader-Portion, das war sicher. Kein Wunder, daß der Sänger mit dem betörenden Aussehen eines hübschen Jungen schon einen Bauch und Hängebacken bekam! Und obendrein beschloß er, nachdem er sich den Bauch vollgeschlagen hatte, jedermann sonst am Tisch zu ignorieren und die ganze Zeit mit Ana Maria zu flirten und Süßholz zu raspeln. Dios mió , diese wölfische Gefräßigkeit an ihm war so typisch... Nestor war zurückhaltender, was ihr gut gefiel. Und er war sehr aufmerksam, schob ihr den Stuhl hin, hielt ihr die Tür auf und vergewisserte sich, daß sie alles hatte, was sie wollte. Möchtest du ein paar plátanos ? Etwas vom Hühnchen? Schweinskoteletts? Behandelte sie, als wäre sie genauso wichtig wie jeder von den Musikern... Sie mochte ihn und fand, er sei ein kultivierter Mann, eine poetische Seele, die Songs der Liebe schrieb. Sie war nervös, aber damals und dort beschloß sie, ihn mit ihr machen zu lassen, was er wollte. Da war etwas, das sie ungeheuer anziehend fand an seiner Förmlichkeit, seiner Zurückhaltung, seinem Schmerz.
    Später setzte Cesar Manny an der 135sten Straße ab, wo er wohnte, lieh sich von ihm den Wagen und brachte die beiden Schwestern nach Hause in die Bronx, eine gefahrvolle Fahrt, während der sich die Mädchen vor Angst an ihren Sitzen festkrallten, weil er ständig den Bordstein streifte, besonders auf dem West Side Highway Richtung uptown : von den Radkappen sprühten Funken, als er an den anderen Fahrzeugen vorbeibrauste, hupte und fuhr wie ein Betrunkener, obwohl er gar nicht betrunken war. Aber er brachte sie doch heil nach Hause und wartete im Wagen, während Nestor Delores und Ana Maria zu ihrer Wohnung begleitete. Delorita sollte sich später erinnern, daß sie sich wünschte, er würde ihr wenigstens einen netten langen Kuß geben, mit ein wenig Zunge dabei, aber er schien derart zurückhaltend und höflich, daß sie in dieser Nacht zu Bett ging und sich fragte: »Stimmt etwas nicht mit mir?« Und sie fragte sich auch, ob nicht sie es hätte sein sollen, die ihn an sich zog und ihre Zunge in seinen Mund gleiten ließ.
    Sie fingen an, miteinander auszugehen. Sie trafen sich an den Abenden, an denen die Mambo Kings nicht spielten, gingen chinesisch essen und fuhren dann downtown , um ins Kino zu gehen, zu Freunden oder zum Tanzen. Delorita sprach immer über die Bücher, die sie las, und den reichen Mann, bei dem sie arbeitete -»Er ist nett, aber er ist so reich, daß er unglücklich ist« - und er hörte still zu und hatte nie viel von sich zu erzählen. Er schien sich immer wegen irgend etwas Gedanken zu machen, aber er sprach nie darüber. Ein Mann, der in dich verliebt ist, sollte eine Menge zu sagen haben, dachte sie sich dann immer, aber da war etwas Schönes da drinnen, in dieser breiten Brust... Er sagte nie sehr viel, aber sie war sich sicher, daß er sich langsam öffnen würde. Und allmählich tat er es auch, erzählte von seiner Kindheit auf Kuba und daß er sich manchmal wünschte, er wäre nie von der Farm fortgegangen, weil er mehr für ein einfaches Bauernleben geschaffen war, wie er immer meinte.
    »Ich bin kein Abenteurer wie mein älterer Bruder. Nein, nein, ich war zufrieden damit, nachts draußen auf der Veranda zu sitzen, die Sterne anzuschauen und tranquilito, tranquilito dahinzuleben, aber so ein Leben war mir nicht bestimmt, ich war dafür bestimmt, hierher nach New York zu kommen.«
    Anfangs dachte sie, sein Schmerz sei ganz gewöhnliches Heimweh nach der ländlichen Umgebung und dem soviel einfacheren Leben. Sie glaubte, daß er kubanischen Landgeruch an sich hatte und daß an ihm kein Falsch war.
    Aber der arme Mann - sie stellte sich vor, daß ihm irgendwelche schrecklichen Dinge passiert waren, als er noch klein war. Er hatte ihr erzählt, als Kind auf Kuba sei er zumindest zweimal so krank gewesen, daß der Priester ihm die Sterbesakramente erteilt habe. »Ich erinnere mich an einen Priester in einem violetten Umhang, der über mir betete. Kerzen und Öl, das mir auf die

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