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Höhlenangst

Höhlenangst

Titel: Höhlenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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wäre nicht nötig gewesen. Ich bin nicht mehr beim Stuttgarter Anzeiger .«
    »Ach?«
    »Sie haben mir letzte Woche gekündigt. Wenn du mal die Gebrauchsanleitung deines Handys lesen würdest, dann wüsstest du, wie man eine SMS aufruft.«
    Richard vertiefte sich schlagartig in die Suche nach der Zigarettenschachtel. »Und warum haben sie dich rausgeworfen?«
    »Ein Missverständnis.«
    Richard zog die Brauen hoch, aber es war nicht zu entscheiden, ob ihn die Leere seines zerknitterten gelben Päckchens nicht doch mehr bekümmerte als mein Schicksal.
    »Na ja«, räumte ich ein und schoss ihm meine Zigaretten über den Tisch. »Ich habe die Arbeit verweigert. Die wollten, dass ich für die Serie ›Sonntagsarbeit‹ in die Landespolizeidirektion II gehe – Polizeipräsidium heißt die ja jetzt nach der Verwaltungsreform – und den Hanseln zugucke, wie sie sonntags die Bananen schälen. Das könnte ich auch beschreiben, ohne da hinzugehen, habe ich erklärt.«
    »Oje!«
    »Ist doch wahr! Das ist ein Job für Volontäre. Reine Schikane! Jedenfalls, das ging dann bis zum Chefredakteur. Und da der neu ist, hat er wohl gedacht, er müsste ein Exempel statuieren.«
    »Und du warst dir nicht zu fein, ihn zu beleidigen, aber zu fein, irgendetwas zu erklären, hm?«
    »Das erklärt sich doch von selbst. So kann man nicht umgehen mit einem vernunftbegabten Menschen!«
    »Lisa! Du hättest schon sagen müssen, dass für dich mit diesem Gebäude sehr …« Er zögerte kurz. »… sehr unangenehme Erfahrungen verbunden sind, um nicht zu sagen: traumatische. Und weil ich nicht ganz unschuldig daran bin, werde ich mal mit dem Verleger reden.«
    Mir fiel die Kinnlade runter. Richard, der für mich Beziehungen spielen ließ? »Ach nee, lass mal! Ich habe mich wirklich danebenbenommen.«
    Er zündete sich die Zigarette an und griff nach seiner Kaffeetasse. »Es tut mir Leid!«
    »Hättest ja mal anrufen können!«, sagte ich.
    Er hielt inne, die Tasse kurz vor dem ersten Schluck. »Warum?«
    »Weil …« Ich lauschte meiner Verwunderung. Sie hatte schrille Obertöne. »Verdammt, Richard, weil ich mir Sorgen gemacht habe.«
    Er lachte.
    »Haust einfach ab, und deine Büroschnepfe behauptet, du seiest wandern auf der Schwäbischen Alb. Und zu mir sagst du keinen Piep!«
    »Lisa, ich habe Urlaub.«
    »Die ganzen Pfingstferien? Da sind doch deine Kollegen dran. Du hast keine Kinder!«
    Richard nahm seinen Schluck Kaffee und verankerte seinen asymmetrischen Blick in meinem. »Der General fand, es sei an der Zeit, dass ich nach meinen Erfolgen mal ausspanne.«
    »Der Generalstaatsanwalt hat dich hierher geschickt? Damit du mit Schorstel Golf spielen gehst. Verstehe.«
    »Nein, du verstehst nicht.« Richard kreuzte die Beine und machte auf Tourist im Straßencafé von Florenz. »Den Schorstel kenne ich schon lange. Er ist studierter Jurist und hat sein Referendariat bei uns gemacht, bevor er in die Politik ging. Wir waren ein bisschen wandern. Er hat ja mit dem Truppenübungsplatz eine hochinteressante Aufgabe übernommen. Ein traumhaftes Stück Natur, Lisa. Da siehst du Schmetterlinge, das glaubst du nicht.«
    Und das sagte, wer im cognacfarbenen Dreiteiler vor mir saß, sich in einem Jugendstilhaus auf der Stuttgarter Halbhöhe einen Bechsteinflügel hielt, Sport nur in Studi os mit Maschinen betrieb und der genetischen Macht der Natur eher skeptisch gegenüberstand.
    »Aber Schorstel …«
    »Stopp, Lisa!«
    »Aber, Richard! Dein feiner Freund Schorstel lässt sich bestechen. Oder wie würdest du das nennen, wenn der Hauptgesellschafter dem Geschäftsführer das Gehalt vervierfacht und sich anschließend um einen Millionenauftrag bewirbt. Welchen Straftatbestand erfüllt das gleich noch mal?«
    Richard seufzte. »Du beziehst dich wahrscheinlich auf den Straftatbestand 299 StGB, Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr. ›Wer als Beauftragter eines geschäftlichen Betriebs im geschäftlichen Verkehr einen Vorteil als Gegenleistung dafür annimmt, dass er einen anderen bei gewerblichen Leistungen im Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge …‹ – man beachte den stilvollen Konjunktiv! – ›… wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.‹ Allerdings gibt es da ein kleines Problem.«
    »Und zwar?«
    »Der Hauptgesellschafter müsste den Großauftrag auch tatsächlich bekommen haben.«
    »Aber sobald er ihn hat, könnt ihr tätig werden. Zumal das genau in den Aufgabenbereich der

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