Höhlenwelt-Saga 03 - Der dunkle Pakt
und nichts garantierte ihnen, dass es dieses Mal nicht ebenso sein würde.
»Sie werden auf jeden schießen, der ihnen irgendwie gefährlich werden könnte. Ich würde sagen, wir haben vorhin ein wahnsinniges Glück gehabt. Wenn sie uns noch mal erwischen, dann ist es aus mit uns!«
Der Primas starrte Leandra an. »Und was sollen wir nun tun?«
Sie kam sich vor, als würde sie das Urteil über die Welt sprechen müssen. Nach ihrem Gefühl hatte sich innerhalb der letzten Stunden das Henkerseil um den Hals der Höhlenwelt verdammt weit zugezogen. Am Morgen noch waren die Drakken nur eine seltsame, schwer vorstellbare Bedrohung gewesen - etwas, das man bloß vom Hörensagen kannte und das noch weit entfernt war. Inzwischen aber waren sie hier, diese fremden Kreaturen, und Leandra zweifelte nicht daran, dass sie Mittel und Wege hatten, das zu kriegen, was sie haben wollten.
»Wir sollten da nicht hineingehen«, sagte sie und schüttelte mit Bestimmtheit den Kopf. »Alina hat gesagt, dass sie einfach in Torgard auftauchen konnten, mitten in Chasts Arbeitsraum oder in seinem Schlafzimmer. Sie sind bestimmt nicht unten durch die Gänge gekommen, so wie wir. Ich wette, sie sind auch hier oben. Ganz besonders hier oben! Das hier ist der Bereich, in dem Chast und andere führende Leute gelebt haben.«
Instinktiv trat der Primas einen Schritt von dem Mauerdurchbruch zurück. Er deutete in die andere Richtung. »Aber wohin sollen wir gehen? Da unten warten die Drakken auf uns - und dieser fremde Magier. Und hier oben warten sie auch...«
Plötzlich sah er, dass Leandra Tränen in den Augen hatte.
»Mein Kind«, sagte er erschüttert und trat zu ihr.
Sie beherrschte sich nur mühsam. »Vor kurzem dachte ich noch, ich würde immer gewinnen«, sagte sie und ihre Stimme zitterte leise. »Aber irgendwann verlässt einen das Glück dann doch, nicht wahr? Ich... ich weiß nicht mehr, was wir tun sollen!«
Der Primas sah sie betroffen an. Er selbst hatte Leandra einmal zur Heldin erhoben, zur Legende, da sie unüberwindlich gewirkt hatte. Im Augenblick aber war ihr hübsches Gesicht von Angst gezeichnet, und er wusste, dass das keine vorübergehende Schwäche von ihr war. Sie verfügte über ausreichend Verstand zu erkennen, wann eine Situation hoffnungslos wurde.
Aber er war kein Mann, der aufgab. Auch dann nicht, wenn alles aussichtslos erschien. Er wäre sonst nicht so lange Primas des größten Magierordens von Akrania gewesen. Leandra hatte der Mut verlassen -und jetzt war es an ihm, ihr wieder Halt zu geben.
Er holte tief Luft und blickte sich dann scharfen Auges um.
»Nun, hier gibt es Gänge genug«, stellte er fest. »Gehen wir noch weiter hinauf. Vielleicht finden wir einen Ausweg. Oder ein Versteck!« Diesmal nahm er Leandra an der Hand und eilte voran. Sie schniefte und ließ sich führen, offensichtlich dankbar, dass er jetzt die Verantwortung übernommen hatte.
Auch Leandras lokales Licht hatte er übernommen, in der ersten Iteration - einer Stufe, deren Wellenschlag im Trivocum er mit seiner Erfahrung und Kunst bei null halten konnte. Die zweite Stufe konnte er getrost vergessen, solange er Leandras Trick nicht kannte.
Sie eilten durch diese seltsame, zu Fels erstarrte Traumwelt. Je höher sie gelangten, desto steiler wurden die Anstiege, desto häufiger mussten sie klettern. Er spürte noch immer die Gegenwart des fremden Magiers, und er hätte viel darum gegeben zu wissen, wer das war. Der Mann (oder die Frau?) schien sich keine große Mühe zu geben, seine Gegenwart zu verbergen. Das bedeutete, dass er sich seiner Sache sicher war, Leandra und ihn, den Primas, zuletzt doch noch zu erwischen.
Aber Hochmeister Jockum hatte noch einen Trumpf in der Tasche. Niemand, der ihn nicht genauestens kannte, traute ihm die hohen magischen Fähigkeiten zu, über die er tatsächlich verfügte. In seiner Position war Magie nicht wirklich gefragt; er war Diplomat, Unterhändler und Repräsentant - ein Mann, dessen Fähigkeiten in der Organisation und der Führungsarbeit lagen. Genau genommen hatte er höchstens alle vier Wochen einmal einen Anlass, eine Magie zu wirken. Und wenn, dann ging es allenfalls um das Entfachen eines Kaminfeuers oder eine ähnlich gewöhnliche Tätigkeit. So gesehen bekam fast nie jemand eine Kostprobe seines Könnens mit.
Aber er hatte einer Magie Chasts widerstanden - damals, bei dem Kampf um Savalgor, als der Hohe Meister der Bruderschaft unvermittelt in der Stadt aufgetaucht war, um die
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