Höhlenwelt-Saga 03 - Der dunkle Pakt
Auslieferung von Leandra zu verlangen. Niemand hatte das so recht mitbekommen, was Jockum da vollbracht hatte; Chast galt zu dieser Zeit als der wohl mächtigste Magier in der ganzen Welt. Und er, Jockum, hatte Chasts Magie eingedämmt und am eigentlichen Ausbruch gehindert. Das hatte ihm wieder einmal bestätigt, dass in ihm noch immer die alten Kräfte schlummerten; jene Kräfte, mit denen er damals, zusammen mit Munuel und Ötzli, gegen den Dämon von Hegmafor gekämpft hatte. Auch der Kampf gegen die Drakken, den sie vor zwei Stunden ausgefochten hatten, war nicht eben einfach gewesen. Erstaunlich allerdings, was dieses einundzwanzigjährige Mädchen da vollbracht hatte - das musste eine siebte oder gar achte Iteration gewesen sein! So gesehen müsste sie, wenn sie sein Alter erreichte, noch weit mächtiger sein als er. Munuel hatte Recht gehabt: Sie war wirklich eine ganz außergewöhnliche junge Frau und besaß eine seltene Begabung.
Er fasste ihre kleine, zarte Hand fester, und es machte ihn plötzlich stolz, nun doch noch einmal die Führung übernommen zu haben - hatte sie doch zuvor ihn geführt wie einen Greis.
Er zog sie mit sich fort, mit sicherem Schritt voranschreitend, immer höher hinauf, immer weiter in die unbekannten Höhlen vordringend. Wer auch immer dieser Magier sein mochte, der sie da verfolgte, er sollte besser umkehren, solange es noch Zeit war. Aus einer Begegnung mit ihm, dem Primas des Cambrischen Ordens, würde er nicht als Sieger hervorgehen. Plötzlich blieb er stehen. »Riechst du das?«, fragte er.
Er hörte, wie Leandra leise schnüffelte. »Ja«, sagte sie langsam. »Ich kenne das irgendwoher...«
»Riecht wie in einem... Stall. Einem Mulloohstall«, sagte er. »Das riecht nach Kot!«
»Kot«, echote Leandra.
»Ja doch! Riechst du das denn nicht?«
»Doch«, sagte Leandra zaghaft. »Aber... wie sollen denn Mulloohs hierher kommen?«
»Ha«, rief der Primas leise aus. »Kein Mulloohkot... Drachenkot!«
»Drachenkot?«
»Richtig, mein Kind, Drachenkot! Das habe ich oft genug gerochen. Ich bin in einem Dorf im Westen aufgewachsen, ganz in der Nähe eines Stützpfeilers. Dort oben - an dem Pfeiler, meine ich - lebte eine ganze Kolonie von Sturmdrachen. Wir hatten als Kinder unseren Spaß daran, nach den dicksten Fladen Ausschau zu halten, die aus vier oder fünf Meilen Höhe zu uns herunter in die Tiefe platschten. Das tat immer Schläge! Weißt du, wie groß Sturmdrachen sind? Was die Burschen ablassen, wenn sie mal... müssen?«
In Leandras verweintem Gesicht war ein Anflug von Lächeln zu erkennen. Sie schüttelte den Kopf.
»Sooolche Scheißeklumpen waren das! Hm... Verzeihung«, fügte er leise hinzu. »Also... das hat ordentlich gerummst, sag ich dir! Wir haben uns immer überlegt, wie wir unseren Dorfbötcher dazu kriegen könnten, sich da drunter zu stellen. Er war nämlich ein Kinderhasser.«
Leandra nickte. Sie wischte sich mit dem Handrücken den Rest ihrer Tränen weg. »Aber... wie soll uns das helfen?«, fragte sie. »Drachenkot...«
»Ja, verstehst du denn nicht? Hier oben muss eine Drachensippe sein! Oder eine Kolonie!«
Leandra starrte ihn an und er wunderte sich, dass sie nicht ein bisschen schneller begriff.
»Ihr meint...?«
Er hob die Arme. »Du selbst hast mir erzählt, dass du die Drachensprache erlernt hast. Von diesem Sippenältesten ..., Makal...«
»Meakeiok.«
»Ja, richtig. Also, wenn an deiner Geschichte nur ein Fünkchen Wahrheit ist, dann müsstest du doch Kontakt mit einem Drachen aufnehmen können, oder? Könnte uns denn ein Drache nicht von hier wegbringen?«
Leandra hatte nicht mehr damit gerechnet, dass sie noch irgendeinen Ausweg hatten. »Ja«, sagte sie zögernd. »Also... das ginge vielleicht. Ich meine, die Drachen sind meine Freunde!«
Jockum nahm sie wieder an der Hand. »Komm, wir wollen uns beeilen!«
Sie liefen weiter, immer der Schärfe des Geruchs folgend, und erreichten bald einen Punkt, an dem sie wieder vor einem zugemauerten Gangende standen.
»Ist eigentlich klar«, jammerte Leandra. »Auch hier oben wird alles zugemauert sein. Sonst hätte ja jemand über diesen Weg nach Torgrad eindringen können!«
Jockum nahm sie bei den Schultern und schüttelte sie leicht. »Leandra! Was, beim Felsenhimmel, ist los mit dir? So kenne ich dir gar nicht! Wo ist dein Mut, deine Hartnäckigkeit, dein Überlebenswille?«
Sie stand nur mutlos da und schon wieder liefen Tränen über ihre Wangen.
»Geruch kann keine Mauern
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