Höhlenwelt-Saga 4 - Das magische Siegel
Shabibsjuwelen stammten, konnte sie nicht preisgeben, obwohl das ihren Wert zweifellos vervielfacht hätte.
Es war dunkel; sie streckte tastend die Hände aus, fand rechts
einen Kistenstapel und kauerte sich vor ihm nieder, um die Augen
an die Dunkelheit zu gewöhnen. Langsam schälten sich Konturen
aus ihrer Umgebung.
Lagerhallen zählten nicht zu den Gebäuden, in denen sie sich
allzu häufig aufhielt, aber diese hier war nicht anders, als sie es
sich vorgestellt hätte: ein hohes Gebäude mit schwerem Balkenwerk unter dem Dach, von dem zahlreiche Seile und Ketten herunterhingen, ansonsten weitere Stapel von Holzkisten verschiedener Größen und natürlich zahllose Fässer. Alles war nur schemenhaft zu erkennen, aber es gab genug Ritzen und Öffnungen in
den Wänden, um das Licht hereinzulassen, das sie für eine notdürftige Orientierung benötigte. Sobald sie ihre Umgebung besser
erkennen konnte, erhob sie sich und ging weiter in die Halle hinein.
Irgendwie konnte sie sich plötzlich nicht mehr vorstellen, dass
sich hier Leute verbargen, denn die patrouillierenden Drakken
waren nah. Geräusche in diesem Lagerhaus, dazu noch in der
nächtlichen Stille, waren draußen bestimmt gut zu hören. Sie sah
kurz nach dem offenen Torspalt und ging dann noch weiter in die
Halle hinein. Bald darauf erreichte sie eine freie Stelle, die von
riesigen Stapeln von Kisten, Kästen und Fässern umringt war.
Wenn sich jemand in dieser Halle versteckte, dann hier in der
Nähe.
»Ist hier jemand?«, flüsterte sie.
Die Antwort kam fast sofort. »Wer will das wissen?« Sie zuckte
vor Schreck zusammen.
»A… Andrina«, gab sie leise zurück. »Ich heiße Andrina. Ich suche etwas.«
»Und was suchst du?«
Nun hätte sie das Stichwort nennen sollen, aber das wagte sie
kaum auszusprechen. »Wer bist du?
Und… wo bist du?«, fragte sie stattdessen.
»Überall«, ertönte es leise und dann traten aus mehreren Richtungen dunkle Schatten auf sie zu.
Ihr Puls beschleunigte sich schlagartig. Es waren drei Männer,
die mit einem Mal um sie herum standen, jeder der Schatten war
größer als sie.
Plötzlich glomm ein schwaches, orangefarbenes Licht auf – eine
Öllampe mit winziger Flamme, die ihr vors Gesicht gehalten wurde. »Sieh an, was für ein hübsches Ding«, brummte eine Stimme.
Alina erschrak – diese Stimme kannte sie von irgendwoher.
Und wenn derjenige sie ebenfalls kannte, würde er wissen, dass
sie die neue Shaba war. Konnte sie das vielleicht doch als Vorteil
für sich nutzen?
Es mochte sein, dass sie für die Menschen von Savalgor tatsächlich so etwas wie einen Hoffnungsfunken darstellte, wenn sie
in Freiheit war.
»Für hübsche Dinger ohne Halsband gibt’s seit heute eine Menge Geld«, sagte eine andere Stimme.
»Habt ihr schon davon gehört?«
Mit leisem, gehässigem Lachen stimmten die anderen Männer
dem Sprecher zu. Alina wurde flau bei diesen Worten. Sie war
schon einmal entführt und verkauft worden.
»Ich… ich will ein Geschäft mit euch machen«, flüsterte sie
furchtsam.
»Ein Geschäft?«, hörte sie nun wieder die erste Stimme. »Was
glaubst du, was du hast, das du uns anbieten könntest? Deinen
süßen Arsch vielleicht?«
Verdammt! Alina biss vor Wut die Zähne zusammen.
Der Alte hatte sie beileibe nicht an einen Ort geschickt, an dem
sie Geschäfte machen konnte, sondern an einen, an dem man sie
abermals verschleppen, verkaufen und vergewaltigen würde!
Die aufkommende Wut in ihrer Brust verwandelte sich rasend
schnell in eine lodernde Glut. »Wer ist der Anführer von euch
Dreckskerlen?«, zischte sie zornig.
»Holla!«, hörte sie wieder die brummende Stimme.
Sie kam von dem Kerl rechts neben ihr, dessen Stimme sie zu
kennen glaubte. Er war sehr groß, wie sie nun sah. »Unsere süße
Mieze hat auch Krallen!« Im nächsten Augenblick fiel das schwache Licht der Öllampe auf sein Gesicht. Alina erstarrte.
Guldor! Ihr drohten die Knie nachzugeben. Das würgende Gefühl, das sie ergriff, war kaum weniger schlimm als die Momente
der Todesangst, die sie draußen vor der Halle durchlebt hatte.
Guldor – der Mädchenhändler!
Eine der verdorbensten Gestalten unter dem Licht der Sonnenfenster, ein Verbrecher ohne Skrupel, ein Abschaum, wie es ihn
wohl nur wenige Male in dieser Welt gab. Er war es gewesen, der
sie einst entführt und an Chast verkauft hatte; sie hatte Grund,
ihn fast noch mehr zu hassen, als sie Chast gehasst hatte! Ausgerechnet ihm musste sie in die Hände fallen!
»Ich
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