Höhlenwelt-Saga 4 - Das magische Siegel
Sie wünschte, sie könnte ihn mit
irgendetwas vor den Kopf stoßen, das ihn wirklich verstummen
und blass werden ließ. Doch sie fand keine Worte für den Hass,
den sie auf diesen Dreckskerl empfand. Er gehörte zu denjenigen,
die für ein paar dreckige Folint ihr Land, ihre Familie, ja sogar
ihren Glauben verhökert hätten.
Sie lag mit gefesselten Händen und Füßen in der Dunkelheit, auf
irgendeinem schmutzigen Lager. Man hatte ihr die Schmuckstücke und ihr Messer abgenommen, sie gefesselt und dann in irgendeinen finsteren Seitenraum verfrachtet. Sobald der Tag anbrach, hatte ihr Guldor höhnisch erklärt, würde er mit der Duuma
Kontakt aufnehmen und den Preis für sie aushandeln. Bevor er
sie auslieferte, würde er ihr noch mitteilen, wie viel sie ihm einbrachte. Dann waren die drei verschwunden.
Das Ganze war nun etwa drei Stunden her und Alina lag in
dumpfer Verzweiflung auf ihrem Platz, mit Tränen in den Augenwinkeln, und versuchte, ihrer Bitterkeit Herr zu werden. Was
würde sie erwarten, wenn die Duuma-Leute sie in der Gewalt hatten? Würde man sie öffentlich hinrichten? Oder nur zeitlebens
einsperren, um sie immer wieder triumphierend vorzeigen zu
können? Irgendwann hörte sie ein leises Geräusch, und es drang
Licht zu ihr. Die Tür des Raumes hatte sich geöffnet, aber sie
konnte den Kopf nicht weit genug wenden, um zu sehen, wer da
kam. Es schien ihr noch viel zu früh zu sein, um von Guldor geholt zu werden.
Das Gesicht des kleinen Dicken erschien über ihr. »Na, Mädchen, wie geht’s dir?«
Das Licht der Öllampe, die er hielt, war wieder sehr weit zurückgedreht, nur ein kleiner, orangefarbener Schein erhellte sein
Gesicht. Es trug einen freundlichen, wohlmeinenden Ausdruck.
Alina mahnte sich eindringlich, nie wieder auf so etwas hereinzufallen.
Das Licht wanderte weg. »Heb mal die Hände, ich will…«
Es kehrte zurück. »Bist du wirklich die Shaba?«, fragte er.
Sie atmete ruhig, studierte sein Gesicht und fragte sich, ob es
noch irgendeinen Sinn machte, jetzt etwas zu versuchen – wie
zum Beispiel, ihn irgendwie zu beeindrucken. Sie hatte kaum
mehr Mut.
Sie seufzte bitter. »Ja, ich bin die Shaba. Hilft mir das jetzt etwa irgendwie?«
Er erwiderte nichts, stellte die Öllampe auf den Boden und sah
kurz zur Tür. Dann drehte er die Flamme höher. »Ewig haben wir
nicht Zeit. Heb mal die Hände ins Licht…«
Alina hob den Kopf. Irgendetwas hatte er vor, das sie nicht verstand. Er nahm ihre Hände und begann, die Fesseln mit einem
großen Seemannsmesser aufzusäbeln.
»Was tust du?« stammelte sie verwirrt. Er wandte kurz den
Kopf, lächelte sie an und machte sich, als die Handfessel abfiel,
an ihren Fußfesseln zu schaffen.
»Warum machst du mich los?« fragte sie. Ihr Misstrauen konnte
sie nicht verbergen. »Du bist frei, Shaba«, raunte er leise. Seine
Augen blickten unruhig hierhin und dorthin, eine Züge waren von
einem unerfindlichen Grinsen überdeckt. Irgendetwas stimmte
mit diesem kleinen Kerl nicht so ganz.
Sie blickte ebenfalls zur Tür, aber dort herrschte nur Dunkelheit.
»Was ist?«, verlangte sie zu wissen. »Warum tust du das? Hat
Guldor dich geschickt?«
»Guldor?« Er lachte leise auf. »Guldor ist tot.
Ich hab ihn…« Er machte ein zischendes Geräusch und fuhr sich
mit dem Messer an der Kehle entlang.
»Verstehst du?« Ihre Fußfesseln fielen ab.
Alina schnappte nach Luft. »Tot? Guldor ist tot?«
»Ja. Bist du wirklich die Shaba? Ich kenn dich!«
Alina keuchte. Konnte das sein? Der Kerl hatte Guldor umgebracht, um sie zu befreien?
»Ich war im Roten Ochsen«, erklärte er grinsend.
»In der Küche, weißt du? Hab dich nur einmal kurz gesehen, vor
‘nem Jahr ungefähr.«
Alinas Kopf schwindelte. »Ist das… wirklich wahr? Er ist tot?«
»Tot wie’n Sack Mehl. Der steht nicht mehr auf.«
Er grinste.
Alina bekam Angst, dass sie die Nächste sein könnte. Sie zog
die Beine an und krabbelte ein kleines Stück rückwärts. »Was…
was hast du mit mir vor?«
Er hob beschwichtigend die Hände. »Gar nix – wirklich. Keine
Angst. Du bist frei.«
Sie wagte das nicht zu glauben. »Was willst du dafür?«
Er zog die Brauen hoch und hob unschuldig die Achseln. »Ich…?
Nix, nein. Du bist die Shaba.
Du… solltest nicht gefangen sein. Nicht die Shaba. Verstehst
du?«
Langsam bekam Alina eine Ahnung. »Die… Shaba sollte nicht
gefangen sein?«
Er schüttelte entschieden den Kopf. »Nein, sollte sie nicht. Ich
heiße Mattis. Matz, für meine
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