Höhlenwelt-Saga 4 - Das magische Siegel
Leandra und nahm
Victor an der Hand. Schräg gegenüber dem Haus blieb sie stehen,
so als erwartete sie nichts Gutes von ihm. »Ich und die sechs
anderen Mädchen. Hier fing alles an.«
Victor betrachtete das Haus. Es war inzwischen schon geradezu
berühmt, aber er hatte es noch nie gesehen. »Schau mal, da
kommen Leute!« Er deutete hinüber, wo sich im schmalen Eingang zum Roten Ochsen mehrere Personen versammelten. Und
plötzlich kamen zwei von ihnen auf sie zu. Es waren Caan und
Hamas.
Leandra stieß einen Schrei aus, rannte los und warf sich Caan,
ihrem alten Kampfgefährten, in die Arme. »He!«, brummte der.
»Wenn das keine Überraschung ist! Unsere kleine Kriegerin ist
wieder da!«
Leandra ließ ihn gleich wieder los und umarmte auch Hamas.
»Hamas! Was bin ich froh!« Sie ließ von ihm ab und betrachtete
ihn von oben bis unten. »Dir geht es ja wieder gut!«
Hamas lächelte schief und hielt den verbundenen rechten Arm
in die Höhe. »Es wird langsam wieder«, sagte er.
Nun kamen weitere Männer heraus – wenn auch zögernd, da ihre ersten Blicke unweigerlich auf die beiden Drachen fielen, die
nur zwanzig Schritte weiter hinten in der Gasse warteten, ungeduldig mit den Schwingen schlugen und mit den langen Schwänzen hin und her peitschten. Immer mehr Leute traten ins Freie.
Leandra erkannte viele Gesichter – Kampfgenossen aus den Tagen des Aufstands gegen die Bruderschaft. Sie schüttelte Hände,
tauschte Umarmungen aus; es war erleichternd, sich wieder in
den Schutz so vieler Gesinnungsgenossen zu begeben. Leandra
stellte ihren alten Freunden Victor und Quendras vor – den Primas kannten die meisten Männer bereits. Etliche Neugierige begaben sich zögernd zu den beiden Drachen und blieben ehrfurchtsvoll vor ihnen stehen.
Plötzlich traten Jacko und Hellami vor die Tür des Roten Ochsen
– und auch Yo war da. Leandra stieß ein Jauchzen aus und rannte
zu ihnen. Yo kam ihr entgegen und fiel ihr in die Arme, in unendlicher Dankbarkeit, dass sie wohlauf und in Freiheit war.
Hellami kam herbei und nach kurzem Zögern tat sie es Yo
gleich. Ein Stein fiel Leandra vom Herzen.
Ihre Freundschaft hatte Sprünge bekommen, aber Hellami
schien ihre Wut inzwischen wieder vergessen zu haben. Neben ihr
klopften sich Victor und Jacko unter rüden Anspielungen auf die
Schultern, sie hatten sich über ein Jahr nicht gesehen, dafür aber
ihre kleinen Rivalitäten in freundschaftlicher Wärme bewahrt.
Hellami trat zu Victor und knuffte ihn in die Seite. »Na, du Weiberheld?«, sagte sie. »Victor – Valerian – Vincent? Wie soll ich
dich nun nennen?«
Er lächelte sie unsicher an und streckte die Hand aus, um die
ihre zu schütteln. »Hallo, Hellami.
Schön, dich gesund wiederzusehen.« Sie ignorierte seine Hand
und umarmte ihn.
»Wie war’s mit Shabib?«, mischte sich Leandra ein und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Shabib?«, wiederholte Hellami.
»Na ja, dazu wird es nicht ganz reichen. Aber er wird immerhin
der Ehemann der Shaba sein. Er ist der Vater von Marie.«
Hellami ließ von Victor ab und starrte ihn mit großen Augen an.
»Du?«
Leandra hakte sich bei Victor unter.
»Ausnahmsweise kann er nichts dafür. Lasst uns erst einmal hineingehen. Es gibt viel zu berichten!«
Sie bat die Drachen, noch eine Weile zu warten, bis sie ihnen
die wichtigsten Neuigkeiten mitgeben konnte. Ein paar Männer,
angstvoll wie auch neugierig, wollten es übernehmen, für die Drachen Wasser zu holen und in große Bottiche zu gießen. Bald darauf saßen Leandra und ihre Freunde gemeinsam bei einem Nachtmahl an den Tischen im Roten Ochsen. Die Küche war noch immer rund um die Uhr in Betrieb, von fleißigen Helferinnen umsorgt, da das ehemalige Hurenhaus nach wie vor der wichtigste
Stützpunkt von Jackos Leuten war. Von hier aus stemmte man
sich ungebrochen gegen die Duuma und den korrupten Hierokratischen Rat. »Nachdem du geflohen warst«, berichtete Jacko,
»gab es eine Palastrevolte. Der Rat hatte uns zum Tode verurteilt, aber die Gefängniswache machte da nicht mit. Seitdem ist
Lambert mein bester Freund!« Er klopfte seinem Nachbarn so
heftig auf die Schulter, dass dieser ein Stück Fleisch, das er gerade kaute, wieder ausspuckte. Leandra erkannte ihn als den
Wachsoldaten, der sie damals so kommentarlos die Zelle hatte
wechseln lassen. Ein Grinsen erschien auf ihrem Gesicht, und einer plötzlichen Laune folgend, stand sie auf, ging zu ihm und
drückte ihm, unter zotigen Beifallsrufen der Anwesenden,
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