Höhlenwelt-Saga 4 - Das magische Siegel
wirken mag!«
»Wir haben berechnet…«
Rasnor warf die Arme in die Luft und wandte sich entnervt ab.
»Berechnet! Wenn ich das schon höre! Wie soll man denn so etwas denn berechnen können?«
»… berechnet«, fuhr der uCuluu ungerührt fort, »dass diese Gefahr nicht groß genug ist, um das Risiko eines verfrühten Angriffs
zu rechtfertigen.«
Rasnor schlug die Hände vors Gesicht und schüttelte den Kopf.
Es war hoffnungslos. Er erinnerte sich an sein erstes Gespräch
mit dem uCuluu, bei dem der Drakken noch erstaunlich viel Gemütsregung gezeigt hatte. Ja, er hatte sogar gespottet und Anspielungen geäußert… vielleicht hatte er da seinen dämlichen Gemütswurm nicht dabei gehabt – Rasnor konnte sich nicht mehr
erinnern. Aber ein heißes, wütendes Wortgefecht über den Unsinn
ihres Verhaltens wäre Rasnor viel lieber gewesen und hätte ihm
womöglich eine kleine Befriedigung verschafft. Inzwischen verhielt sich der uCuluu jedoch so unglaublich ignorant, dass es Rasnor den letzten Nerv kostete. Was ihm hier fehlte… das war ein
Mensch aus Fleisch und Blut, jemand, mit dem er sich nach Herzenslust streiten, dem er seine Wut ins Gesicht schmettern könnte. Selbst wenn es dieser dreimal verfluchte Victor gewesen wäre.
Plötzlich fiel ihm etwas ein. Er fuhr herum und starrte den uCuluu an. »Drei Tage, sagt Ihr? Drei Tage dauert es noch?«
Für Augenblicke glaubte er ein Aufblitzen in den Augen dieses
sturen Drakken gesehen zu haben. So als hätte er erkannt, dass
Rasnor irgendetwas im Schilde führte. Dann nickte der Drakken
leicht – schon wieder eine verblüffend menschliche Verhaltensweise. »Ja«, sagte er. »Drei Tage.« Rasnor nickte zurück. »Gut.
Dann habe ich drei Tage lang nichts zu tun, oder? Mir ist gerade
eine Idee gekommen. Eines eurer Flugschiffe und ein paar Mann
werde ich ja wohl bekommen, nicht wahr?« Noch einmal blitzten
die Augen des Drakken auf. »Was habt Ihr vor?«, fragte er.
3
Rückkehr zum Roten Ochsen
Es war schon dunkel, als Leandra zurückkehrte. Nerolaan tat ihr
zuliebe das, was Drachen sonst gar nicht gern taten: Er flog bei
Nacht. Dabei gebrauchte er seine Sicht auf das Trivocum, und
Leandra wusste nur zu gut, dass dies nicht mit dem normalen
Sehen zu vergleichen war. Der Blick durchs Trivocum zeigte die
Welt nur als rötliches Schemen und vor allem reichte er nicht allzu weit. Es war ein schlechter Ersatz, und für einen Drachen, der
sich meist schnell bewegte, eine gefährliche Sache.
Als sie nach ihrem Erkundungsflug die Wolkendecke wieder
durchstießen, gelangten sie in eine stille Welt, die von Sternenlicht durchflutet war.
Leandra atmete auf. Hier konnte selbst Nerolaan wieder gut genug sehen und musste vielleicht nur noch bei der Landung kurz
von seiner Sicht auf das Trivocum Gebrauch machen.
Bald darauf kam der Stützpfeiler in Sicht und wenige Minuten
später landete Nerolaan. Nur Victor war noch wach, alle anderen
schliefen schon. Er hatte eine Fackel bei sich.
»Was bin ich froh, dass dir nichts passiert ist«, sagte er erleichtert, als sie vom Rücken des Drachen glitt. Er nahm sie in die Arme.
»Ich hatte Glück«, sagte sie leise. »In der Stadt herrschen Nebel und Regen und Nerolaan fand einen Ländeplatz ganz oben auf
dem westlichen Monolithen.«
»Und? Hast du etwas in Erfahrung gebracht?«
»Ja. Ich habe einen Weg in den Hafen gefunden und dort einen
alten Mann und zwei Mädchen aufgetrieben, die sich in einem
Lagerschuppen versteckt hatten.«
»Versteckt?«, fragte Victor. »Das klingt nach Kämpfen.«
»Leider. Es gab eine Palastrevolte und der Hierokratische Rat
hat wieder einmal das Kriegsrecht über die Stadt verhängt.«
»Eine Palastrevolte? Bei den Kräften – Jacko und Hellami sind
dort noch im Kerker eingesperrt!«
Leandra nickte. »Ja, und Meister Fujima und Gildenmeister Xarbas auch. Ich mache mir Sorgen um sie. Es kann alles Mögliche
passiert sein.
Allerdings, der Rote Ochs scheint immer noch in der Hand von
Jackos Leuten zu sein.«
»Dann müssen wir jetzt gleich aufbrechen. Niemand dort ahnt
etwas von uns. Wir sollten möglichst vor Mitternacht dort eintreffen.«
Sie nickte und gab dem plötzlichen Wunsch nach, ihn zu umarmen. Wenn sie erst in Savalgor waren, würden sich ihre Wege
bald trennen müssen. Victor erriet ihre Gedanken. »Was macht
dich glauben, dass ich auf ewig bei Alina bleiben würde?«, fragte
er, um einen sanften Ton bemüht. »Ich liebe dich, und das wird
sie verstehen müssen.«
Leandra
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