Höhlenwelt-Saga 4 - Das magische Siegel
enden wollen, bis sie irgendwann vor Erschöpfung
eingeschlafen waren.
Danach träumte Roya vom Fliegen auf einem Drachenrücken;
manchmal war der Drache Alina, manchmal Tirao und einmal sogar dieser freche Marko. Immer war Roya nackt und immer war
das Fliegen wie ein halber Geschlechtsakt. Der Traum war aufregend, aber so anstrengend wie noch keiner, an den sie sich erinnern konnte. Als sie morgens aufwachte, war ihr Körper so erhitzt
und erschöpft, als hätte sie einen stundenlangen Marsch hinter
sich gebracht.
Alina lag noch immer bei ihr und sie glühte ebenfalls.
Sie blieben, ohne darüber ein Wort zu verlieren, noch sehr lange liegen, so lange, bis sie beide schon ein schlechtes Gewissen
bekamen und dachten, es würde höchste Zeit, an den Heimflug
zu denken.
Endlich standen sie auf.
»Wir sollten Ulfa noch einmal aufsuchen«, sagte Roya, als sie
beim Frühstück vor einem winzigen Feuerchen saßen. »Er muss
uns erklären, wie diese Sache mit den Drachen funktionieren soll.
Wir brauchen einen guten Plan, damit wirklich alles klappt. Und
damit du deinen Victor wieder bekommst.«
Alina sah auf. »Du… du denkst gar nicht, dass er Leandra gehört?«
Roya sackte ein bisschen in sich zusammen. »Doch, natürlich.
Aber auch dir. Ich… ich wünsche euch beiden, dass ihr glücklich
werdet.«
Alina streckte die Hand aus und drückte dankbar Royas Arm.
»Ich hätte nicht gedacht, dass mich überhaupt einmal jemand
aufzumuntern versucht. Ich meine, wegen Victor.«
Roya wirkte verlegen. »Am besten, wir hauen ihn zuerst einmal
dort raus. Die werden staunen in Savalgor, wenn wir mit tausend
Drachen daherkommen, meinst du nicht?«
Natürlich wünschte sich Alina nichts mehr als eine befreite Welt.
Aber sie fürchtete zugleich auch den Preis, der dafür zu zahlen
war. Es würde ein Krieg werden, wie ihn die Höhlenwelt noch
nicht gesehen hatte.
*
Als Leandra erwachte, lag sie in einem dunklen Raum, in Decken eingehüllt auf einem weichen Bett. Sie stöhnte leise auf. Das
wievielte Mal war es, dass sie so erwachte?
Auf einem Tisch brannte eine einsame Kerze, ansonsten roch es
wie in einem Krankenzimmer – nach Kräutern und Salbe. Man
musste sie gefunden und hierher gebracht haben.
Sie fühlte sich schwach und ausgelaugt, ihr Geist war wie in einem Dämmerzustand, ihre Muskeln zu kraftlos, um irgendeine
Anstrengung zu bewältigen.
Es war wie nach einer langen, schweren Krankheit, und sie hatte bedrückende Erinnerungen an solche Zeiten. Als sie versuchte,
ihre Gedanken zu ordnen und sich ins Gedächtnis zu rufen, wie
sie hierher gekommen war, war sie plötzlich froh, nicht in der
Lage zu sein, heiße Wut zu empfinden. Sie hätte reichlich Grund
dazu gehabt.
Es war wie die Krönung einer langen Serie von Misserfolgen,
Fehlern und Schicksalsschlägen.
Nicht genug mit all dem Pech – nein, nun war sie auch noch das
Heim für einen bösen Geist geworden: sie war besessen! Tränen
stiegen ihr in die Augen, und sie fragte sich, womit sie das verdient hatte.
Sie befürchtete schon, Sardin würde jetzt zu allem seinen
Kommentar abgeben, beispielsweise dazu, dass sie gerade verzweifelt weinte. Aber sie spürte nichts. Eine Weile horchte sie in
sich hinein, aber die Stimme meldete sich nicht.
Sardin?, fragte sie.
Keine Antwort.
Sie überlegte, ob er sie vielleicht aus Mitleid verlassen hatte;
aber nein, das passte nicht zu ihm.
Antworte mir, forderte sie. Und rede mit mir, solange ich noch
halb betäubt bin und nicht aus dem nächsten Fenster springen
kann.
Nun kam eine Antwort. Das würde ich nicht zulassen, sagte er.
Sie hätte beinahe aufgelacht. Das ist wohl das Einzige, was mir
jetzt noch bleibt. Und das lasse ich mir nicht von dir verbieten!
Diesmal zögerte er. Ich kann die Kontrolle über dich übernehmen!
Ein schwarzer Abgrund tat sich vor Leandra auf.
Waas?, schrie sie in sich hinein.
Was dachtest du?, kam die ärgerliche Antwort.
Standest du nicht selbst damals Limlora gegenüber, bevor du
sie getötet hast? Hattest du da etwa das Gefühl, sie wäre noch
Herr ihrer selbst gewesen?
Sie stemmte sich in die Höhe, so als könnte sie Sardin dadurch
in die Augen blicken. Das Zimmer war dunkel und leer. »Was…
was hast du mit mir vor?«
Beruhige dich, kam seine Stimme überraschend sanft. Ich werde dich in Frieden lassen. Es sei denn, du zwingst mich zu handeln. Aber das muss nicht sein. Also leg dich wieder hin, du bist
noch schwach. Im Übrigen möchte ich dir raten, nicht laut mit mir
zu
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