Höhlenwelt-Saga 4 - Das magische Siegel
drehten sie sich nun um die Achse ihrer Körper, eng umschlungen in der dunkelsten Stunde der Nacht und an
einem weit abgeschiedenen Ort. Hier waren sie mit sich und ihrem Wunder allein. Einer plötzlichen Eingebung folgend, ließ Roya
Alina los und streifte sich mit einer entschlossenen und fließenden
Bewegung ihr Unterhemd über den Kopf. Sie ließ es einfach in die
Tiefe fallen. Als sie Augenblicke später Alina wieder umarmte,
spürte sie sofort ihre nackte Haut. Alina hatte das gleiche Verlangen verspürt. Ihre Haut war warm und seidenweich, ihre langen
Haare wie die Liebkosung eines warmen Windes. Sie waren
Schwestern, waren es seit damals schon, und Roya spürte Tränen
des plötzlichen Glücks in den Augen. Noch vor Minuten war für sie
eine Welt untergegangen, und jetzt, mit einem Mal, hatte sie alles, was sie sich nur wünschen konnte. Plötzlich spürte sie Ulfa.
Sein schlanker, glatter Leib glitt zwischen den ihren hindurch, als
gäbe es dort keinen Widerstand; er umschlang und umstreifte
zitternd ihre Körper, dabei eine enorme, aufregende Hitze verstrahlend. Das körperliche Wohlgefühl steigerte sich abermals,
erreichte einen Höhepunkt, der eigentlich jenseits dieser Welt lag.
Roya keuchte hilflos. Sie hielt Alina mit Armen und Beinen umschlugen, hatte dabei das Gefühl, noch nie im Leben jemandem
so nahe gewesen zu sein. Plötzlich flossen Gefühle und Bilder
durch ihren Kopf. Bilder von Drachen, vom Fliegen durch enge
Bergtäler und an den Flanken steiler Felspfeiler vorbei. Mit einem
Mal glaubte sie zu wissen, wie sich Drachen fühlten, wenn sie
durch die Lüfte glitten. Auch der schwache Geruch nach heißem
Kupfer war jetzt da. Sie begann Alina zu küssen, vergrub das Gesicht in ihre Haare und empfand eine unendliche Dankbarkeit dafür, dass sich die Situation, die eben noch so unerträglich und
voller Trauer gewesen war, wunderbarerweise in Glück und Hoffnung verwandelt hatte.
Als sich der glühende Ulfa von ihnen löste und irgendwo in die
Nacht hinausschoss, wusste sie, dass sie die Freundschaft der
Drachen zurückerlangt hatten. Sie begann vor Freude zu weinen.
Bald darauf endete ihre Drehbewegung und sie spürte festen
Boden unter den Füßen. Ein rascher Blick sagte ihr, dass sie wieder auf dem Dach des Turmes angekommen waren.
Aufgewühlt ließ Roya sich niedersinken.
Alina saß ihr gegenüber, auf dem kalten Stein, in der Dunkelheit. Sie konnte sie kaum sehen. Roya hatte vor lauter aufschäumenden Gefühlen noch immer Tränen in den Augen.
»Du blödes Huhn! Du wolltest es wirklich tun«, maulte sie, aber
es lag mehr Erleichterung als Ärger in ihrer Stimme.
Alina seufzte und schüttelte den Kopf. »Ich… ich weiß es nicht.
Wirklich, Roya!«
»Aber du bist hier herauf gekommen!«
»Ja«, gab Alina zu. Doch dann lachte sie leise.
»Doch… sieh nur, was daraus geworden ist!«
Gleich darauf war Alina bei ihr und sie lagen sich wieder in den
Armen. Der Stein unter ihnen war kalt, aber die Umarmung war
warm und Alinas Haut fühlte sich an wie Seide.
Alina stieß einen seltsamen Laut aus. »Ich könnte jetzt… einen
Mann gebrauchen«, flüsterte sie.
»An so etwas habe ich auch gerade gedacht«, gab Roya zurück.
»So einen wie diesen Marko«, meinte Alina grimmig entschlossen. »Was hältst du von ihm?«
»Keine Ahnung. Denkst du, er würde uns beide schaffen?«
Alina lachte auf. »Spinnst du? Ich bin die Shaba!«
»Du meinst, du müsstest ihn mit niemandem teilen?
Dass du dich da mal nicht täuschst!«
Wieder lachte sie. »Er ist aber nicht da.«
Roya fand, dass Alina ein wundervolles Lachen hatte. Sie reckte
den Kopf und küsste sie auf die Wange. »Also gut«, flüsterte sie,
stemmte sich in die Höhe und zog Alina mit sich hoch. »Dann
eben ohne ihn!«
Sie ließ ein kleines, schwebendes Licht über ihrem Kopf aufflammen, nahm Alinas Hand und zog sie mit sich. Sie eilten über
die Stufen hinab, bis sie ihre Lager erreichten. Dort angekommen, ließen sie sich nieder, und wickelten sich in ihre Decken ein.
Roya fühlte sich wie elektrisch aufgeladen, spürte eine unbändige Lust in sich. Und sie mochte Alina nicht nur sehr gern, sondern
fand sie auch noch unerhört aufregend. Ob Alina ebenfalls durch
den geheimnisvollen Drachentanz so aufgeheizt war, wusste Roya
nicht – sie setzte sich jedoch nicht gegen das zur Wehr, was Roya
nun begann. Später dachte sie, sie hätten sich die ganze Nacht
lang geküsst und gestreichelt; es war wie ein Rausch, der nicht
mehr hatte
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