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Höhlenwelt-Saga 4 - Das magische Siegel

Höhlenwelt-Saga 4 - Das magische Siegel

Titel: Höhlenwelt-Saga 4 - Das magische Siegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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reden. Sonst könnte jemand auf die Idee kommen, du wärest
verrückt. Und würdest Stimmen hören.
Leandra stöhnte leise. Sie wusste nicht, ob Sardin das in der Art
einer irren Selbstironie gemeint hatte. In seiner Stimme schwang
ein gutes Stück Bitterkeit mit.
Augenblicke darauf öffnete sich leise die Tür.
»Leandra?«
Es war Victor. Ein halbes Wunder, dass er hier war, offensichtlich durfte er nach ihr sehen. Sie ließ sich wieder auf ihr Kissen
fallen.
Er kam herein, setzte sich auf einen Hocker neben ihrem Bett
und nahm ihre Hand. Sie seufzte dankbar. Er langte nach unten;
an einem Plätschern hörte sie, dass er ein Tuch in einer Wasserschüssel ausdrückte. Bald darauf fühlte sie eine angenehme Kühle
auf der Stirn.
»Wie geht es dir, mein Herz?«, fragte er besorgt.
„ »Es geht«, seufzte sie. »Danke. Wer hat mich gefunden?«
»Zwei treusorgende Drakken.« Er tupfte ihr die Stirn ab. »Sie
waren nicht weit von dir, dort oben auf dem Palastdach. Erinnerst
du dich nicht?«
Sie nickte. »Doch, natürlich.«
»Du hattest einen Nervenzusammenbruch, meint der Hochmeister. Kein Wunder bei dem, was dir alles passiert ist.«
Es tat ihr gut, dass er so verständnisvoll war.
Doch obwohl sie ihn nun gern bei sich gehabt hätte, musste sie
Victor für den Moment wieder loswerden. Die Gegenwart Sardins
war ihr so unerträglich, dass sie einen Weg finden musste, dass
er sie wieder verließ. Und zwar schnell.
»Victor, ich habe fürchterliche Kopfschmerzen«, log sie. Es tat
ihr weh, zu solchen Mitteln greifen zu müssen. »Würdest du mich
noch eine Weile schlafen lassen?«
»Ja, natürlich«, sagte er und erhob sich gleich.
»Brauchst du noch irgend etwas?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, danke. Ich rufe dich später,
wenn es mir besser geht.«
Er küsste sie auf die Stirn und verließ den Raum.
Leandra hasste das Gefühl, dass Sardin – ausgerechnet er! –
Zeuge dieser sehr persönlichen Geste geworden war. Wenn es
irgendjemanden gab, den sie auf keinen Fall an ihrem Gefühlsleben teilhaben lassen wollte, dann ihn.
Sardin!, schrie sie in sich hinein. Ich will, dass du mich wieder
verlässt! Auf der Stelle! Verlass meinen Körper! Ich kann es nicht
ertragen, dass du in mir bist!
Beruhige dich, Leandra.
Nein, ich will dich nicht! Ich will, dass du verschwindest! Ich
hasse dich, und ich halte es nicht aus, dass du in mir bist! Hau
ab!
Dieses Mal antwortete er nicht. Sie horchte in sich hinein, aber
da war nichts von Sardins Gegenwart zu bemerken. Was willst du
von mir?
Dass du dich beruhigst. Es führt zu nichts, wenn du jetzt durchdrehst. Ich soll nicht durchdrehen…?, kreischte Leandra in Gedanken, außer sich vor Wut. Sie beschimpfte Sardin mit allen Flüchen, die ihr nur einfielen, zählte ihm seine Verbrechen und Untaten auf, beschimpfte ihn wieder und wies ihm danach die Schuld
an zahllosen Dingen zu, bis hin zu ihrem persönlichen Unglück,
das sich heute offenbar bis in den Himmel steigern wollte. Sardin
schwieg nur.
Sie schrie und schimpfte weiter, tat es nur in Gedanken, krallte
dabei ihre Finger in ihr Kopfkissen, biss in ihre Decke. Sie wälzte
sich herum, und brüllte nur deshalb nicht lauthals ihre Wut in den
Raum hinaus, weil sonst Victor gekommen wäre. Sardin hatte
Recht: Er würde denken, sie wäre durchgedreht. Es sei denn, sie
sagte ihm wahrheitsgemäß, welcher Wahnsinn ihr widerfahren
war. Aber diese entwürdigende Schmach würde sie nie über die
eigenen Lippen bringen. Was willst du?, schrie sie zuletzt noch
einmal, als sie schon völlig erledigt war und ihre ganze innere
Kraft verbraucht hatte.
Als Sardin immer noch nicht antwortete, verfiel sie in hilfloses
Schluchzen, weinte ihr ganzes Elend in ihr Kopfkissen hinein und
dachte, dass sie wirklich am liebsten sterben wollte. Das, was ihr
widerfuhr, war einfach zu viel. Bald darauf schlief sie vor Erschöpfung ein. Der böse Gast hatte sich in irgendeinen abgelegenen
Winkel ihres Gehirns zurückgezogen und meldete sich nicht.
Wenn sie nur gewusst hätte, ob sie in solchen Momenten wenigstens halbwegs frei von ihm war! Oder kontrollierte er sie inzwischen schon so vollständig, dass sie überhaupt kein Maß mehr für
das besaß, was passierte und was Einbildung war?
Als sie wieder aufwachte, es mochten zwei oder drei Stunden
vergangen sein, fühlte sie sich ruhiger.
Sardin, sagte sie, rede mit mir.
Du scheinst dich beruhigt zu haben, hörte sie seine Stimme aus
ihrem Inneren.
Lebt Roya wirklich noch?, fragte

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