Höhlenwelt-Saga 4 - Das magische Siegel
Gefühle, ihren Hunger und Durst,
ihre Bedürfnisse spüren konnte. Allein der Gedanke, ihren Körper
mit einem Mann teilen zu müssen, ohne sich irgendwohin zurückziehen zu können, war schrecklich. Sie war praktisch ständig
nackt. Sardin versicherte ihr, dass er nur in einem winzigen Teil
ihres Geistes existierte und dort von ihr nichts mitbekam – aber
sie glaubte ihm nicht. Immerhin hielt er sich sehr zurück. Meistens musste sie ihn, wenn sie etwas von ihm wollte, mit Nachdruck dazu auffordern, sich zu melden. Das flößte ihr wenigstens
das Gefühl ein, dass er tatsächlich ein Stück entfernt war. Er
sprach kaum mit ihr und manchmal vergaß sie für Stunden seine
Gegenwart. Aber das Wichtigste war und blieb: Er äußerte er sich
nie zu ihren Gefühlen. Manchmal, wenn sie Victor sah, überkam
sie ein Gefühl der Sehnsucht und sie wollte ihn umarmen – hätte
sie nicht befürchtet, ständig Sardins Kommentare ertragen zu
müssen. Das hätte sie wirklich in den Wahnsinn getrieben. Leandra interessierte nur ein einziges Thema: Wann würde er sie wieder verlassen und was war es, das sie von den Drakken in Erfahrung bringen musste? Sardins Antwort darauf blieb jedoch stets
gleich. Sie sollte sich besser auf eine Zeit mit ihm einrichten; das,
was er wissen wollte, würde er ihr sagen, sobald sie das Vertrauen der Drakken gewonnen hatte.
Ihr Vertrauen gewinnen!, warf sie ihm wieder einmal vor, als sie
an einem Morgen erwacht war.
Sie war schlecht gelaunt und verspürte keine Lust, sich aus dem
riesigen Bett ihres fürstlichen Gemachs im Shabibsflügel zu erheben. Wie soll ich das schaffen? Sie wissen, dass ich gegen sie
gekämpft habe. Glaubst du, sie würden mir jetzt noch trauen?
Deswegen sprach ich von einer langen Zeit, die wir miteinander
verbringen müssen, antwortete er. Hab Geduld. Du wirst es
schaffen. Warum tust du nicht das, was ich dir riet? Das ist der
vielversprechendste Weg!
Mich Rasnor anbiedern?, maulte sie. Das bringe ich niemals fertig!
Du erstaunst mich, Leandra. Ich dachte, du würdest mich am
meisten hassen.
Dich habe ich nicht freiwillig gewählt, spottete sie. Bei Rasnor
müsste ich es tun.
Sardin schwieg. Er hatte es ihr schon ein Dutzend Mal empfohlen, aber sie weigerte sich mit aller Entschiedenheit. Sie wusste,
dass er sie vielleicht sogar eines Tages dazu zwingen würde.
Aber darauf würde sie es ankommen lassen.
Leandra brütete dumpf vor sich hin. Sie konnte sich nicht überwinden aufzustehen, denn der Tag bot ihr kein Ziel. Was Sardin
von ihr wollte, war eine unmögliche Aufgabe.
Was ist mit Roya und Alina?, verlangte sie zu wissen. Du sagtest, sie schmieden einen Plan gegen die Drakken.
Sie hörte einen spöttischen Laut Sardins. Was können die beiden schon gegen diese Übermacht tun?
Leandra schloss die Augen. Plötzlich war ihr ein vager Gedanke
gekommen. Für Momente noch versuchte sie ihn zu greifen –
dann hatte sie ihn. Einer neuen Gewohnheit folgend, setzte sie
sich auf. Du sagtest, du würdest ein Geheimnis der Drakken kennen. Eines, das du mir einmal verraten würdest und das ich gegen sie ausspielen könnte.
Richtig.
Leandra begann langsam und gleichmäßig zu atmen, brachte ihre ganze Konzentration auf. Also gut Ich schlage dir einen Handel
vor. Du sagst mir jetzt, was es ist, und ich werde dir helfen.
Sardin lachte spöttisch auf. Bist du von Sinnen?
Ich soll es dir jetzt sagen?
Traust du mir etwa nicht? Meinem Wort, dass ich dir helfen
werde? Du solltest wissen, dass ich Ehre im Leib habe. Im Gegensatz zu dir!
Unterlasse deine Beschimpfungen, ja?, beschwerte er sich. Außerdem geht es nicht darum! Falls du es nicht verstanden hast –
ich brauche die Drakken!
Ich brauche diese Antwort! Wenn ich dir ein Mittel in die Hand
gebe, sie zu vernichten, würde ich meine Antwort nie erhalten!
Leandras Herz begann schneller zu schlagen. Du weißt ein Mittel, sie zu… vernichten?
Er zögerte. Ja, behauptete er schließlich.
Sie wusste nicht, ob sie ihm das glauben sollte.
Ist es… der Kryptus? Das magische Siegel des Pakts?
Nein.
Sie nickte leicht. Also stimmt es, nicht wahr? Der Kryptus ist eine Täuschung.
Sie vernahm eine Art spöttisches Lachen. Eine Täuschung? Er
hat immerhin zweitausend Jahre lang funktioniert!
Darüber empfand sie keine Belustigung. Ich würde mein Leben
dafür geben, sagte sie, wenn ich einen Weg wüsste, unsere Welt
von dieser Drakkenpest zu befreien! Sag mir, warum du so verflucht eigensinnig bist, das nicht zu tun. Du bist
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