Höhlenwelt-Saga 4 - Das magische Siegel
eine
Faust hob und ihr zujubelte. Ja – so hatte sie sich bei ihrem ersten Drachenflug auch gefühlt. Als sie das Stadtgebiet von Savalgor verlassen und die beiden Drachen zügig an Höhe gewonnen
hatten, kam ihnen eine ganze Drachenschar zur Begrüßung entgegen. Es waren die übrigen Tiere von Nerolaans Sippe, die an
dem großen Stützpfeiler im Norden von Savalgor ausgeharrt hatten. Für einige Minuten flogen sie gemeinsam, dann drehte Nerolaans Sippe Richtung Westen ab. Der alte Drache teilte Leandra
mit, dass sie in ihre Heimat im Ramakorum zurückkehren wollten.
Lanianis und Meanak würden vorerst noch bei ihr bleiben. Er
selbst und seine Sippe wollten auf dem Rückflug nach Roya, Tirao
und dem jungen, verletzten Feuerdrachen sehen. Leandra dankte
Nerolaan und seinen Sippenmitgliedern mit aller Herzlichkeit für
seine Hilfe und verabschiedete sich. Dass Lanianis und Meanak
bei ihr bleiben würden, beruhigte sie, obwohl sie es gern gesehen
hätte, wenn die ganze Drachenstreitmacht in der Nähe von Savalgor ausgeharrt hätte. Aber Nerolaans Sippe war bereits seit
einer guten Woche von zu Hause fort und sie wollte die Hilfsbereitschaft der Drachen nicht über Gebühr in Anspruch nehmen.
Als die Mittagszeit kam und sie im Osten das Akranische Felsengebirge erblickten, dachte Leandra kurz an das, was nun in Savalgor auf dem Tagesplan stand: die Hochzeitszeremonie und
Alinas Krönung zur Shaba.
Ob sich dies allerdings wirklich so ereignete, war ungewiss.
Doch sie hatte an diesem Verlauf der Dinge ohnehin nichts ändern können. Was jedoch eher in ihrer Macht lag, das betraf das
Schicksal von Angadoor und ihrer Familie. Falls sie nicht zu spät
kam.
*
»Ihr… seid also wirklich Murmel?«, fragte Marko entgeistert.
»Also, ich…«
»Ja!«, knurrte der Mann, der sich bislang als Jerik ausgegeben
hatte. Mit weit ausladenden Schritten marschierte er die Gasse
hinab. »Der junge, gut aussehende Geliebte von Leandra!«, rezitierte er. »Der sie bei Thoo vor viertausend Dämonen gerettet
hat! Weißt du überhaupt, was allein ein Dämon anrichten kann,
Junge?« Marko bemühte sich, mit ihm Schritt zu halten. Der alte
Magier redete ihn nur mehr mit >du< an, was ihm überhaupt
nicht passte. Er fuchtelte mit den Armen in der Luft herum.
»Wenn Ihr ein so mächtiger Magier seid, warum habt Ihr uns
dann nicht einfach aus dieser Zelle herausgehauen! Dann kämen
wir jetzt nicht zu spät zur Hochzeit!« Munuel blieb abrupt stehen
und wandte sich seinem jungen Begleiter zu. Marko musste
scharf abbremsen, sodass Meister Izeban, der ihnen mit seinen
kurzen Beinen halb im Laufschritt gefolgt war, gegen seinen
Rücken prallte. Munuel warf ärgerlich die Arme in die Luft. »Wie
stellst du dir das vor, Dummkopf?«, schnauzte er. »Dass ich die
Gitterstäbe zerschmelze, ein paar Wachsoldaten umbringe und
wir anschließend unbehelligt auf diese Hochzeit gehen können?«
»Na ja«, meinte Marko großmütig. »Ihr hättet nicht unbedingt
jemand töten müssen. Eine Schlafmagie hätte genügt…«
Munuel stieß ein Ächzen aus, wandte sich um und nahm seinen
ungeduldigen Marsch wieder auf. »Eine Schlafmagie!«, rief er.
»Wo hast du das her, Junge? Aus einem Märchenbuch?«
»Nennt mich nicht immer Junge, ja? Ich bin Provinzkommissar
und Protektor von Nieder-Kambrum!
Außerdem…«
»Großartig!«, unterbrach ihn Munuel ärgerlich.
»Titel und Ämter! Du hattest wohl wirklich vor, in den Palast zu
marschieren und aus dem Stand heraus bei Alina um ihre Hand
anzuhalten, was? Bist du noch bei Sinnen? Hättest du deine
Phantasie ein wenig besser im Griff und diesen Wachmann nicht
geärgert, wären wir nicht in dieser Zelle gelandet, Junge!«
Der dunkle, anschwellende Klang eines riesigen Gongs breitete
sich über die Stadt aus. Kurz darauf folgte ein weiterer und noch
ein dritter Gongschlag.
»Die Mittagsstunde!«, rief Izeban aufgeregt. »Die Zeremonie –
sie beginnt!«
Die Straßen und Gassen waren wie leer gefegt und der alte Magier und seine Begleiter verfielen in einen leichten Laufschritt.
»Warum habt Ihr es so eilig… Munuel?«, rief Marko. »Jetzt ist es
doch ohnehin zu spät.« Nach einer kleinen Pause fügte er hinzu:
»Jedenfalls für mich!«
»Das erkläre ich dir später. Nun beeile dich.
Deine Sachen hast du dir ja geholt – vielleicht kannst du dich
doch noch nützlich machen!«
*
Ihre Hochzeit hatte sich Alina ganz anders vorgestellt. Ein Tag
des Hochgefühls, im Kreis von guten Freunden, mit
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