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Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Titel: Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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einfach
verschwunden. Ich habe ihr einen Brief hinterlassen, in dem alles
stand. Die Wahrheit.«
»Wirklich? Aber… das war doch, nun ja, sehr anständig von
dir.«
»Anständig? Du lieber Himmel! Ich hab sie im Stich gelassen.
Nachdem ich sie und ihren Großvater verraten hatte!«
»Sind sie denn in Schwierigkeiten geraten?«
Er schüttelte den Kopf. »Gott sei Dank nicht. Hier hat nie etwas
stattgefunden, weswegen man sie hätte belangen können. Allerdings…«
»Hm?«
Darius schnaufte. »Ihr Großvater hat einmal einen Abend lang
hier mit Kollegen diskutiert. Lautstark und unverblümt. Über seine Arbeit, seine Probleme und natürlich auch über seine Wut auf
die Behörden und die Drakken. Er ließ sich darüber aus, mit welchen Tricks er die viel zu knappen Mittel, die er erhielt, aufbesserte.
Daraufhin haben sie ihm natürlich die Forschungsgelder radikal
zusammengekürzt. So sehr, dass er seit Jahren fast nichts mehr
tun kann. Das ist meine Schuld.«
»Oh.«
Roscoe musterte Mai:Tau’Jui, von der er nur den Hinterkopf sehen konnte; der Rest wurde von ihrem Pilotensitz verdeckt. »Sie
ist so ein guter…«, er lachte leise auf, »… Mensch, hätte ich beinahe gesagt.«
Leandra nickte eifrig. »Ja. Ich verstehe, was du meinst.«
»Sie hat das nicht verdient. Ich meine, dass sie bespitzelt wird,
von wem auch immer. Und ausgerechnet ich habe es getan.«
»Aber ihr seid trotzdem Freunde geblieben?«
Er nickte schwer. »Das ist es ja, was mich so beschämt.
Eines Tages erreichte mich eine Nachricht von ihr. Sie lud mich
ein, sie zu besuchen, wenn ich einmal in der Nähe wäre. Ich
brauchte über ein Jahr, bis ich es gewagt habe.«
»Du liebst sie immer noch, nicht wahr?«
Er wandte sich ihr zu und schüttelte den Kopf. »Nicht so, wie ich
dich liebe, Leandra. Aber trotzdem… auf gewisse Weise tue ich es
wirklich noch immer. Sie ist der aufrichtigste und gutherzigste
Mensch, dem ich je begegnet bin.«
»Jetzt hast du tatsächlich Mensch gesagt«, lächelte sie. »Und
gutherzig. Sie hat zwei. Wie sagt man da zu so etwas…?«
Ihre Spitzfindigkeiten entlockten ihm ein erleichtertes Lächeln.
Plötzlich verlangsamte die Swish ihre Fahrt, und im Blickfeld
tauchte der Schwarm auf. Noch ein gutes Stück entfernt, aber die
zahllosen grauen Leiber der Leviathane, alle in eine Richtung weisend, waren unverwechselbar.
»Das ist er«, flüsterte Mai:Tau’Jui. Leandra wunderte sich, dass
selbst eine mit den Leviathanen erfahrene Frau wie Mai:Tau’Jui so
unwillkürlich zu flüstern begann, wo sie doch wissen musste, dass
nicht der lauteste Schrei bis zu den Wesen vorgedrungen wäre.
Sie löste ihren Gurt und trat nach vorn, neben die Ajhana.
Sie konnte den Wunsch nicht unterdrücken, ihr eine Hand auf
die Schulter zu legen, während sie gemeinsam nach draußen
starrten. Mai:Tau’Jui nahm es wie selbstverständlich hin.
»Du meine Güte, sind das viele«, hauchte Leandra. »Das ist mir
in Santavista gar nicht aufgefallen.«
»Der Schwarm heißt Choucita, nach seiner Königin. Es sind genau 45.617 Leviathane.«
Leandra warf einen Blick auf einen Holoscreen, auf dem alle Daten des Schwarms aufgelistet waren. »11.004 Jungtiere«, las sie
leise vor. »19.308 Erwachsene und 15.305 Alte. Wie werden die
denn eingestuft, Mai:Tau’Jui?«
»Alle, die noch keine Geschlechtsreife erlangt haben, also noch
Neutren sind, gelten als Jungtiere. Das geht bis zu einem Alter
von etwa 950 Jahren. Wenn sie über 2000 Jahre alt werden, zählen sie zu den Alten. Stell dir mal vor, Leandra – die waren alle
schon geboren, als es in deiner Welt zu diesem Dunklen Zeitalter
kam.«
Ein Schauer durchfuhr Leandra. Mit einem Mal überkam sie ein
Gefühl hilfloser Verzweiflung, als sie daran dachte, dass man
ständig über einzelne dieser gewaltigen Wesen Todesurteile verhängte und sie schlachtete. »Wo ist die Königin?«, drängte sie
plötzlich.
»Ich muss mit ihr reden!«
Sowohl Roscoe als auch Mai:Tau’Jui wandten ihr die Gesichter
zu. »Keine Bilder?«, fragte Roscoe vorsichtig.
»Du meinst, du kannst mit ihr wirklich… reden?«
Leandra fühlte, wie sie plötzlich eine starke innere Aufregung
packte. »Ich… ich weiß es noch nicht genau, Darius. Ich muss es
erst herausfinden. Können wir nicht näher an den Schwarm heranfliegen? Wir müssen die Königin finden.«
»Nicht nötig«, sagte Mai:Tau’Jui leise und deutete zum Panoramafenster der Swish. Ihre Stimme hatte zitternd geklungen. »Da!
Sie hat uns schon

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