Höhlenwelt-Saga 7 - Die Monde von Jonissar
meldete sich Marko, »dass die
Palastgarde sich da einspannen lässt? Dass sie ihre eigene Shaba
einsperren würde, nur auf so ein dummes Papier eines korrupten
Rates hin?«
»Wenn wir’s drauf ankommen lassen, könnt’s dumm ausgehn.«
Das war Matz gewesen. Alle starrten ihn an. Obwohl alles andere
als ein Stratege, war der kleine, rundliche Kerl anscheinend
durchaus berufen, das Gebot der Stunde auszugeben. Mit besorgter Miene deutete er auf Alina. »Du musst abhaun, Shaba. Wenn
du mal im Palastkerker sitzt, kriegen wir Euch da nich mehr
raus.«
Alina entfuhr ein bitteres Lachen. Noch immer sprang Matz in
seiner Anrede wie ein kleiner, unbedarfter Junge zwischen du und
Ihr und Alina und Shaba hin und her. Aber er war auch noch immer von Sorge um sie erfüllt. Matz, der Mörder… der damals mit
bemerkenswerter Kaltblütigkeit Guldor umgebracht hatte, um sie
zu befreien. An die Bluttat danach mochte sie gar nicht mehr
denken. »Muss ich wirklich fort?«, fragte sie mit Hilfe suchenden
Blicken. »Was wird aus der Stadt? Aus den Bürgern, die sich gerade von all dem Krieg und Kampf erholen? Aus den Häusern, die
wieder aufgebaut werden, und den Kindern, die wieder in die
Schulen gehen sollen?«
Jedem war klar, dass Alina in den letzten Monaten viel für Savalgor getan hatte. Sie hatte dem Hierokratischen Rat Mittel für
den Wideraufbau der Stadt abgetrotzt, den Armen geholfen, den
Handel belebt und das gesellschaftliche Leben in Schwung gebracht. Der Cambrische Orden war wiederentstanden, die Basilika
und der Palast wurden instand gesetzt, und die Gilden und Zünfte
hatten ihre Arbeit erneut aufgenommen. Und all das, während der
Hierokratische Rat in selbstsüchtiger Weise um seine Pfründe
stritt. Alina war ein einziger Glücksfall für die Stadt. Aber sie war
eine Shaba des Volkes, keine des Krieges.
»Du hast ein gutes Herz, mein Kind«, sagte Jockum väterlich
und nahm ihre Hände. »Und deswegen müssen wir alles daran
setzen, dass du Shaba bleibst oder wenigstens… es wieder werden kannst – später. Im Augenblick hast du keine Aussicht, gegen diese verruchte Bande des Rates anzukommen. Du musst
fliehen.« Er blickte in die Runde. »Wir alle müssen fliehen. Ich
befürchte das Schlimmste. Rasnor nimmt durch geschickte Manöver Einfluss auf den Rat. Prälat Uddrich ist nun der Wortführer,
und er macht ein enormes Geschrei. Die wenigen, die noch auf
unserer Seite stehen, wagen kein Aufbegehren mehr, aus Angst,
sie könnten aus dem Rat gedrängt werden, oder weil sie gar
fürchten, ihr Leben sei bedroht.«
»Und wohin fliehen? Nach Malangoor?«
Hochmeister Jockum wandte sich um, musterte die Tür hinter
sich. Alle folgten seinen Blicken. Dort lag die kleine Empfangshalle der Shabagemächer, und von dort aus gab es zwei Fluchtmöglichkeiten. »Entweder nach Torgard, durch den geheimen Tunnel
unter dem Badezimmer, oder nach Malangoor, durch das Stygische Portal«, sagte Victor. »Torgard ist kein wirkliches Versteck«,
wandte Yo ein. »Wir hätten allein schon Schwierigkeiten hineinzukommen. Die Gänge unter dem Meer sind überflutet, und das
Höhlensystem im Stützpfeiler ist längst nicht mehr geheim.«
»Aber Malangoor ist nicht sicher«, entgegnete Marko. »Rasnor
weiß, wo es liegt, und könnte es jederzeit wieder angreifen. Und
dann ist da noch… dieser Malachista.«
Betroffenes Schweigen legte sich über die Anwesenden. Es gab
ein düsteres Geheimnis, über das sie noch immer denkbar wenig
wussten. Rasnor hatte sich offenbar einen dieser dämonischen
Riesendrachen gefügig machen können. Ihr geheimer Stützpunkt
Malangoor, ein weit entlegenes Dorf in den Bergen des Ramakorums, lag unter der ständigen Bedrohung, dass diese Bestie dort
wieder auftauchte.
»Im Moment gibt es noch etwas Wichtigeres: Was ist, wenn
man uns verfolgt? Wie geheim sind diese beiden Fluchtwege?«
Alina schüttelte den Kopf. »Wir haben sie strengstens geheim
gehalten. Von der Dienerschaft weiß niemand davon, da passen
immer Jackos Männer auf, wenn hier sauber gemacht wird. Und
selbst unter denen gibt es nur…«, sie dachte kurz nach,»… vier
Leute, die Bescheid wissen. Aber auf die können wir uns verlassen.« Victor drängte sich nach vorn. »Ich entscheide das jetzt!«,
kündigte er an. »Torgard ist mir schlicht und einfach zu nah, und
vor allem: Es gehört nicht uns! Wer weiß, wer sich dort noch alles
herumtreibt. Am Ende irgendwelche übrig geblieben Bruderschaftler…«
Es
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