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Höhlenwelt-Saga 7 - Die Monde von Jonissar

Höhlenwelt-Saga 7 - Die Monde von Jonissar

Titel: Höhlenwelt-Saga 7 - Die Monde von Jonissar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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haben?«
»Es ist nicht Rasnors Einfluss oder seine Macht«, hörten sie eine
neue Stimme. Sie wandten die Köpfe nach links; Hellami hatte
sich zu ihnen gesellt. Sie trat zum steinernen Geländer des Balkons und stützte sich mit beiden Ellbogen darauf. »Ich bin hier
aufgewachsen, wisst ihr?«, meinte sie.
»Savalgor ist noch nie ein Paradies der Freundlichkeit und Güte
gewesen.« Sie schüttelte den Kopf. Ihr blondes Haar, zu einem
Pferdeschwanz zusammengebunden, reflektierte das Licht, das
aus den Fenstern zu ihnen drang, während ihr Gesicht, der nächtlichen Stadt zugewandt, fast völlig im Dunkeln lag.
Sie starrte versonnen hinab. »Nein, das hier ist ein raues Pflaster. Immer auf der Kippe zwischen leidlicher Rechtschaffenheit
und Rattennest. Zuletzt war es das.«
Alina nickte stumm. Leandra hatte ihr einmal erzählt, auf welche Weise Hellami damals in Guldors Gefangenschaft geraten
war. Ihr eigener Stiefvater hatte ihr mit einer Bande von Halunken aufgelauert und sie an den verruchten Mädchenhändler verhökert. Immerhin war das Scheusal Guldor jetzt tot. Sie selbst
hatte gesehen, wie er gestorben war.
»Es ist die Obrigkeit«, fuhr Hellami fort und sah sie an.
»Wenn die Obrigkeit korrupt und verdorben ist, halten es die
einfachen Leute nicht anders. Sie sagen sich: >Warum soll ich
ehrlich sein, wenn die da oben es auch nicht sind?< So beginnt
das ganze Drama.« Sie räusperte sich.
»Ihr wisst, dass ich nicht euch beide damit meine. Sondern den
Rat.«
Wieder nickte Alina. »Ja, du hast Recht, Hellami. Ich erinnere
mich. Damals, als der alte Geramon im Sterben lag, herrschte
unter seinen vier Söhnen ein gewaltiges Gezänk. Jeder wollte den
Thron für sich, und sie versuchten sich gegenseitig zu schaden
und zu unterdrücken. Es kann gut sein, dass Chast und seine
Bruderschaft diese Zeit nutzten, um in den Hierokratischen Rat
und die Ämter vorzudringen. Mit Schmiergeldern und anderen,
zwielichtigen Dienstbarkeiten ist das in solchen Zeiten nicht
schwer.«
»Und was hat das mit Rasnor zu tun?«, fragte Victor.
»Eben nichts«, erwiderte Hellami. In der Rechten hielt sie einen
bemalten Tonbecher, aus dem sie nun einen kleinen Schluck
nahm. »Es geht um diese Leute, die in hohe Positionen vorgedrungen sind.
Mögen sie damals Bruderschaftler gewesen sein – heute ist es
egal. Wer noch da ist und einen satten Bauch hat, der wird darauf
achten, dass es so bleibt. Diese Leute kümmern sich nicht darum,
wie es den Savalgorer Bürgern in zehn Jahren gehen wird. Wenn
sie heute eine Möglichkeit sehen, an zehntausend Goldfolint zu
kommen, dann holen sie sich diese Beute, egal, was es kostet.
Auch wenn es bedeutet, dass in einem Jahr irgendwo der Hunger
ausbricht. Das schert sie kein bisschen. Allein das ist der Grund,
warum Rasnor letztlich doch Macht und Einfluss hat.«
Alina atmete tief und langsam. Sie spürte, dass auch Victor an
sich hielt. Aus Hellamis Stimme sprachen leidenschaftliche Überzeugung und unterschwellige Wut. Die gegenwärtige Lage in Savalgor und Akrania war ihr ein Gräuel, und sie vertrat die Auffassung, man solle den Hierokratischen Rat auflösen, notfalls mit
Gewalt. »Rasnor wird noch immer Leute hier in Savalgor haben«,
fuhr sie fort, »vielleicht sogar noch den einen oder anderen
Freund unter den dreizehn Ratsherrn. In jedem Fall wird er ihnen
schmackhafte Angebote unterbreiten, darauf könnt ihr wetten.
Und da die Zeiten schon lange vorbei sind, da der Rat sich aus
rechtschaffenen Männern zusammensetzte, brauchst du bloß darauf zu warten, Alina, dass diese Kerle dir in den Rücken fallen.«
Alina schloss die Augen. Sie spürte, dass Hellami Recht hatte,
aber ihr fehlten die Mittel, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Gab sie den Befehl, den Rat aufzulösen, so stünde sicher
nicht die gesamte Palastgarde zu ihr, denn ihr Befehl war nicht
rechtens im Sinne der akranischen Gesetze. Und es hatte hier, in
den Mauern dieses Palastes, schon einmal eine Schlacht stattgefunden, in der die Soldaten gegen die eigenen Kameraden hatten
kämpfen müssen. So etwas wollte Alina nie wieder erleben.
Darüber hinaus wusste sie nicht, ob sie die Härte für eine solche
Entscheidung besaß. Es würde viele unschuldige Opfer geben.
Selbst unter den Ratsherren gab es welche, die man als gerecht
bezeichnen musste. Doch welche waren das? Alina hatte die
Übersicht verloren. Schon seit Tagen blieb sie den Sitzungen fern,
denn die Debatten wurden äußerst hitzig

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