Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hoelle aus Feuer und Eis

Hoelle aus Feuer und Eis

Titel: Hoelle aus Feuer und Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Stone. 
     
     
     

Kapitel 15
    Charitys Gesicht war voller Brandblasen, und aus ihren Fingern und Zehen war längst jedes Gefühl gewichen. Das Digitalthermometer an ihrem Handgelenk hatte es aufgegeben, die richtige Temperatur anzeigen zu wollen, und die Luft, die sie atmete, schnitt abwechselnd eisig und scharf wie gemahlenes Glas und dann wieder so heiß wie Lava in ihre Kehle. Die rückwärtige Wand der Zentrale hatte sich längst in eine bizarre Skulptur aus großen geschwärzten Brandlöchern und Stahl, der wie weicher Wachs unter der Wüstensonne zu bizarren Formen zerlaufen war, verwandelt. Skudder gab in regelmäßigen Abständen Schüsse aus seiner Waffe auf das Metall ab, und im gleichen Rhythmus schlug eine neue, grausame Hitzewelle nach ihren Gesichtern und den ungeschützten Teilen ihres Körpers. Irgendwo hinter der zerfetzten Wand brannte es; rot-orange Flammen, die Licht, aber keine Wärme in den verwüsteten Raum schickten, und in den letzten Minuten war der Läufer mehrmals aus dem Takt gekommen und einmal ganz stehengeblieben. Charity wußte nicht, ob es an den Beschädigungen lag, die Skudder mit seinem unablässigen Laserfeuer in den Kontrollinstrumenten hervorgerufen haben mußte, oder an den Außentemperaturen, die immer noch weiter sanken, obwohl sie den Grad des Vorstellbaren längst überschritten hatten. Sie wußte auch nicht mehr, wie lange sie schon hier hockten und gegen jede Logik noch am Leben waren. Leßter hatte behauptet, daß der Läufer allerhöchstens zehn Minuten brauchte, um den Rand der Todeszone zu erreichen, aber wenn, dann mußte auch die Zeit in diesem Teil der Welt gefroren sein, so daß sie viel langsamer und träger verstrich als normal. Sie waren noch zweimal angegriffen worden - einmal von einer ganzen Flotte jener kleinen, buckeligen Kampfschiffe, die den Gleiter mit einem Hagel von Laserschüssen überschüttet hatten, ehe die automatischen Abwehreinrichtungen der Riesenmaschine sie vom Himmel fegten, ein anderes Mal von einem Dutzend bizarr geformter Kettenfahrzeuge, die plötzlich aus dem Schneesturm vor ihnen auftauchten und den stählernen Koloß einzukreisen versuchten. Der Läufer hatte zwei oder drei von ihnen einfach zermalmt, ehe sich der Resi wieder zurückgezogen hatte. Charity wagte es nicht, auf den Bildschirm zu sehen. Es gab zwei Gründe dafür: Der eine war die Wand aus milchig-grauer, gefrorener Luft, die sich vor dem Läufer erhob und langsam näherkam - Leßter hatte behauptet, sie hätte nur eine Stärke von wenigen Dutzend Metern, und der Läufer könne sie durchbrechen, und sie hatten keine andere Wahl, als diese Behauptung zu glauben und ihr Leben darauf zu verpfänden, daß Leßter sich nicht irrte. Der andere Grund war Leßter selbst. In der Zentrale herrschten Temperaturen, die jedes Leben binnen Sekundenbruchteilen zum Erstarren bringen mußten. Leßter nicht. Seine Gestalt hatte sich in eine bizarre Statue aus Eis verwandelt, und wenn er sich bewegte, dann knisterte und klirrte es, als spiele jemand mit einer gläsernen Marionette, aber er lebte noch. »Wie ... lange ... noch?« stammelte Skudder. Die Worte waren kaum verständlich. Seine Zähne klapperten heftig, und als er wieder das Gewehr hob, um einen weiteren Schuß auf die Wand vor ihnen abzugeben, da gelang es ihm kaum, denn seine Hände waren erstarrt. »Noch ein paar Minuten«, antwortete Leßter. »Halten Sie durch.« Charity hätte gelacht, hätte sie es noch gekonnt. Aber sie wagte es nicht zu sprechen, denn sie hatte plötzlich die absurde Vorstellung, daß die Worte sich in kleine, scharfkantige Eisscherben verwandeln mußten, die ihr Zunge und Mund zerschnitten. Zitternd drängte sie sich enger an Skudder und Faller heran. Sie hatten den noch immer Bewußtlosen in eine halb sitzende Position aufgerichtet und sich eng an ihn geschmiegt, um sich gegenseitig mit ihren Körpern zu wärmen. Aber sie war nicht einmal mehr sicher, daß Faller noch lebte. Sein Gesicht war zu einer weißen Maske geworden, und der Stoff seiner Jacke war so hart, daß er zerbrach, wenn sie zu heftig dagegen drückte. Plötzlich änderte sich etwas im stampfenden Rhythmus der Schritte, mit denen der Läufer über das Land pflügte. Charitys Gedanken waren von einem Nebel aus Müdigkeit und Schwäche verwirrt, und sie spürte tief in sich eine verlockende Wärme, den immer stärker werdenden Wunsch, einfach die Augen zu schließen und sich fallenzulassen, keine Kälte, keinen Schmerz,

Weitere Kostenlose Bücher