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Hölle ohne Hintertür

Hölle ohne Hintertür

Titel: Hölle ohne Hintertür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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nicht. Aber deine
zynischen Witze sind jetzt nicht angebracht. Bei mir geht’s um Leben oder Tod.«
    »Und wie viel kostet das
Weiterleben?«
    »Äh... ich sitze ziemlich tief
in der Tinte. Alles in allem sind es 400 000. Aber«, sagte er rasch, »es würde
völlig genügen, wenn ich denen erst mal 100 000 rüberschiebe. Dann lassen sie
mir Zeit, bis ich... äh... meine Bilder verkauft habe.«
    »Von mir kriegst du die hundert
Riesen nicht.«
    »Dann 50 000, Alex. Rückzahlbar
in sechs Monaten.«
    »Nein.«
    »Ich bin schon auf dem Weg zu
dir.«
    »Bleib um Himmels willen, wo du
bist. Ich habe nichts mehr mit dir zu schaffen.«
    »Dann gib mir wenigstens Asyl.
Dass ich mich bei dir verstecken kann. Nur für eine Weile.«
    »Was? Sind diese Gangster dir
so dicht auf den Fersen?«
    »Meine Spur kann ich verwischen.
Das ist kein Problem.«
    »Verdammt! Verdammt! Warum
werde ich dich nicht los?«
    »Also, ich komme, Alex! Morgen.
Oder vielleicht noch im Laufe der Nacht.«
    Und wenn ich dort bin, dachte
er kalt wie ein Rechenautomat, dann finde ich auch einen Weg, um dein Konto zu
erleichtern, Bruderherz. Denn du bist blind, ziemlich hilflos, hast niemanden
zur Seite und wirst mich auch im Nachhinein nicht belangen, weil’s zu viel
Staub, nein Dreck aufwirbeln würde. Und ich weiß ja Bescheid über alle deine
Gepflogenheiten und kenne die engen Bahnen, in denen dein Leben verläuft.

7.
Durchblick
     
    Der Klünitzer See ist nicht
tief. Es reicht zum Ertrinken, aber ein Seeungeheuer hätte keinen Platz gehabt.
Wegen dieser Beschaffenheit war das Wasser schon im Juni sehr warm, und Klößchen
schwitzte regelrecht, als er sich durch die plätschernden Wellen wühlte. Oskar
schwamm neben ihm und stupste ihm ab und zu mit der Schnauze ins Gesicht, eine
Geste wahrer Hundefreundschaft.
    Auch Tim und Gaby schwammen
nebeneinander. Tims Freundin machte Rückenkraul und glitt nixengleich dahin.
Tim wechselte ständig die Schwimmlage, drosch das Wasser im Schmetterlingsstil,
kraulte bäuchlings oder bewegte sich als Delfin. Karl, der wegen seiner extrem
dürren Gestalt eine schlechte Wasserlage hat, war schon wieder an Land und gab
vor, die Klamotten zu bewachen.
    »Wetten, dass ich der
Schnellste bin«, rief ein kleiner Junge einem anderen zu. Beide lagen auf
Luftmatratzen, paddelten mit den Händen und hatten offenbar sportlichen
Ehrgeiz.
    Eine bedeutungslose Bemerkung.
Dennoch — eins der Worte setzte unter Tims braunen Locken eine Idee in Gang.
Die Erleuchtung kam so plötzlich, dass er für einen Moment jegliche Bewegung
einstellte und deshalb im Schmetterlingsstil absoff wie ein Ertrinkender.
    »Kannst du nicht mehr?«, rief
Gaby, als er wieder auftauchte.
    Er spuckte Wasser und lachte.
»Das kannst du mich fragen, wenn ich zweimal den Ärmelkanal durchquert habe —
ohne Pause.«
    »Angeber!«
    »Aber ein guter Schwimmer.«
    »Nicht so gut wie ich«, lachte
sie.
    Gott sei Dank ist sie wieder
fröhlich, dachte Tim und blieb dicht neben ihr. War richtig, dass ich den Mund
gehalten und an nichts mehr gerührt habe. Trotz Gabys unverständlicher Haltung.
Wo gibt’s denn das, dass wir uns nicht einmischen, wenn ein Unrecht sich anbahnt?
Aber jetzt ahne ich, was Sache ist. Jetzt habe ich’s geschnallt.
    Ein einziges Wort, nämlich wetten, hatte den Anstoß gegeben. Und Tim fragte sich, wieso ihm nicht schon vorher der
Kronleuchter aufgegangen war, denn Martin hatte schließlich einen stabilen Ruf
als der Wetter. Keine Situation, in der er nicht irgendwem anbot, wegen
irgendwas zu wetten. Wetten, dass es morgen regnet... Wetten, dass Dr. Sabine
Kunze-Liegenstatt, die neue Referendarin, morgen ihre grüngelb gestreiften
Leggins anhat... Wetten, dass der faule Otto diesmal in der Mathearbeit nicht
die übliche Fünf, sondern ‘ne Sechs kriegt... Wetten, dass... Es war nicht nur
für Schwester Gertrude nervend wegen des Längenwuchses der Fingernägel.
    Grashalme auf der Wiese kitzeln
einen an der Nase, dachte Tim, aber man sieht die Wiese nicht, sondern nur die
paar Wildblumen, um die sich die Bienen streiten. Martin ist der Wetter und mit diesem Tick hat er sich in die Senkgrube befördert. Wetter und Zocker
sitzen in einem Topf. Und wenn sie an Profis kommen, an die organisierten
Betrüger, die Falschspieler aus der Unterwelt, dann sind diese Opfer geliefert.
Es müssen die ganz, ganz Bösen sein, die diesmal am Zug sind. Gaby weiß es und
hat deshalb solche Angst. Wahrscheinlich wird sie bedroht. Mit einem Druckmittel
der

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