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Hölle ohne Hintertür

Hölle ohne Hintertür

Titel: Hölle ohne Hintertür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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besonderen Art. Und Martin hat noch mehr Angst. Da sind also nicht
irgendwelche Hinterzimmer-Falschspieler mit gezinkten Karten am Werk, sondern
gnadenlose Vollstrecker. Wer?
    Er ließ das linke Bein etwas
tiefer hängen und ein Schlingpflanzenfarn wickelte sich um seinen Fuß. Tim
befreite sich, schwamm flacher und rief Gaby zu, dass sie aufpassen solle.
    Die Zocker-Mafia, dachte er
dann. Ja, das ist der Gegner. Die Gambling-Inc., von der im Präsidium immer
öfters die Rede ist.
    Ob Gaby den Typen, den Vollstreckern, begegnet ist? Wahrscheinlich. Nein. Ganz bestimmt. Denn nur deshalb weiß sie
Bescheid. Martin — ob bewusstlos oder nicht, als er aufgefunden wurde — hätte
auch ihr gegenüber das verschwiegene Grab gespielt. Also ist Gaby, überlegte
Tim, persönlich bedroht worden. Garantiert. Aber nicht nur das. Denn wenn es
nur um ihre Sicherheit ginge, hätte sie nicht mit allem hinterm Berge gehalten.
Nein. Ans eigene Wohl denkt Pfote nie zuallererst. Also haben diese
Gesäßbratschen ihre Drohung ausgedehnt, erweitert, andere mit eingeschlossen —
solche, die Gaby am Herzen liegen. Blitzartig erinnerte sich Tim an ihre
verzweifelten Worte: Einmischung mache vielleicht alles nur schlimmer für
Martin und-wer-weiß-für-wen-noch.
    Für wen noch?, überlegte er.
Gaby weiß es. Vielleicht geht’s um Oskar. Oder um uns, ihre Freunde. Aber
kennen die Mafiosi uns — Karl, Klößchen und mich? Und wieder fiel ihm ein, was
Gaby vor längerer Zeit mal erzählt hatte, dass sie nämlich im Präsidium zwei
besonders üble Übeltypen gesehen habe, als die, mit Handschellen geschmückt,
zum Verhör gebracht wurden. Natürlich hatte Tim sich die Namen gemerkt: Luigi
Morolato und Bernd Vorderstein. Waren das die Kniescheibenzertrümmerer und
Fingerbrecher?
    Tim hatte seine Gedankenhütte
errichtet und wurde überkommen von dem wohligen Gefühl, dass alles stimmte.
Aber er wollte Gaby nicht fragen. Das hatte Zeit. Im Moment war ihre Gemütslage
noch zu dicht an Tränenstrom und Angstzittern. Aber morgen, wenn Chauffeur Hugo
das Geld brachte, die 68 000 Euro, dann war der richtige Moment zum Handeln.
    Vorläufig behalte ich alles für
mich, beschloss Tim. Er kraulte Gaby hinterher, die jetzt etwas Vorsprung
hatte, in Rückenlage einen Fuß aus dem Wasser streckte und ihm lachend damit
zuwinkte.

8. 5:05 Uhr
am Dienstagmorgen
     
    Die Messbold-Straße gehört zum
Weichbild der TKKG-Stadt, war noch vor Jahren das Ende der hiesigen urbanen
Welt gewesen, aber inzwischen nicht mehr äußerste Grenze. Jenseits des lichten
Wäldchens, das hier die Trennlinie bildet zwischen Stadt und Umland, hatte man
eine Siedlung mit kleinen, schmucklosen Häusern errichtet — im Rahmen eines
Sozialprogramms für unbemittelte junge Familien. Die Messbold-Straße war also
verlängert worden, aber im alten Teil sah und hörte man nichts von der
Siedlung. Noch im alten Teil befand sich eine Haltestation für die Busse der
Linie 28.
    Grundstück Nr. 62 lag nahe der
Haltestelle und grenzte westseitig ans Wäldchen, was weder Vor- noch Nachteile
mit sich brachte, im Herbst den Garten allerdings mit fremdem Laub füllte. Auf
der anderen Seite gab’s zwei brachliegende Grundstücke, die zwar lang, aber
sehr schmal waren. Die Eigentümer hatten kein Interesse an einer Bebauung. Das
führte dazu, dass Alexander Korlitzer keine Nachbarn hatte, denn ihm gehörte
Grundstück Nr. 62. Gegenüber wohnte eine Greisin, die körperlich fit, aber
geistig nicht mehr bei sich war. Die Einlieferung in ein Pflegeheim war nur
noch eine Frage der Zeit.
    Alexanders Haus — ein Bungalow
mit lilafarbenen Dachziegeln, war schmuck, hätte aber einen neuen Anstrich
vertragen. Um das 800 Quadratmeter große Grundstück wuchs eine Hecke. Im
letzten Winter hatten Schneemassen sie zu Boden gedrückt. Jetzt sah sie aus wie
gerupft, doch sie erfüllte ihren Zweck: Abschirmung und Auslauf für Alina. Es
gab auch ein Holztor mit Zufahrt zur Garage, die aus nahe liegendem Grunde
nicht zweckentsprechend genutzt wurde. Sie stand leer.
    Es war jetzt 5.05 Uhr am
Dienstagmorgen, der Himmel blau und der Sonnenaufgang pünktlich. In den Straßen
der TKKG-Stadt ruhten noch die Schatten der gerade gewesenen Nacht.
    Gunnar Korlitzer ließ seinen
alten Mercedes langsam durch die Messbold-Straße rollen. Der Kunstmaler hatte
vom Uro-Tal bis hierher keine Pause gemacht. Sechs Stunden Fahrt lagen hinter
ihm. Er fühlte sich zerschlagen, hatte Hunger und Durst und musste dringend

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