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Höllenengel

Höllenengel

Titel: Höllenengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thrainn Bertelsson
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Polizeidirektor berufen wirst? Dann
bedeutet das, dass dich keiner mehr bei der Polizei haben will.
Auch wenn es im Laufe der Jahrhunderte immer Veränderungen in
der Kriminalität geben wird, verändert sich doch die
menschliche Natur ausgesprochen wenig. Deine große
Schwäche ist, dass du glaubst, jeder, der nicht vorbestraft
ist, sei dir freundlich gesonnen und setze sich für dein
Wohlergehen ein. Das Leben wird dir schwergemacht werden, bis du
selbst um die Auflösung deines Vertrages bitten
wirst.«
    »Das glaube ich nicht«, sagte Víkingur.
»Warum sollte man mich loswerden wollen? Ich mache nur meinen
Job und versuche ihn so gut zu machen, wie ich kann, und damit
werde ich wohl kaum jemanden stören.«
    »Du bist zu selbstständig. Du bist von niemandem
abhängig und lässt dich von nichts anderem beherrschen
als von dem, was du Fairness und Gerechtigkeitssinn nennst ­
von dem viele nicht einmal wissen, was das ist. Man weiß doch
nie, auf welche Ideen so ein Mann kommt. Jetzt bin ich weg und habe
keine Ahnung, ob dieser neue Vorgesetzte von dir Interesse an
diesen seltenen Eigenschaften hat, die du hast. Wenn ja, dann ist
alles in Ordnung. Wenn nicht ...«
    Víkingur stand auf.
    »So, jetzt muss ich wohl los. Wir bleiben in
Kontakt.
    Das geht alles seinen Gang. Aber ich möchte dich noch etwas
fragen.«
    Lúðvík wartete die Frage ab und lächelte
dann, als er sie hörte: »Wo sich doch alles um Politik
und Interessen dreht ­ wie kam es dann dazu, dass du
Polizeipräsident wurdest?«
    Die Antwort folgte sofort: »Dafür gab es zwei
Gründe. Zum einen war mein Vater in der Bauernpartei. Weil ich
vermied, über Politik zu sprechen, vermutete man, dass ich ihr
auch angehörte.
    Zweitens hielt man mich für einen Vollidioten. Nachdem sich
das als Irrtum herausstellte, brauchten sie elf Jahre, um mich aus
dem Amt zu bekommen.«
    *****
    Wenngleich er geschwätzig war, konnte Þórhildur
nur zufrieden mit ihrem Schüler sein. Sveinn arbeitete schnell
und abgeklärt, seine Handbewegungen waren sicher und elegant,
schließlich hatte er vor seiner Spezialisierung Chirurgie
gelernt. Er ging so flink zu Werk, dass Þórhildur
nicht einmal während ihrer Ausbildung in Australien jemanden
gesehen hatte, der eine Autopsie in kürzerer Zeit
abschließen konnte. Sie sprach Sveinn darauf an. Er freute
sich offensichtlich über das Lob, denn Þórhildur
ging normalerweise sparsam damit um.
            
    »Es wäre doch interessant zu sehen, wie viele
Obduktionen wir an einem Tag schaffen können«, sagte
er.
    »Noch zwei warten vorne, ein Erhängter und ein
Ertrunkener. Wenn wir sie beide heute fertig machen könnten,
hätten wir den ganzen Tag morgen für die
Protokolle.«  
    »Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals drei Obduktionen
an einem Tag gemacht zu haben«, sagte Þórhildur.
»Sollen wir es nicht gut sein lassen und die anderen beiden
Autopsien bis morgen aufheben?«
    Aber Sveinn war nicht willens, schon aufzuhören.
    »Wenn du müde bist, kann ich mich noch um eine
kümmern, bevor ich nach Hause fahre«, sagte er.
»Ich habe Zeit. Mich erwartet niemand.«
    Þórhildur verzichtete darauf, zu fragen, warum ihn
niemand zu Hause erwartete. Sie erinnerte sich daran, dass er
einmal gesagt hatte, er lebe in einer kinderlosen Partnerschaft.
Die Partnerin schien entweder auf Reisen zu sein oder die Beziehung
war auseinandergegangen.
    Þórhildur hatte nicht genug Energie, um sich für
das Privatleben ihres Schülers zu interessieren. Sie hatte
genug mit ihrem eigenen zu tun.
    Jedes Mal, bevor sie sich einem weiteren Leichnam zuwandten, begab
sich Þórhildur ins Bad. Sie wusch sich die Hände,
steckte eine Hand in die Tasche ihres Umhangs und nahm die
weißen Tabletten heraus. Sie steckte sich zwei in den Mund
und spülte sie mit einem Schluck Wasser aus dem Wasserhahn
hinunter. Sie betrachtete sich gründlich im Spiegel. Nichts an
ihrem Aussehen war unnatürlich, außer dass ihr Ausdruck
so düster war.
    Sie versuchte zu lächeln, aber das Lächeln war falsch.
Sie hatte ein schlechtes Gewissen wegen ihres Mannes. Sie hatte ihm
Offenheit und Aufrichtigkeit versprochen und dass alles wieder so
würde, wie es war.
    Bald wird wieder alles, wie es war, dachte sie. Bis dahin muss ich
einfach so tun, als ob es schon so sei. Wegen Víkingur.
Seinetwegen muss ich mich behaupten. Ich bin kein Junkie, auch wenn
ich Medikamente nehme, um über den Tag zu kommen. Ich bin
Ärztin und weiß, was mir nicht schadet. Am

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