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Hoellenengel

Hoellenengel

Titel: Hoellenengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thráinn Bertelsson
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seines Arbeitsumfeldes waren,
war ihm nie in den Sinn gekommen, dass der Tag kommen könnte,
an dem er selbst zur Zielscheibe werden würde. Er war ein Kind
des Kalten Krieges und glaubte fest und unverbrüchlich daran,
dass genügend gute Waffen der beste Schutz gegen Gewalt und
Blutvergießen seien. Er hatte ehrlich gesagt den Gedanken nie
zu Ende gedacht, dass er eine Waffe zu etwas anderem einsetzen
könnte, als andere Menschen damit zu bedrohen.
    In Wirklichkeit hielt Baldur nicht viel von Gewalt, außer
natürlich in guten Kinofilmen. Er wandte Gewalt nie zu seinem
Vergnügen an, sondern nur fachlich gut ausgeführt im
geschäftlichen Zusammenhang. Er hatte früh gelernt, dass
Vorsicht unerlässlich ist. Die Grundregel ist, nicht zu
zögern, Gewalt einzusetzen, wenn es nötig ist, immer den
ersten Schlag auszuführen und mit mehr Erbarmungslosigkeit als
der Gegner zu agieren.
    Angriff ist einfach viel besser als Verteidigung.
    Baldur war nicht unbedingt in einer Angriffssituation.
    Irgendwo im Gras verbarg sich ein Feind, der seinen besten Freund
getötet hatte. Mit einer Armbrust.
    Statt näher zu betrachten, wer dieser Feind war und mit
welchem Anliegen er kam, blieb Baldur beim Wort
»Armbrust« hängen. Eine seltsame Waffenwahl.
Möglicherweise ein Wilddieb. Der einzige Vorteil, den eine
Armbrust bietet, ist, dass Polizisten oder Zöllner, die schier
durchdrehen, wenn sie irgendwo eine Pistole entdecken,
Armbrustschießen wahrscheinlich nur für eine seltene und
interessante Sportart halten. Der Grund dafür, dass nicht
jeder mit einer Armbrust bewaffnet herumläuft, ist der, dass
das Ding einfach viel zu schwer zu handhaben ist. Lauter als eine
Pistole mit einem guten Schalldämpfer, und dann braucht man
eine halbe Ewigkeit, um den Bogen für jeden einzelnen Schuss
zu spannen.
    Deswegen lässt sich der Feind nichts anmerken! Er kann den
Bogen nicht spannen, ohne sich zu verraten.
             
    Wenn er sich bewegt, sehe ich ihn, dachte Baldur.
    Ihm wurde plötzlich klar, dass er Oberwasser hatte.
    Dass er im Angriff war, nicht in der Verteidigung.
    Als er aufstand, um sich nach dem Armbrustschützen umzusehen,
ertönte ein Schuss. De facto zwei Schüsse, die fast wie
einer klangen, weil Karl und Ulrich nahezu gleichzeitig
abdrückten. Die erste Kugel durchschlug Baldurs Hosenbein und
er hätte ihre Hitze gespürt, wäre nicht Kugel Nummer
zwei in seinem Rücken zwischen den Schultern gelandet, um ihm
das Rückenmark zu durchtrennen, die Richtung zu wechseln, in
die Bauchhöhle katapultiert zu werden und in der Hüfte
zum Halten zu kommen.
    Baldur war tot, noch ehe sein Körper auf dem Boden landete,
neben Vampír, seinem Freund, der ihm vorausgegangen
war.
    Kaum war Baldur niedergesunken, sahen Karl und Ulrich, wie sich ein
blutiger Schädel grob geschätzt zwanzig Meter von den
gefallenen Kameraden aus dem Gras erhob und sogleich wieder
verschwand.
    *****
    Ulrich kam Nordpol zu Hilfe, stützte ihn auf dem Weg in das
Wohnhaus und suchte ohne Erfolg nach einem
Verbandskasten.
    Karl hob Nordpols Gesicht vom Boden auf, nahm es mit hinein und
brachte es im Kühlschrank in der Küche unter. Ulrich war
fast fertig damit, die Leiche Baldurs zum Laborgebäude zu
ziehen. Er lehnte Hilfe ab, sodass Karl sich rasch um den Hund
kümmerte.
    Nordpol hatte sich von dem Sofa gewälzt, wohin Ulrich ihn
gebettet hatte, war auf allen vieren ins Bad gekrochen und dann
aufgestanden, indem er sich am Waschbecken hochgezogen hatte. Seine
Verletzung war viel schlimmer, als er sich in Gedanken ausgemalt
hatte.
    Der Hund hatte ihm das Gesicht weggerissen. Die gesamte Haut und
alles Fleisch von der Mitte der Stirn bis zur Unterlippe waren
verschwunden. Keine Augenlider.
    Keine Nase. Keine Oberlippe.
    Karl kam zu ihm, wie er da stand und den Horror im Spiegel
betrachtete.
    »Dein Gesicht ist im Kühlschrank«, sagte
Karl.
    *****
    Es war bereits 06:51 Uhr, als Andrus und Frau Nuul vorfuhren. Alles
war gut vorbereitet worden und es dauerte nur einen Augenblick, sie
zu töten und die Leichen ins Laborgebäude zu
ziehen.
    Karl goss Flüssigkeit aus einem Benzinkanister über die
Leichen und ging dann rückwärts bis zur Tür, wobei
er eine Spritspur hinterließ. Außerhalb der
Labortür stand Ulrich. Er wollte die Kalaschnikow mit dem
Granatwerfer ausprobieren.
    »Überflüssig«, sagte Karl. »Ich will
einfach nur sehen, wie das funktioniert«, sagte
Ulrich.
    »Ich werde es dir nachher zeigen«, sagte Karl.
»Erst müssen

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