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Hoellenfeuer

Hoellenfeuer

Titel: Hoellenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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den Himmel und es wirkte, als ob das gesamte Firmament in Flammen stünde. Die brennenden, roten Wolkenfetzen des Himmels irrlichterten über die riesigen Mauern des Palastes, tauchten die umliegende, leere Landschaft in ein Meer tobender Rottöne und ließen Eleanor unwillkürlich vor Angst den Kopf einziehen.
    „Hast du endlich hierher gefunden “, stellte Samael fest, ohne den Blick von der Landschaft zu wenden.
    Eleanor stellte sich zu ihm an die Brüstung des Balkons und blickte ebenfalls aufs Meer hinaus.
    „Und?“, fragte Samael herausfordernd. „Was denkst du jetzt von mir?“
    Eleanor schwieg einen Augenblick. „Ich denke, du bist krank an Geist und Seele“, sagte sie schließlich. „Ich bin mir nicht einmal sicher, ob du wirklich böse bist. Aber ich weiß, dass Gott dich früher wirklich sehr geliebt hat. Von allen Seraphim warst du ihm der Liebste, stimmt‘s?“
    Samael schloss die Augen und nickte betreten. In diesem Augenblick wirkte der mächtige Engel beinahe verletzlich.
    „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Gott dich nicht mehr liebt “, fuhr Eleanor fort. „Er hat es früher getan und warum sollte er das getan haben, wenn du im Innersten böse bist?“
    „Vielleicht bin ich erst im Laufe der Zeit böse geworden und Gott würde mich gar nicht mehr erkennen, wenn er mich jetzt sähe“, sagte Samael traurig.
    „Vielleicht “, stimmte Eleanor ihm zu. „Aber wenn es möglich ist, mit der Zeit böse zu werden, dann ist es sicherlich auch möglich, sich zum Guten zu verändern.“
    „Wie stellst du dir das vor?“, giftete Samael. „Ich bin so voll Hass, dass ich mich selbst nicht mehr zu sehen vermag.“
    „Vielleicht geht es genau darum, Samael. Was wäre, wenn Gott dich ebenso wie uns Menschen auf die Probe stellt? Vielleicht will er wissen, ob du dich zum Guten oder zum Bösen entwickelst. Er wirft dich in eine Umgebung, die dich zur Bösartigkeit verleitet und wartet einfach ab. Er beobachtet dich.“
    „Aber er hat mir doch eindeutig befohlen, euch Menschen zu verführen! Ich habe keine andere Wahl!“, warf Samael zornig ein. Die Wellen des Meeres der Einsamkeit brandeten auf Samaels Stimme hin tosend auf und krachten laut gegen die Felsenklippen am Fuße des Palastes.
    „Stimmt! Du müsstest dich gegen Gottes Befehl stellen!“
    Eleanors Stimme war leise, kaum hörbar gewesen. Doch Samael schien es, als donnerten ihre Worte durch das gesamte Universum, hallten von den Grenzen der Zeit zurück und verdichteten sich schließlich zu einem gigantischen schwarzen Loch, das die Schöpfung in sich aufzusaugen begann.
    Er blickte sie völlig entsetzt an.
    „Das wäre die schwerste Sünde, die ich begehen könnte!“, flüsterte er tonlos. „Wie kannst du so etwas ernsthaft in Erwägung ziehen?“
    „Manchmal muss man sich gegen Autoritäten stellen, wenn man es anders nicht mit seiner Seele vereinbaren kann!“, antwortete Eleanor hart. „Wenn du tief in deinem Innersten weißt, dass es falsch ist, anderen Lebewesen die ewige Verdammnis zu bringen, dann weißt du auch, was zu tun ist. Wenn du erkannt hast, dass dein Wirken hier nur Leid, Tod und Hass bringt, dann gibt es nur einen Ausweg aus deinem Dilemma. Es ist besser, mit den Konsequenzen für sich selbst zu leben, als für das Leid so vieler Millionen von Menschen verantwortlich zu sein!“
    Samael blickte sie völlig verwirrt an, beinahe so, als erwache er aus einem tiefen Traum und verstünde die Wirklichkeit um sich herum nicht.
    „Wie kannst du so etwas sagen?“, keuchte er. „Wir Engel waren immer die bedingungslosen Diener des Herrn. Ich kann mich doch nicht gegen ihn stellen und seinen Befehl verweigern!“
    „Du hast es doch schon einmal getan“, warf Eleanor ein. „Damals, als es um den Kniefall ging!“
    Samael schien zu erwachen. Er wich von Eleanor zurück, sein Gesicht wurde hart, dann sah er sie giftig an.
    „Du hast Recht!“, fauchte er. „Und sieh, was es mir eingebracht hat!“
    Er breitete die Arme aus und wies auf die Welt um sich herum.
    „Ich lebe hier ohne die Liebe Gottes. Er hat sie mir entzogen und seitdem bin ich verloren, weiß nicht mehr wohin! Ich ruhe auf einem Thron aus Menschenknochen und labe mich an den verängstigten Seelen all jener, die nie das Himmelsreich Gottes betreten können! Ich reiße die Menschen in die Verdammnis, die ich selbst nicht verlassen kann und sehne mich doch nur nach einer Erlösung, die ich nicht erhoffen darf! Millionen von Menschen fluchen meinen Namen,

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