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Hoellenfeuer

Hoellenfeuer

Titel: Hoellenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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den sie nicht einmal kennen, ihr Hass schlägt mir entgegen und nährt meinen eigenen! Ihre Furcht vor mir ist die Last, die ich jeden Tag zu tragen habe! Ich bin der Hass, der Zorn, die Angst und jede schlechte Eigenschaft des Menschen! Und all das erleide ich, weil ich vor Abertausenden von Jahren einen Kniefall verweigert habe! Einen Kniefall! Was mag meine Strafe sein, wenn ich Gottes Befehl ein weiteres Mal verweigere?“
    Die letzten Worte hatte Samael gen Himmel geschrien. Aus den rotglühenden Wolken fuhren Blitze und ein ohrenbetäubendes Donnern rollte über die aufgepeitschten Wogen des Meeres zu ihren Füßen. Doch trotz allem war in diesem Augenblick jede Finsternis aus Samaels Körper gewichen. Er strahlte gleißend hell in einem so wunderschönen Licht, dass es Eleanor kaum ertrug, ihn anzusehen. Seine gewaltigen Flügel waren ebenso wie seine Arme weit ausgebreitet, während er seine Angst zum Himmel hinauf schrie. Tränen liefen ihm stumm über das Gesicht.
    Es schien eine Ewigkeit zu dauern , bis das Meer, der Himmel und Samael sich beruhigt zu haben schien. Endlich verging das Toben des Sturmes und Samael ließ kraftlos die Arme sinken.
    „ Du warst eben wunderschön!“, sagte Eleanor leise und vollkommen verzaubert.
    Samael ließ langsam seinen B lick auf sie sinken und sah sie an, als habe sie den Verstand verloren oder ihm nicht richtig zugehört. Doch Eleanor fuhr unbeeindruckt fort. „Ich weiß jetzt, dass du nicht wirklich böse bist. Du würdest alles ändern, wenn du könntest. Allein deine Furcht vor Gott hält dich zurück. Du hasst uns Menschen nicht, obwohl du bis jetzt nicht verstehst, was Gott an uns findet. Aber du machst sein Interesse an uns dafür verantwortlich, dass du jetzt und heute hier sein musst und nicht an Gottes Seite stehen kannst.“
    Samael sah sie wortlos an. Dann senkte er langsam den Blick und nickte.
    „Wenn Gott Liebe ist, wie kannst du dann glauben, dass dieser Weg hier der richtige ist?“, fragte Eleanor und wies mit ausgebreiteten Armen um sich. „Wie kannst du dann denken, dass Gott das hier für dich gewollt hat?“
    Samael sah sie ungläubig und sprachlos an. Dann begann er den Kopf zu schütteln. Sein Gesicht war verzerrt, als wäre es dem Wahnsinn nahe. Unsicher stolperte er einige Schritte von Eleanor zurück. Dann begann er zu laufen, sah zwischendurch mehrfach über die Schulter zu Eleanor zurück und hastete dann verzweifelt weiter. Schließlich war er in den Gängen und Korridoren des Palastes verschwunden und Eleanor stand allein auf dem Balkon über dem Meer der Einsamkeit.
     
    In Samaels Palast schien die Zeit still zu stehen. Draußen, vor seinen Mauern, ging keine Sonne auf. Keine Sterne wanderten über das Firmament. Das riesige Meer vor den Toren bewegte sich unruhig auf und ab, während die brennenden Wolken unverändert über den Himmel jagten und ihre flackernden Lichter über das Land flirren ließen.
    Samael war verschwunden. Eleanor vermochte ihn in dem riesigen Palast nicht aufzuspüren. Sie hätte tagelang durch die Gänge, Säle und Kammern streifen können, ohne eine einzige Seele zu treffen. Und dennoch suchte sie nach Samael, in der bangen Hoffnung, dass sie ihm in diesen schweren Stunden eine Hilfe sein könnte.
     
    „Warum du sein hier?“, fragte eine Stimme hinter Eleanor.
    Eleanor fuhr herum und sah hinter sich einen buddhistischen Mönch stehen, der sie aufmerksam beäugte. Wie lange sie schon auf der Suche nach Samael war, hätte sie nicht sagen können – in einem Palast, in dem die Zeit keine Rolle zu spielen schien. Doch gerade eben hatte sie einen neuen Saal betreten, eine hohe, gotisch anmutende Säulenhalle, als sie dieses wohlvertraute Gefühl der Angst hinter sich verspürt hatte. In diesem Augenblick hatte sie gewusst, dass sie nicht länger allein war. Eine verstorbene Seele musste hier sein.
    Eleanor musterte den Mönch. Er trug den üblichen Umhang aus rotem Stoff, den sie von Abbildungen aus Büchern kannte. Sein Schädel war kahl rasiert , er war barfuß unterwegs. Am auffallendsten aber war, dass sie nicht allein seine Geisteraura sah. Er stand so klar und deutlich vor ihr, dass sie glaubte, ihn jederzeit berühren zu können. Eleanor dachte einen Moment lang nach. Da ihre Seelen sich beide in Samaels Traumwelt befanden, war es nicht verwunderlich, dass sie ihn jetzt so klar sehen konnte. Bislang hatte sie Geister ja immer nur aus der realen Welt heraus gesehen, so dass sie ihr schattenhaft und

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