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Hoellenfeuer

Hoellenfeuer

Titel: Hoellenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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verschwommen erschienen waren. Befanden sich aber beide in derselben Geisterwelt, sahen sie einander deutlich und völlig ohne die gewohnten Verzerrungen.
    Offenbar war der Mönch in Samaels Traumwelt eingedrungen, ebenso, wie Elizabeth es seinerzeit bei Raphael getan hatte.
    „Bist du der Mönch, der mir die Tagebuchaufzeichnungen gezeigt hat?“, fragte sie.
    Der Mönch legte den Kopf schief, so als müsste er einen kurzen Moment nachdenken. Dann nickte er erregt.
    „Ich dich warnen. Dämon sehr gefährlich!“ , sagte er. „Du nicht hier bleiben.“
    „Ich weiß “, erwiderte Eleanor. „Aber ich kenne den Ausgang nicht. Ich weiß nicht, wie ich wieder in die reale Welt zurückkehren kann.“
    Der Mönch stutzte einen Augenblick. Er schien die Worte erst im Kopf übersetzen zu müssen, bevor er antwortete.
    „Dann du verloren. So wie ich. Ich Mönch bei großes Abt Yun-Go. Sung-Che mein Name. Als Dämon kam, wir Mönche haben gestritten in großes Hof von Kloster. Wir alle wollten gehen, aber Abt hat verboten. Er befehlen uns zu bleiben. Meine Angst so groß, dass ich Abt in Streit habe erschlagen. Da alle Brüder davongelaufen. Aber ich nicht. Ich blieb in Hof bei Körper von totem Abt und habe geweint. Als Dämon kam, ich so verzweifelt, dass ich über Brüstung von Hof in Schlucht gesprungen.“
    Eleanor sah den Mönch namens Sung- Che entsetzt an. Allein die Angst vor Samael konnte ausreichen, einen Menschen um sein Seelenheil zu bringen. Eleanor zitterte bei dieser Vorstellung. Zudem hatte Sung-Che in einem wesentlichen Punkt recht: Ohne Samael würde Eleanor diesen Palast nicht verlassen können. Und Samael schien wie vom Erdboden verschluckt. Wäre es nicht so, hätte Sung-Che sich nie an diesem Ort zu zeigen gewagt.
    „Bist du schon oft hier gewesen? Kennst du dich hier aus?“, fragte Eleanor ohne große Hoffnung.
    „Oft“, bestätigte Sung-Che. „Ist großes Palast. Riesig. Böser Dämon mich bisher nicht entdeckt. Er nicht rechnen, jemanden hier zu sehen.“
    „Wie kannst du diesen Ort verlassen?“
    „Ich nur Geist. Kein Körper mehr. Ich kann gehen, wenn ich will in meine eigene Geisterwelt oben in Kloster. Dort ich dich gesehen.“
    Eleanor nickte . Sie hatte befürchtet, dass Sung-Che so etwas sagen würde. Ihr Körper stand in der realen Welt im Kloster. Doch ihr Geist würde solange hier festhängen, wie Samael sie nicht entließ.
    „Was weißt du über Samael?“, fragte sie.
    „Böser Dämon? Sehr grausam, viele finstere Gedanken. Ich gesehen in Bildern an Wänden von Palast. Viel haben Angst. Aber ich manchmal kommen hierher, wenn sehr einsam. Dann ich sehen, dass Dämon auch sehr einsam. Ich dann fühle besser, weil nicht allein mit Gefühl…“
    „Hast du Mitleid mit ihm?“
    Sung-Che zögerte. Er blickte sich beinahe hilfesuchend um. Dann nickte er langsam.
    „Ja, manchmal “, gab er zu. Niemand hat verdient zu sein so einsam. Nicht einmal böses Wesen.“
    Eleanor lächelte. Mehr denn je fragte sie sich, was einige Seelen an diese Existenz in der Hölle band. Sung-Che hatte schon zu Lebzeiten den versehentlichen Totschlag an seinem Abt bitter bereut. Und selbst hier, inmitten der Verdammnis, konnte er noch Mitleid für jemanden wie Samael aufbringen. Eleanor schüttelte ungläubig den Kopf. Wie konnte eine Seele wie die Sung-Ches hier festgehalten werden? Der Mönch schien ihre Gedanken zu erraten.
    „Ich kann Licht sehen!“, flüsterte er beinahe sehnsüchtig. „Aber ich nicht in Licht gehen. Ich nicht gut genug für Licht. Nicht gut genug, um vor Gott zu stehen. Ich nicht im Reinen mit mir selbst.“
    „Aber Sung-Che!“, erwiderte Eleanor erregt. „Du kannst hineingehen. Hättest du Gottes Prüfung nicht bestanden, würdest du das Licht… würdest du Gott gar nicht sehen können. Wenn du es siehst, darfst du auch hineingehen!“
    Sung- Che schüttelte wild den Kopf. „Nein, nein. Ich…“
    In diesem Augenblick wurde der Palast Samaels von einem gewaltigen Schlag erschüttert. Der Boden bebte und Kalk rieselte auf Eleanor und Sung- Che herab. Die beiden sahen sich erschrocken an. Ein erneuter Schlag dröhnte durch den Palast. Dann noch einer und noch ein weiterer. Ein Schrei folgte und Eleanor wusste sofort, dass es Samael gewesen war, der ihn ausgestoßen hatte.
    Sung- Che und sie begannen unwillkürlich zu laufen. Sie rannten durch die leeren Gänge des Palastes und spürten mehr, als sie sahen, dass Gänge, Kammern, Säle und Korridore hinter ihnen

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