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Hoellenfeuer

Hoellenfeuer

Titel: Hoellenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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neugierig zu Raphael hinüber. „Was gibt dein Herz dir ein, wenn nicht die Liebe zu dieser Eleanor? Denn darum sind wir doch heute hier, nicht wahr? Du willst sie retten und kannst es doch allein nicht tun. Hast du uns dafür heute hier zusammengerufen? Damit wir dir helfen, gegen Samael zu bestehen?“
    Raphael blickte Asasel beunruhigt an. Dann nickte er.
    „Ja, deshalb sind wir heute hier! Ich glaube fest daran, dass Samael uns allen schadet, wenn er Eleanor vernichtet. Es betrifft nicht nur mich allein…“
    „Dann stimmst du mir also zu, wenn ich sage, dass Eleanor in deinen Augen von Gott gesandt wurde, um uns zu erlösen.“
    Raphael zögerte. Dann blickte er ratlos in die Runde.
    „Ich weiß es nicht“, bekannte er. „Ich weiß es einfach nicht. Was ich sicher sagen kann ist allein, dass sie mir bereits Erlösung gebracht hat.“
    Ein Raunen ging durch die Menge. Raphael breitete seine Arme aus und drehte sich einmal im Kreis.
    „Seht mich doch an“, rief er. „Ich habe Jahrtausende lang in den Mauern meiner eigenen Hölle gelebt. Mein Körper vegetierte vor sich hin, war kaum in der Lage, sich vor den Menschen zu tarnen und zu verbergen. Und mein Geist dämmerte in bösen Träumen hinter den Mauern eines Palastes, den viele von euch nur allzu gut kennen. Unsere Traumwelten sind für so manchen unter uns zu einer erschreckenden Realität geworden. Wie viele von euch haben sich hinter diesen Mauern verschanzt, um die eigentliche Welt nicht länger wahrnehmen zu müssen? Wie viele von euch haben sich gewünscht, aus dieser Existenz ausbrechen zu können?“
    Wieder lief ein erregtes Raunen lief durch die Menge.
    „Ich habe diese Mauern durchbrochen!“, rief Raphael. „Ich lebe nicht länger in dieser Einsamkeit und ohne die Liebe Gottes. Und das ist ganz allein Eleanors Verdienst. Sie hat mich aus dieser Existenz herausgerissen. Ein Mensch! Einer jener Menschen, die von vielen unter euch so gering geachtet werden!“
    Eine tiefe Stille breitete sich unter den anwesenden Engeln nach diesen Worten aus.
    „Du läufst damit Gottes Befehl zuwider, die Menschen zu verführen“, stellte Asasel ruhig fest. Er hatte leise gesprochen, doch seine Worte waren von allen vernommen worden. „Du würdest dich weigern, sie zu verderben, obwohl du nicht länger hinter den Mauern deines Palastes festsitzt und dich nicht dadurch rechtfertigen kannst, dass du nicht fähig bist, Gottes Auftrag nachzukommen!“
    „Ja!“, erwiderte Raphael voll Inbrunst. „Wenn Eleanor vor einem solch ungerechten Schicksal zu schützen bedeutet, dass ich Gottes Auftrag nicht länger anerkenne, dann sage ich mich von diesem Auftrag los!“
    Ein Sturm der Entrüstung tobte über den Berg. Tausende von Engel schrien, gestikulierten und sprachen durcheinander. Der Lärm war unbeschreiblich und furchteinflößend. Raphael blickte sich um. In all dem Chaos war allein Asasel ruhig sitzengeblieben. Noch immer hockte er auf seinem Felsen und sah neugierig und verschlagen zu Raphael hinüber. Raphael ballte die Fäuste. Dann ließ er seine Stimme sich über den Lärm erheben.
    „Denkt nicht, dass ich mich von Gott lossage!“, rief er. Langsam legte sich der Lärm der erregten Menge und trotz der Unruhe unter den Engeln stand Raphael nun wieder im Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit. Viele der Anwesenden flogen noch immer aufgeregt hin und her, tuschelten und flüsterten einander zu. Doch ein jeder wollte hören, was Raphael zu sagen hatte.
    „Ich verleugne Gott nicht und sage mich nicht von ihm los! Doch ich bitte euch alle, euch zu erinnern. Ihr alle habt zu Gottes Füßen gesessen, habt in seinem Angesic ht gelebt und jeder von euch weiß um das Gefühl allumfassender Liebe, das er ausgestrahlt hat. Diese Liebe Gottes ist es, die wir alle so vermissen, dass die einen von Hass zerfressen wurden, während die anderen in Apathie verfielen. Gott ist Liebe. Er ist Verständnis und Mitgefühl. Daher frage ich euch – wie kann er zulassen, dass wir auf diese Weise leben? Wie kann er uns einen Befehl geben, der uns zum Hass auf die Menschen verleitet, und uns selbst zu Sündern werden lässt? Jeder unter euch, der im Laufe der Jahrtausende Menschen verführt und ihre Seele der Verdammnis überantwortet hat, verstieß damit gegen die elementarsten Eigenschaften Gottes: Die Liebe und das Mitgefühl! Indem wir seinen Befehl ausführten, haben wir unsere Seelen beschmutzt und uns immer weiter von ihm entfernt! Gott würde uns nicht wiedererkennen,

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