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Hoellenfeuer

Hoellenfeuer

Titel: Hoellenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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Emotionen war so gewaltig, dass sie unwillkürlich nach Luft schnappte.
    „Bist du es, Elizabeth?“, fragte sie, während sie sich verzweifelt bemühte, ihre Angst nicht zu zeigen.
    „Ja, ich bin es “, hauchte die ferne Stimme nach einem Augenblick. „Du hast meinen Körper gefunden. Er ist jetzt fort.“
    „Ja “, erwiderte Eleanor. „Man wird ihn auf einem richtigen Friedhof beisetzen. Vielleicht hilft dir das, ein wenig Frieden zu finden.“
    „Nein. Mein Körper ist nicht länger wichtig. Nur meine Seele zählt. Und die sitzt hier fest…“
    Ein unterdrücktes Schluchzen war zu hören und Wellen der Angst und Einsamkeit wogten zitternd durch den Raum, fraßen sich in jeden Winkel, schienen die Wände zu sprengen.
    „Wie bist du hierher gekommen Elizabeth?“, zwang Eleanor sich schlotternd zu fragen. „Warum kannst du keinen Frieden finden?“
    Ein Seufzen hallte von den Wänden wieder. Dann setzte die ferne Stimme leise ein: „Ich war vierzehn Jahre alt, als ich starb. Mein Vater war Sir Francis of Stratton, der Herr von Stratton Hall. Er war sehr streng. Er hat mir schlimme Dinge angetan.“
    Ein Gefühl von Schaudern und Grausen durch flutete den Raum so unvermittelt, dass Eleanor aufschrie. Beinahe im selben Moment wurde die Tür zu Eleanors Zimmer aufgestoßen und das Licht angeschaltet.
    „Mein Gott, Kleines. Was hast du denn?“, erscholl die besorgte Stimme von Schwester Margareth, die heute für die Nachtaufsicht zuständig war. Gleich darauf stand sie schon an Eleanors Bett und legte ihr ihre Hand auf den Arm. „Um Himmelswillen, in deinem Zimmer ist es ja eiskalt. Wir sollten die Heizung einschalten.“
    „Ich… ich weiß nicht…“, stotterte Eleanor desorientiert. „Ich glaube, ich hatte einen Alptraum.“
    Schwester Margareth, eine resolute, etwas korpulente Pflegerin in den Vierzigern nickte verständnisvoll. „Das geht wirklich vielen hier so. Hast du ein Schlafmittel verschrieben bekommen?“
    „Ich hatte Tetradyxol, aber sie haben es abgesetzt, weil ich es wohl nicht vertragen habe“, erwiderte Eleanor noch immer schwer atmend, während sie Schwester Margareth verwirrt ansah.
    Wieder nickte Schwester Margareth. „Ich werde dir etwas Leichteres besorgen, damit du schlafen kannst.“
    Noch einmal strich sie Eleanor über die Stirn und schüttelte ihr die Decke auf. Dann verließ sie das Zimmer, um das Medikament zu besorgen. Die Tür ließ sie offen stehen und auch das Licht schaltete sie nicht aus. Während Eleanor auf Schwester Margareth wartete, schien ihr die Raumtemperatur wieder anzusteigen. Vermutlich hatte Elizabeth ihr Zimmer verlassen.
    Kurz darauf hörte sie Schwester Margareths energische Schritte auf dem Gang klappern. Dann betrat die Pflegerin Eleanors Zimmer und legte zwei Tabletten auf den Nachttisch. Sie trat an das kleine Waschbecken und füllte ein Glas Wasser mit dem sie zu Eleanor trat.
    „Hier, Kleines“, sagte sie, indem sie das Glas neben den Tabletten abstellte. „Damit wirst du schlafen können.“
    Eleanor blickte dankbar zu ihr auf und nickte. Schwester Margareth strich ihr noch einmal über die Stirn und lächelte. Dann verließ sie das Zimmer. Sie schaltete das Licht aus und schloss die Tür.
    „Eine unangenehme Begegnung, nicht wahr?“, erklang eine leise und ernste Stimme hinter Eleanor. Erschrocken zuckte sie zusammen und fuhr herum. Dort saß Raphael auf ihrer Bettkante und lächelte sie freundlich an.
    „Verdammt! Warum klopft eigentlich keiner mehr an? Alle betreten mein Zimmer, wie es ihnen passt!“, fauchte Eleanor ihn an.
    „Verzeih!“, erwiderte Raphael ehrlich betroffen. „Ich dachte, ich dürfte zu dir kommen.“
    Eleanor wurde bei seinen Worten sofort weich. Sie atmete tief durch, griff nach seiner Hand und hielt sie fest.
    „Es tut mir leid “, entschuldigte sie sich schnell. „Eigentlich habe ich nicht dich gemeint. Du weißt doch, dass du mir wichtig bist. In den letzten Minuten war hier nur so viel los.“
    Den letzten Satz hatte sie mit einem bissigen Unterton hinzugefügt, doch Raphael nickte. „Elizabeth kann wahrhaftig schaurig sein “, stellte er lapidar fest. „Kein Wunder, ihr Leben war kurz und grausam.“
    „Was weißt du über sie?“, fragte Eleanor. „Sie wollte mir gerade über ihr Leben erzählen. Aber als sie auf ihren Vater zu sprechen kam, wurden ihre Gefühle so grauenhaft, dass ich schreien musste.“
    Raphael nickte betreten. „Sie wurde im Jahre 1851 hier auf Stratton Hall geboren. Ihre

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