Hoellenfeuer
Baulärm graust es mich jetzt schon. Und nicht zuletzt werden wir die Motorsägen im Park zu hören bekommen. Mein Gott, was für eine Woche…“, jammerte sie, während sie schon wieder weitereilte.
Raphael, der den ganzen Tag wie ein Schatten an Eleanor geklebt hatte, sah ihr betrübt nach.
„Manchmal beneide ich euch um eure Unwissenheit “, sagte er nachdenklich. „Wenn Emily Clark wüsste, was sich dort draußen wirklich abgespielt hat, wäre sie noch viel entsetzter.“
Eleanor sah Raphael verwirrt an. Bis eben hatte sie den Nachnamen Schwester Emilys noch nie gehört. Sie war gerade im Begriff, etwas zu sagen, als Raphael den Kopf schief legte und zu lauschen schien. Für einen kurzen Augenblick schloss er die Augen. Dann blickte er Eleanor wieder an und sagte unvermittelt: „Wir müssen gehen.“
Er setzte sich in Bewegung und Eleanor folgte ihm wortlos. Sie hatten schon fast das Tor zum Park erreicht, als sie ihn fragte: „Was ist los? Was hast du gehört?“
„Belial hat uns gerufen. Wir sollen beide kommen, hat er gesagt. Sofort.“
Sie eilten beide in den Park und liefen in Richtung auf den See, wo sie vom Haus aus nicht zu sehen sein würden. Mehrmals mussten sie über umgestürzte Bäume klettern, oder sich an ihnen vorbeidrängen. Endlich erreichten sie den kleinen See, an dessen Ufer Belial und Marahel bereits warteten. Beide sahen Eleanor neugierig entgegen. Sie wirkten nicht unfreundlich, doch distanziert und abweisend.
„Du hast mächtige Feinde, Eleanor Menschenkind “, sagte der Größere der beiden, als sie vor ihnen stehenblieben.
„Was gibt es, Belial?“, fragte Raphael besorgt.
„Wir sind zusammengerufen worden!“, erwiderte Belial. „Es wird ein Konzil geben um über die Lage zu richten die alle von uns betrifft. Und Eleanor soll daran teilnehmen.“
Sein Blick glitt wieder zu Eleanor zurück, die ihn verängstigt anstarrte. „Ein Konzil? Was für ein Konzil?“, fragte sie.
„Wer hat das Konzil einberufen?“, unterbrach Raphael sie lauernd.
„Samael!“, erwiderte Belial. „Er hat nach seinem erfolglosen Versuch in das Haus einzudringen keine Zeit verschwendet und sofort ein Konzil einberufen.“
Raphael biss die Zähne zusammen und starrte nachdenklich über den See. „Er will eine Entscheidung herbeiführen. Aber warum hat er es auf einmal so eilig? Hat er von Tintagel Wind bekommen?“
„Ich weiß es nicht, aber wir werden es erfahren “, erwiderte Belial. Marahel nickte zustimmend.
„Was ist hier eigentlich los?“, fragte Eleanor ängstlich. „Was für ein Konzil ist das? Und warum muss ich dahin?“
Die drei Engel wandten sich Eleanor zu. Raphael und Belial blickten erstaunt. Sie hatten beinahe vergessen gehabt, dass Eleanor neben ihnen gestanden hatte. Doch es war Marahel, die nun sprach. Ihr Gesicht wurde plötzlich freundlich und ihre weiche Stimme sprach ruhig und beschwichtigend auf Eleanor ein. Es lag keinerlei Härte mehr in ihrem Gesichtsausdruck, als sie sagte: „Fürchte dich nicht, Eleanor. Unter bestimmten Bedingungen haben Engel schon mehrmals in der Geschichte Konzile einberufen. Die Engel dieser Welt treffen sich dann an einem gemeinsamen Ort und besprechen ihr weiteres Vorgehen. Samael fühlt sich offenbar von dir bedroht. Da er nicht länger in der Lage ist sich dir direkt zu nähern, hat er das Konzil einberufen.“
„Um über mich zu richten!“, ergänzte Eleanor flüsternd vor Angst.
Marahel nickte. „Das Urteil dieses Konzils ist für alle Engel bindend. So haben wir es immer gehalten. Dort wird entschieden werden, wie wir mit dir verfahren.“
„Wird man mich…“
„Nein!“, erklang Raphaels Stimme energisch. Er schob sich an Eleanors Seite und legte seine Hände auf ihre Schultern. „Ich werde nicht zulassen, dass dir etwas geschieht! Die Mitglieder des Konzils werden sich frei entscheiden können. Wir werden sie davon überzeugen, dass du keine Gefahr darstellst.“
„Wir werden sehen “, sagte Belial trocken. Doch sein Gesichtsausdruck hatte jeden Kampfgeist verloren. Er blickte resignierend zu Marahel, doch diese lächelte noch immer Eleanor an. Nie zuvor war Eleanor ein Lächeln so tröstlich erschienen.
„Lasst uns aufbrechen “, drängte Belial.
Mit einer schnellen und vollkommen mühelosen Bewegung nahm Raphael Eleanor auf die Arme. Und während sie ihre Arme um seinen Hals schlang, ging ein Leuchten durch Raphaels Körper und mächtige Flügel entfalteten sich auf seinem Rücken, die Sekunden
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