Hoellenfeuer
Mädchen eine Gefahr für die Weltordnung ausgeht, doch das ist nicht der Fall! Es ist richtig, dass Eleanor uns Engel als das sehen kann, was wir sind. Es ist auch richtig, dass sie die Seelen der Verdammten wahrnehmen kann und ebenso richtig ist, dass sie diese Fähigkeiten durch ein Mittel erhalten hat, das von Menschenhand hergestellt worden ist. Doch sie hat dieses Mittel nicht mehr und daher kann sie uns nicht in unseren Traumwelten besuchen. Vor allem aber müsst ihr wissen, dass dieses Mittel an mehr als einhundert anderen Menschen ausprobiert worden ist und kein einziger konnte daraufhin das, was Eleanor kann. Sie ist einzigartig und genau deswegen keine Gefahr für Gottes Weltordnung!“
Ein verwirrtes Murmeln setzte zwischen den Zuhörern ein. Man sah sich ratlos und unsicher an.
„Niemand würde ihr glauben, wenn sie von uns erzählte. Niemand würde ihre Worte ernst nehmen. Und genau aus diesem Grund müsst ihr sie nicht fürchten!“
„Genug!“, brüllte Samael. „ Willst du uns wirklich weismachen, dass dieser Mensch sein Wissen nicht gegen uns verwenden könnte? Vielleicht kann sie anderen Menschen beibringen, wie man mit Hilfe jenes Mittels in unsere Welt gelangt.“
„Hast du so große Angst vor einem Menschen, dass du glaubst, ihn vernichten zu müssen?“
Samael trat ganz nah an Raphael heran und sah ihn wütend an. „Ich habe keine Angst vor einem kleinen Menschen. Aber ich habe Angst davor, den Auftrag nicht erfüllen zu können, den Gott uns gab.“
„Hast du deshalb versucht, in das Haus einzudringen und Eleanor zu töten?“, gab Raphael finster zurück.
Ein erregtes Raunen und Flüstern setzte ein. Dieser Vorwurf war ungeheuerlich und würde für eine der beiden Seiten mit Sicherheit Folgen haben.
„Ich habe sie nicht töten wollen!“, sagte Samael zornig.
Ihm war deutlich anzusehen, dass er sich beherrschen musste und Raphael am liebsten in Stücke gerissen hätte.
„Ebenso wenig, wie all jene, denen du im Austausch gegen Fürsprache beim Herrn ein neues Leben verschafft hast?“, gab Raphael giftig zurück.
Bei diesen Worten versank das Konzil in Tumult. Ein Sturm der Entrüstung brach los und der Berg hallte wider von den Stimmen der Engel. Sie sprachen wild durcheinander, gestikulierten, einige flogen erregt einige Meter empor und umkreisten das Geschehen. Und in all dem Chaos und Lärm stand Eleanor und sah sich verwirrt um. Der ungeheure Lärm, den die Engel verursachten, erhob sich über das Land, schwoll immer weiter an, und ließ Eleanor glauben, dass ihre Trommelfelle gleich reißen würden. Sie hielt sich beide Hände über die Ohren und schloss verzweifelt die Augen. Der Schmerz in ihrem Kopf nahm solche Ausmaße an, dass sie schließlich auf die Knie sank und das Bewusstsein zu verlieren drohte. Unbewusst schossen ihr die Tränen in die Augen.
Ganz p lötzlich spürte sie Hände auf ihren Schultern. Eleanor öffnete die Augen und sah über sich Uriel stehen. Er sah sie ernst an. Dann half er ihr wieder auf die Füße. Eleanor hielt sich noch immer die Hände über die Ohren, doch sie sah, dass sich etwas verändert hatte. Der Lärm war abgeklungen und in der gänzlich unerwartet eintretenden Stille sah sie hunderte von Engeln um sich stehen, die sie erstaunt anblickten. Ganz langsam ließ sie die Hände sinken.
„Verzeiht mir…“, stammelte sie. Ihr war speiübel und sie krümmte sich vor Schmerzen.
Sie sah Raphael, der so liebevoll zu ihr hinüber lächelte und ebenso Samael, der sie zornig und unversöhnlich anstarrte. Diese beiden nebeneinander zu sehen, löste in Eleanor ein Gefühl unglaublicher Traurigkeit aus. Sie waren Brüder, die sich in kaum etwas glichen. Der eine voll Zorn und Hass, während der andere… Sie lächelte Raphael tapfer an.
„Seht sie euch nur an “, erklang Samaels Stimme angewidert. „Sie verhalten sich wie Menschen!“
„Das tun wir auch!“, sprach Uriel bestimmt, während er mit seiner freien Hand Narals Hand ergriff. Naral stellte sich zu Eleanor und Uriel und blickte Samael trotzig an. Einen Augenblick später traten auch Belial und Marahel vor und stellten sich demonstrativ zu der kleinen Gruppe. Eleanor blickte sich um, doch die anderen Engel, die weiblich wirkten und zu einem männlichen Engel zu gehören schienen, sahen verwirrt und verunsichert zwischen Samael und der kleinen Gruppe hin und her. Offensichtlich wussten sie sich noch nicht für eine der beiden Seiten zu entscheiden.
„Du hast Menschenleben
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