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Hoellenfeuer

Hoellenfeuer

Titel: Hoellenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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sehen, Eleanor Menschenkind“, sprach Naral mit ihrer wunderschönen, klingenden Stimme.
    Eleanor sah betreten zu Boden und lächelte. Es war ihr immer etwas peinlich, Naral gegenüber zu stehen. Denn an Naral schien alles perfekt zu sein, was Eleanor an sich selbst hasste. Ihre wunderbare Stimme, ihr ebenmäßiges Gesicht und ihre unglaubliche Figur hätten sie als Mensch zu genau jenem Typ Mädchen gemacht, gegen den kein Junge Eleanor auch nur ansatzweise wahrgenommen hätte. Wenn man zudem so wie sie auch noch über die Fähigkeiten eines Engels verfügte, schien das Maß an Gaben voll zu sein, dass ein Lebewesen von Gott verliehen bekommen sollte.
    Und dennoch konnte Eleanor nicht eifersüchtig oder gar neidisch sein, denn alles an Naral war so freundlich und herzlich, dass man sie unmöglich mit bösen Augen anblicken konnte. Sie benahm sich genauso, wie die allerbeste Freundin, die Eleanor ihr Leben lang bisher umsonst gesucht hatte.
    Sie musste an Bess denken. Sie wusste, dass Bess durch Raphael in diesem Moment mit Sicherheit nicht an sie denken würde. Niemand in Stratton Hall würde in diesen Tagen an sie denken. Und dennoch war ihr klar, dass Bess einer besten Freundin so nahe kam, wie kein anderer Mensch es hätte tun können. Sie war ihr dankbar dafür und nahm sich fest vor, nach ihrer Rückkehr Bess diese Freundschaft zu vergelten.
    Naral löste sich von Eleanor und lächelte sie an. „Was für einen Ort hat Raphael denn hier für dich ausgesucht? Ich kann kaum glauben, dass er dich nicht auf eine Karibik-Insel gebracht hat. Dort hättest du es wärmer gehabt.“
    „Sicherheit vor Wärme“, entgegnete Raphael schlicht. „Wisst ihr, was Samael zurzeit treibt?“
    „Das Konzil läuft noch immer “, sagte Uriel, während sie das Haus betraten. Eleanor nahm betreten war, dass die drei nur ihretwegen ins Haus gingen. Unter sich wären die Engel einfach draußen stehen geblieben, denn das Toben eines Sturmes machte ihnen nichts aus. Sie konnten nicht krank werden, oder sonst in irgendeiner Weise durch Naturgewalten Schaden nehmen. Es war nicht leicht, immer das schwächste Glied in der Kette zu sein – auch wenn die anderen auf einen Rücksicht nahmen.
    „Die Versammlung der Engel ist sich uneins “, fuhr Uriel ernst fort, nachdem sie die Tür geschlossen hatten. „Wir haben das Konzil verlassen, als deutlich wurde, dass es keine Einigung geben wird.“
    „Dann wird Samael vermutlich irgendwann von sich aus die Initiative ergreifen und tätig werden “, meinte Raphael nachdenklich. Uriel nickte.
    „Was für Möglichkeiten haben wir denn, Samael von Eleanors Ungefährlichkeit zu überzeugen?“, fragte Naral.
    Die drei Engel blickten sich wortlos an. Niemand wusste etwas zu dieser Frage zu sagen.
    „Dann gilt, was wir besprochen haben “, bekräftige Raphael schließlich. „Wir können nur dafür sorgen, dass Samael keine Gelegenheit erhält, Eleanor zu einer Sünde zu verleiten, um sie danach aus der Welt zu schaffen!“
     
    In den folgenden Tagen war das Kloster in den Bergen ein sicherer Ort für Eleanor. Sie wusste, dass es mit dieser Sicherheit jederzeit vorbei sein konnte, doch sie verdrängte diesen Gedanken, so gut sie es vermochte.
    Raphael, Naral und Uriel hielten sich immer in ihrer Nähe auf. Und selbst wenn sie einmal nicht an ihrer Seite waren, so blieben sie doch stets in Rufweite. Vor allem Raphael behielt fast unentwegt Blickkontakt zu ihr. Naral und Uriel hingegen hatten wenig für die Behausungen der Menschen übrig. Sie flogen tagelang durch die das Kloster umgebenden Berge und Täler und Eleanor sah sie oft vom Hof des Klosters aus, wie sie die kilometerhohen Gipfel der Berge umkreisten. Wachsam und gespannt.
    Eleanor nutzte diese Tage, um das Kloster kennenzulernen. Sie durchstöberte die kleinen Kammern und Säle des Komplexes und verschaffte sich so einen Eindruck vom Leben jener Mönche, die hier gelebt und gewirkt hatten. Das Kloster war klein und verwinkelt. Es klammerte sich an den schmalen Bergrücken, auf dem es stand, als müsste es jeden Augenblick in die Tiefe stürzen und seine Bewohner mitnehmen. Doch seine Erbauer waren überaus geschickt vorgegangen und hatten jeden verfügbaren Raum optimal ausgenutzt, um dem Berg auch das letzte bisschen Raum abzutrotzen. Wahrscheinlich hätte man bis zu fünfzig Mönche hier unterbringen können. Doch warum man das Kloster schließlich aufgegeben hatte, vermochte Eleanor nicht zu sagen. Auch der gute Zustand der

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