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Hoellenfeuer

Hoellenfeuer

Titel: Hoellenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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Die meisten Stimmen kannte Eleanor nicht, andere konnte sie zuordnen, auch wenn sie die Namen dahinter nicht kannte, sondern nur die Gesichter.
    Merkwürdiger weise verspürte sie keinerlei Furcht vor dieser ungewöhnlichen Gabe. Es war eher faszinierend als beängstigend, doch nach einer Weile wurde ihr bewusst, wie seltsam die Situation für einen Außenstehenden erscheinen musste. Hier saß sie, Eleanor Storm, suizidgefährdet und labil, noch immer zitternd in ihrem Bett in einem Sanatorium und lauschte den Stimmen der Menschen auf dem Gelände. Eleanor fühlte sich plötzlich einsam.
    Nach und nach verschwanden die Stimmen aus ihrem Kopf. Sie wurden leiser und verschwommener. Schließlich waren sie ganz verschwunden. Das Tetradyxol hatte aufgehört zu wirken.
    Eleanor begann zu weinen.
     
    Den verbleibenden Tag nahm Eleanor kaum war. Sie hatte einen Augenblick lang mit dem Gedanken gespielt, nach Nummer Sieben zu suchen und noch einmal mit ihm zu reden. Doch sie verwarf den Gedanken. Raphael und Nummer Sieben waren ein und derselbe, soviel war klar. Und dennoch trennten die beiden Welten. In der Welt von Stratton Hall kam sie nicht an Nummer Sieben heran. Hier war er kaum ansprechbar und wirkte wie jemand, der durch seinen eigenen Alptraum lief und verzweifelt nach dem Ausgang suchte. ‚Tatsächlich‘, dachte Eleanor, ‚er hat Stratton Hall als seinen persönlichen Alptraum bezeichnet. In dieser Welt kann ich kaum erwarten, dass er vernünftig mit mir spricht. Ich könnte in einem Alptraum auch nicht mit jemandem reden, der mir dort begegnet.‘
    So blieb Eleanor den Tag fast ganz auf ihrem Zimmer. Nur zu den Mahlzeiten schlich sie sich eben schnell hinunter in den Speisesaal und kehrte unmittelbar darauf in ihre eigenen vier Wände zurück.
    Nach dem Abendessen um achtzehn Uhr saß sie nun wieder auf der Kante ihres Bettes und dachte nach. Es stand völlig außer Frage für sie, dass sie auch diese Nacht wieder zurück in den Toten Palast wollte. Doch sie musste verhindern, dass man Morgen früh beim Wecken Anzeichen des Tetradyxol bei ihr fand. Die naheliegendste Lösung war, den Wecker zu stellen und zu hoffen, dass sie ihn nicht überhörte. Dann hätte sie Zeit genug, sich zu beruhigen, den Puls zu verlangsamen und sich etwas frisch zu machen, bevor die Schwester von der Nachtwache vorbeikam, um als letzte Aufgabe ihrer Schicht die Insassen des Sanatoriums zu wecken.
    Elean or stellte den Wecker also auf sechs Uhr und machte sich für das Bett fertig. Sie angelte unter ihrem Tisch nach einer Tablette und schluckte sie hinunter. Dann ging sie zu Bett.
     
    Dieses Mal fand Eleanor sich unmittelbar im Toten Palast wieder. Sie kannte diesen Saal, obwohl sie nicht hätte sagen können, woher. Vielleicht war sie schon einmal hier gewesen, als sie in der vergangenen Nacht auf der Suche nach Nummer Sieben war.
    Sie durchlief einige Räume und blickte sich um. Der Palast schien wieder etwas prächtiger geworden zu sein. Noch immer wirkten einige Räume schlicht und nüchtern. Doch von der trostlosen Leere während Eleanors erstem Besuch war nicht mehr viel übrig. Nun waren auch die einfachsten Räume zumindest mit einigen wenigen Verzierungen versehen, die ihre kalte Strenge etwas minderten.
    „Der Palast verändert sich “, dachte Eleanor. „Er ist nichts statisches, sondern irgendwie lebendig.“
    Sie hätte nicht sagen können, wie sie dorthin gefunden hatte, doch plötzlich betrat sie das kleine Zimmer, das auf den Balkon hoch über dem Toten Land führte. Dort stand Raphael. Sie sah sein Leuchten schon, bevor sie durch die Türöffnung zu ihm hinaus trat.
    „Ich wusste, dass du wiederkommen würdest“, sagte er mit einem Lächeln. „Obwohl ich mir nicht sicher war, warum du plötzlich verschwunden bist. Ich habe die ganze Zeit hier auf dich gewartet.“
    Ein warmes Gefühl der Glückseligkeit durchströmte Eleanor bei diesen Worten.
    „Ich bin aufgewacht“, erwiderte sie schließlich. „Ich kann nicht durch normale Träume hierher gelangen. Nur durch ein Schlafmittel, das sich Tetradyxol nennt. Es ist etwas neues, das noch erprobt wird. Aber so wie es aussieht, hat es merkwürdige Nebenwirkungen...“
    Raphael blickte sie erstaunt an. „Ich verstehe “, sagte er schließlich. „Ihr Menschen seit bemerkenswert. Jetzt findet ihr Wege, um Schlaf zu erzwingen. Und selbst, um hierher zu gelangen.“
    Eleanors Blick glitt über die Landschaft des Toten Landes. Dort, weit unter sich, sah sie das Meer

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